Kernel-Log: Neue Stable- und Vorab-Kernel, neue Dateisysteme, Ubuntu 8.10 mit 2.6.27?

Linux 2.6.25.16 und 2.6.26.3 bringen kleinere Korrekturen und Verbesserungen; Torvalds bremst Entwickler; 2.6.27-rc4 veröffentlicht; Ubuntu 8.10 möglicherweise mit Linux 2.6.27; Kernel-Patches rüsten Unterstützung für Dateisysteme NILFS2 und AXFS nach.

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Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Thorsten Leemhuis

Kernel-Log-Logo

Die Kernel-Entwickler waren in den vergangenen Tagen wieder recht fleißig und haben mehrere neue Linux-Version freigegeben. Die Kernel 2.6.25.16 und 2.6.26.3 der Linux-Stable-Series bringen zahlreiche Korrekturen und kleinere Verbesserungen im Vergleich zu Ihren Vorgängern; bei einigen Treibern wie dem für Highpoint-Hardware geeigneten hptiop erweiterten die Entwickler die Liste der unterstützten Geräte, wodurch sich auch die Hardware-Unterstützung der neue Kernel ein klein wenig verbesserte.

In der Freigabe-Mail zu den neuen Versionen findet sich für Anwender, die sich ihren Kernel selbst heruntergeladen und kompiliert haben, der Rat upzudaten ("Any users of the 2.6.26 kernel series should upgrade to this version. For details on the fixes, see the changelog entries and the diffstat below."). Das ist neuerdings der Standardtext bei der Veröffentlichung von Stable-Kerneln und lässt keine Rückschlüsse zu, ob sich unter den Änderungen auch solche finden, die Sicherheitslücken stopfen.

Linus Torvalds hat derweil die vierte Vorabversion von 2.6.27 veröffentlicht; sie bringt im Wesentlichen Korrekturen, aber auch neue Treiber für die Touchpads neuerer MacBooks und den USB-Controller TUSB 6010 von Texas Instruments.


Kurz vor der Freigabe von 2.6.27-rc4 kritisierte Linus Torvalds indes den Verwalter des Netzwerk-Subsystems David S. Miller deutlich, weil dieser zum wiederholten Male vergleichsweise spät recht umfangreiche Korrekturen zur Aufnahme in den Hauptentwicklungszweig eingesandt hatte. Miller und die anderen Netzwerkentwickler sollten sich in der zweiten Phase des Entwicklungszyklus gefälligst auf das Beseitigen von Fehlern konzentrieren und größere Änderungen für die nächste Kernel-Version zurückstellen; in einer späteren Mail beschreibt Torvalds genauer, wie die Subsystem-Verwalter das seiner Meinung nach handhaben sollten.

Im Rahmen der längeren Diskussion zeigte sich Miller nach einigem Hin und Her dann auch teilweise einsichtig. Die jetzige Rüge ist nicht die erste dieser Art – Torvalds hatte schon in den vergangenen Monaten den ein oder anderen Entwickler etwas gebremst und aufgefordert, sich in der Stabilisierungsphase auf Fehlerkorrekturen zu konzentrieren. Sollten sich die Kernel-Hacker daran verstärkt halten, könnte das die Entwicklungszeit für neue Linux-Versionen etwas reduzieren – bislang werden aus der ursprünglich zirka sechs Wochen langen Stabilisierungsphase meist eher neun oder mehr, weil einige der Fehler in den während des Merge-Window eingepflegten Änderungen nur langsam korrigiert werden und größere Änderungen teilweise neue Fehler auslösen.


