Kontrast-Trickkiste: HDR-Fotografie

Seite 9: Tonemapping in Photoshop

Inhaltsverzeichnis

Belichtung und Gamma: Die zwei Regler in diesem Dialog kennen Sie schon aus den 32- Bit-Vorschauoptionen und von dem Werkzeug Belichtung. Die Wirkungsweise ist identisch: Der Belichtungsregler verschiebt die Helligkeit bis zu 20 EV-Stufen nach oben oder unten, der Gammaregler erhöht beziehungsweise mindert den Kontrast durch eine nichtlineare „Verbiegung“ der Helligkeitskurve. Während aber die Vorschauoptionen nur die Bildschirmvorschau ändern und das Belichtungswerkzeug zwar die HDR-Datei beeinflusst, aber dabei alle Differenzierungen erhält, werden nun nach Klick auf den OK-Knopf alle HDR-Helligkeitswerte abgeschnitten, die über 1,0 und unter 0,0 liegen. Anschließend wird die dem Farbprofil entsprechende Gammakurve aufgeprägt, und die Fließkomma-Werte der HDR-Datei werden in die ganzzahligen Werte des Zielformats umgerechnet (0 bis 255 für eine 8-Bit- und 0 bis 32768 für eine 16-Bit-Datei).

Die Kunst besteht hier also darin, eine Kombination aus Belichtungsverschiebung und Gamma zu finden, welche der Helligkeit und dem Kontrastumfang des Motivs am ehesten gerecht wird. Leider bietet Photoshop hierfür (außer der Bildvorschau selbst) überhaupt keine Hilfsmittel. Zwar lässt sich (unter Toning-Kurve und Histogramm) das Histogramm der HDR-Datei einblenden, doch werden weder die eingestellte Tonkurve noch die Veränderungen am Histogramm angezeigt. Benutzen Sie deshalb diese Methode nur gemeinsam mit der Konvertierung in eine 16-Bit-Datei, da dann für die meist notwendige Nachbearbeitung noch etwas Spielraum bleibt. Bei der Konvertierung sollten Sie in drei Schritten vorgehen:

1. Veränderung der Belichtung, bis das Bild eine mittlere Helligkeit hat (während der Konvertierung haben die 32-Bit-Vorschaueinstellungen keine Wirkung).

2. Verschiebung des Gammareglers nach rechts, bis alle ins Zielbild zu übernehmenden Helligkeitsbereiche sichtbar sind. Das Bild wird damit sehr kontrastschwach.

3. Korrektur der Belichtung so weit, dass die Tiefen im Bild etwa die gewünschte Dunkelheit haben.

Das nun meist recht flaue und zu dunkle Bild muss jetzt noch aufgehellt und mit dem Kurvenwerkzeug im Kontrast verstärkt werden. Auch eine Anhebung des Lokalkontrasts mit dem Unscharf-maskieren-Filter (Stärke 20 bis 50, Radius von mindestens 20, Schwelle 0) ist oft angebracht. Die abschließende Umwandlung in 8-Bit-Farbtiefe erfolgt (wenn überhaupt) erst, wenn Sie mit dem Ergebnis zufrieden sind.

Ein Nachteil der Methode Belichtung und Gamma ist, dass die Farbsättigung in den dunklen Bildbereichen unnatürlich stark anwächst. Das widerspricht nicht nur unserer Seherfahrung (je dunkler, desto entsättigter wirken Farben), sondern führt auch zu farbstichigen Schatten, die mühsam selektiv korrigiert werden müssen.

Lichterkomprimierung: Die Lichterkomprimierung ist eine sehr einfache und schnelle Komprimierungsmethode. Alle HDR-Helligkeitswerte zwischen 0.0 und 1.0 werden etwa halbiert und landen damit im Bereich 0.0 bis 0.5. Alle Helligkeitswerte zwischen 1.0 und unendlich landen in der zweiten Hälfte des Ausgangs-Helligkeitsumfangs, also zwischen 0.5 und 1.0. (Die genaue Umrechnungsformel lautet y = x/(x+1)). Beachten Sie, dass Photoshop solche Umrechnungen mit der Helligkeit (Luminanz) der Farben vornimmt und die RGBWerte entsprechend anpasst – überprüfen können Sie das deshalb am besten an einem Graustufen-HDR-Bild. Abschließend erfolgen wieder die Gammakorrektur und die Konvertierung der RGB-Werte in die Ausgabefarbtiefe (8 oder 16 Bit).

Das Ergebnis dieser Methode hängt sehr stark von der Ausgangshelligkeit des HDR- Bildes ab. Sie können es folglich gut durch eine einfache Belichtungsverschiebung beeinflussen – jedoch nicht während der Konvertierung selbst (diese Methode hat keine Optionen), sondern nur vorher. Wir wollen die Änderung der Farbtiefe daher kurz aufschieben, den Dialog noch einmal schließen und das Bild im HDR-Modus erst einmal vorbereiten. Zu diesem Zweck benutzen wir die Vorschaumethode Lichterkomprimierung. Vorgehensweise:

1. Stellen Sie unter Ansicht → 32-Bit-Vorschauoptionen die Methode Lichterkomprimierung ein und schließen Sie den Dialog. Der Helligkeitsregler für die 32-Bit-Vorschau in der Statusleiste des Bildfensters muss unbedingt in der Mittelstellung stehen (falls nicht, hilft ein Doppelklick).

