KPNQwest-Glasfaser angeblich schon an KPN verkauft

Das niederländische Telekommunikationsunternehmen KPN hat offensichtlich die deutschen Glasfaserstränge des insolventen IP-Carriers KPNQwest gekauft.

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Von
  • Holger Bleich

Das niederländische Telekommunikationsunternehmen KPN hat offensichtlich die deutschen Glasfaserstränge des insolventen IP-Carriers KPNQwest gekauft. Das zumindest berichten interne Quellen von KPNQwest Deutschland. Auch soll bereits ausgehandelt worden sein, wieviele Mitarbeiter in Zuge des Kaufs bei KPN anheuern können. Offiziell wird das Unternehmen einen eventuellen Kauf erst in einigen Wochen bestätigen, hieß es bei KPN.

Bekanntgegeben dagegen hat KPN, dass man sowohl das Network Operation Center (NOC) von KPNQwest in Den Haag sowie den niederländischen Teil des KPNQwest-Glasfaserrings aquiriert habe. Für die Euroringe in Deutschland, Belgien und Großbritannien habe man Übernahmeangebote abgegeben, sagte KPN-Sprecher Marinus Potman.

Jetzt geht es für Ulrich Bert, den Insolvenzverwalter der KPNQwest Deutschland GmbH, darum, die restlichen Liegenschaften abzustoßen. Für das "Strato-Rechenzentrum" in Karlsruhe stehen gleich mehrere Interessenten zur Verfügung. Die Karlsruher 1&1 Internet AG hat nach eigener Aussage mehr als 15 Millionen Euro für das Rechenzentrum geboten. Pikant dabei ist, dass 1&1 und Stato jeweils rund ein Drittel aller deutschen Domains verwalten und damit mit großem Abstand die beiden Marktführer im Webhosting-Bereich sind.

Strato will das Rechenzentrum gerne in Eigenregie übernehmen und kämpft deshalb jetzt mit harten Bandagen gegen eine Übernahme durch 1&1. Am 17. Juni trat eine einstweilige Verfügung in Kraft, die 1&1 verbietet, das KPNQwest-Rechenzentrum, wo Strato seine Kunden-Domains beherbergt, zu erwerben. Gleichzeitig rief Strato das Bundeskartellamt an. Dieses solle überprüfen, ob ein Kauf des Rechenzentrums durch 1&1 nicht einen Verstoß gegen das Kartellverbot wegen unzulässigen "Abkaufs von Wettbewerb" darstellt. Das Kartellamt hat mittlerweile die Durchführung einer solchen Überprüfung abgelehnt. Es liege "in einem solchen Erwerb weder ein kontrollpflichtiger Zusammenschluss noch ein Verstoß gegen die Paragrafen 1 oder 19 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkung (GWB)" vor.

1&1 habe den KPNQwest-Insolvenzverwalter gebeten, bis zum heutigen Dienstag eine Stellungnahme zum Inhalt der einstweiligen Verfügung abzugeben, teilte Firmensprecher Michael Frenzel mit. Da Bert bis zum heutigen Nachmittag nicht reagiert habe, werde 1&1 am morgigen Mittwoch allein "vollumfänglichen Widerspruch gegen die Einstweilige Verfügung einlegen".

Ob dieser Widerspruch die Chancen von 1&1, doch noch das Rechenzentrum erwerben zu können, steigern wird, ist allerdings fraglich: Die Strato Medien AG hat laut bestehendem Kooperationsvertrag mit KPNQwest die Option, "die Hardware und die spezielle Software, die KPNQwest zur Erfüllung des Kooperationsvertrages einsetzt" dann zu kaufen, wenn KPNQwest insolvent ist -- also jetzt. Der Kaufpreis soll sich laut Vertrag nach dem Verkehrswert richten und von einem Sachverständigen ermittelt werden. Kenner des Rechenzentrums gehen davon aus, dass Strato wohl nicht mehr als eine bis zwei Millionen Euro hinblättern würde.

Zur Entwicklung der Situation bei KPNQwest siehe auch: (hob)