Eine nicht zu lange Entwicklungszeit bei 2.6.27 könnte für Ubuntu relevant werden, nachdem Ubuntu-Kernel-Entwickler Ben Collins kürzlich vorschlug, für die Version 8.10 (Intrepid Ibex) kurzfristig noch auf den Kernel 2.6.27 umzuschwenken: Die derzeit von den Kernel-Hackern vorbereitete Kernel-Version würde schon viele der Verbesserungen enthalten, die die Ubuntu-Entwickler sonst in den bisher für 8.10 vorgesehene Kernel auf Basis von Linux 2.6.26 einpflegen müssten. Wenn sich die Kernel-Hacker bei der 2.6.27-Entwicklung allerdings viel Zeit lassen, dann könnte es sein, dass die Ubuntu-Entwickler später eine Vorabversion von 2.6.27 ausliefern müssen, wenn diese Linux-Version nicht rechtzeitig vor dem Zieltermin von Ubuntu 8.10 erscheint. Ein Beinbruch wäre das aber auch nicht – andere Distributionen haben so etwas in der Vergangenheit auch schon ohne größere Probleme gemacht.


NTT-Entwickler Ryusuke Konishi hat auf der Linux-Kernel Mailing List (LKML) Kernel-Patches zur Begutachtung veröffentlicht, die den Linux-Kernel um Unterstützung für das Dateisystem NILFS2 (New Implementation of a Log-structured Filesystem Version 2) erweitern. Das Log-structured File System (LFS) unterstützt "continuous snapshotting" und ist speziell für die Belange von Solid State Drives (SSD) optimiert; eine detaillierte Beschreibung der Arbeitsweise liefert die NILFS2-Homepage. Eine im Februar im Rahmen des diesjährigen "Linux Storage & Filesystem Workshop" (LSF'08) gehaltene Präsentation bietet einen Vergleich NILFS2 mit btrfs, ext[2-4], reiserfs und XFS beim Betrieb mit einer SSD; zudem geht der Vortrag auf die Besonderheiten von SSDs näher ein.

Ein anderer kürzlich zum Review gestellter Kernel-Patch erweitert Linux um Unterstützung für das Dateisystems AXFS (Advanced XIP filesystem). Das ist speziell auf die Belange im Embedded-Bereich zugeschnitten und beherrscht XIP (eXecute-In-Place), um den Speicherverbrauch niedrig zu halten. Die AXFS-Homepage und einer der vielen kürzlich im Rahmen des Ottawa Linux Symposium (OLS) 2008 gehaltenen Vorträge beschreibt die Funktionsweise von AXFS näher; der Vortrag geht dabei auch auf die Vor- und Nachteile im Vergleich mit anderen (Embedded-)Dateisystemen Cramfs2, Jffs2, Yaffs2, Squashfs, Logfs, Ubifs und XIP Cramfs ein. Einige bekannte Kernel-Entwickler zeigten sich von AXFS ganz angetan und hoffen schon auf eine Aufnahme für Linux 2.6.28 – gerade bei Dateisystemen schauen die Kernel-Entwickler aber zumeist doppelt und dreifach hin, bevor sie es in den Hauptentwicklungszweig einpflegen.

Kernel-Log-Staccato

  • Junio C Hamano hat die Version 1.6.0 des von Linus Torvalds gestarteten und zur Kernel-Entwicklung viel genutzte Quellcodeverwaltungssystem GIT freigegeben. Viele der GIT-Programme erreicht man nun normalerweise nur noch über den Aufrufe wie "git foo" und nicht mehr über das veraltete "git-foo".
  • Über den neuen Treiber dell-laptop von Matthew Garrett lässt sich bei Dell-Notebooks die Display-Helligkeit einstellen und der Status des WLAN-Schalter abfragen.
  • David Vrabel hat einen größeren Patch vorgestellt, der Linux um Unterstützung für Ultra-Wideband radio, Wireless USB und WiMedia LLC erweitert.
  • Wer an Details zur Funktionsweise des seit Linux 2.6.23 für die Zuteilung von Prozessorzeit zuständigen Completely Fair Scheduler (CFS) interessiert ist, findet allerlei Hintergrundinformationen in einem kürzlich auf der LKML veröffentlichten Patch für die CFS-Dokumentation.

Weitere Hintergründe und Informationen rund um Entwicklungen im Linux-Kernel und dessen Umfeld finden sich auch in den vorangegangen Ausgaben des Kernel-Logs auf heise open:

Ältere Kernel-Logs finden sich über das Archiv oder die Suchfunktion von heise open.

(thl)