Konsolidierung statt Internet-Geschäfte bei Bertelsmann

Der Gewinn konnte von 577 Millionen auf 1,63 Milliarden Euro nahezu verdreifacht werden, allerdings vor allem wegen Veräußerungsgewinnen.

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Von
  • Jürgen Kuri

Der Medienriese Bertelsmann blickt trotz Umsatzminus und Werbeflaute optimistisch auf die zweite Jahreshälfte 2002. Für das zweite Halbjahr, das bei Bertelsmann traditionell stärker ausfalle, rechne man mit einem höheren Umsatz und operativen Ergebnis. Allerdings sieht sich Bertelsmann selbst nach den Worten des neuen Vorstandsvorsitzenden Gunter Thielen "nach Jahren des dynamischen Wachstums und hoher Sondererlöse aus dem Internet-Bereich jetzt in einer kurzen Phase der Konsolidierung."

Im ersten Halbjahr schrumpfte der Konzernumsatz wegen der dramatischen Einbrüche auf dem Werbemarkt von 9,29 Milliarden auf 8,83 Milliarden Euro. Gleichwohl konnte der Gewinn von 577 Millionen auf 1,63 Milliarden Euro nahezu verdreifacht werden. Allerdings machten einen großen Anteil an diesem Gewinn die Erlöse aus dem Verkauf der letzten Tranche von AOL-Europe-Anteilen aus. Der Verkauf der Anteile an den ehemaligen Partner AOL, der für Bertelsmann zu außerordentlich günstigen Konditionen stattfindet, war im März 2000 auf dem Höhepunkt des Internet-Aktienbooms ausgehandelt worden.

In der Halbjahresbilanz verzeichnet Bertelsmann, für einige Beobachter überraschend, eine "Risiko-Vorsorge in Höhe von einer Milliarde Euro für eine mögliche Abschreibung auf das Musikunternehmen Zomba, dessen Übernahme Bertelsmann derzeit verhandelt". Damit gestehe Bertelsmann erstmals offiziell ein, schreibt die Financial Times Deutschland, dass der Kaufpreis für Zomba -- bei dem Label ist unter anderem Britney Spears unter Vertrag -- von rund drei Milliarden Euro deutlich überteuert war und der Wert gewinnmindernd korrigiert werden muss.

Der operative Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen lag bei 157 Millionen Euro, im gleichen Zeitraum des Vorjahrs lag das Ergebnis, "beeinträchtigt durch Internet-Anlaufverluste und Restrukturierungskosten", bei minus 884 Millionen Euro. Erst am gestrigen Dienstag hatte der Medienkonzern seinen faktischen Ausstieg aus dem Einzelhandel mit Büchern und anderen Medien im Internet bekannt gegeben. Auch der Einstieg bei der Musiktauschbörse Napster, einst als revolutionärer Schritt in eine neue Ära des Musikvertriebs im Internet gepriesen, ist nach der Entscheidung des Konkursgerichts gegen das Kaufangebot von Bertelsmann vom Tisch. (jk)