2. Öffnen Sie den Dialog Bild → Anpassen → Belichtung und ändern Sie die Einstellungen so, bis Sie mit der Vorschau zufrieden sind. Neben dem Belichtungsregler können Sie auch den Gammaregler dazu benutzen – nur den Verschiebungsregler lassen Sie besser in der Voreinstellung. Alle Korrekturen wirken sich jetzt fast ausschließlich auf die dunklen und mittleren Helligkeiten im Bild aus. Sehr helle Lichter werden gar nicht beeinflusst.

3. Wählen Sie Bild → Modus → 16-Bit-Kanal und im sich öffnenden Konvertierungsdialog Lichterkomprimierung. Nach Drücken der OK-Taste erfolgt die Umrechnung in die gewählte Farbtiefe, wobei die Bildwirkung sich nicht mehr ändert.

Mit dieser Vorgehensweise haben wir eigentlich zwei Methoden kombiniert: Belichtung und Gamma und Lichterkomprimierung. Im Konvertierungsdialog selbst ist das leider nicht möglich. Schon die alleinige Lichterkomprimierung (eventuell mit einer Belichtungsänderung verbunden) bewirkt gegenüber der vorigen Methode natürlichere Farben in den dunklen Bereichen, verändert jedoch die Farben der Lichter. Kombiniert mit einer Gammaverringerung ergeben sich natürlichere Farben in beiden Bereichen. Eine abschließende Kontrasterhöhung ist auch hier nötig.

Histogramm equalisieren: Diese Methode – ebenfalls ohne Optionen – ändert den Kontrast in Abhängigkeit von den Pixelzahlen, die in einem bestimmten Helligkeitsbereich liegen. Histogrammbereiche mit vielen Pixeln werden gedehnt (der Kontrast wird verstärkt), solche mit wenigen werden gestaucht, was den Kontrast verringert. Ein kontrastreiches Bild enthält normalerweise wenig Mitteltöne, das heißt wenig Pixel mittlerer Helligkeit, aber viele in den Tiefen und Lichtern. Die Histogrammangleichung verschiebt dann mehr Pixel in den mittleren Helligkeitsbereich. Das Ergebnis ist ein ausgewogenerer Kontrast und eine ausgeglichenere Histogrammkurve.

Vorherige Belichtungsänderungen (sie verändern die Helligkeit aller Pixel proportional) beeinflussen das Ergebnis dieser Methode überhaupt nicht, Gammaänderungen – die ja direkt den Kontrast ändern – jedoch recht stark. Auch hier sind meist Verringerungen des Gammawerts und damit weichere Helligkeitsverläufe von Vorteil. Leider gibt es keine Vorschauoption Histogramm equalisieren, sodass solche Vorbereitungen blind gemacht werden müssen. Die Wirkung sehen Sie erst nach Aufruf des Konvertierungsdialogs, in dem keine Änderungen mehr möglich sind. Lokale Anpassung: Während Adobes Umsetzung der ersten drei Konvertierungsmethoden etwas unausgereift und nicht „zu Ende gedacht“ anmutet, zeigt die vierte Tonemapping-Methode, dass es auch besser geht.

FDRCompressor ist ein Photoshop-Plug-in, das teilweise bessere Ergebnisse liefern soll als Photoshops Tonemapping-Funktionen. Eine Nachbearbeitung der Bilder in Photoshop ist jedoch meist auch hier nötig.

Hier sind sogar drei Konvertierungsmethoden vereint: Eine globale Methode zur Dynamikkompression, eine lokale Methode zur Kontrastanhebung und eine beliebige Nachbearbeitung von Helligkeit und Kontrast mit dem integrierten Kurvenwerkzeug. Letzteres hat ja bisher nur eine Statistenrolle gespielt – nun ist es aktiv, es können Kurvenpunkte gesetzt und verschoben werden. Bevor wir dazu kommen, schauen wir uns aber erst einmal die anderen Funktionen an: Zuerst wird intern eine globale Dynamikkompression vorgenommen, die alle vorhandenen Helligkeiten auf den Bereich zwischen 0,0 und 1,0 komprimiert. Die Umsetzung geschieht logarithmisch, was eine noch stärkere Egalisierung der Kontraste bewirkt, als sie mit Histogramm equalisieren möglich ist. Das extrem kontrastarme Ergebnis sehen Sie (ungefähr), wenn Sie die Regler Radius und Schwellenwert ganz nach links schieben.

Es hängt übrigens nicht von den absoluten Helligkeiten des HDR-Bildes ab, vorherige Belichtungsverschiebungen verändern nichts. Mit vorherigen Gammaänderungen ist das anders, diese verändern den globalen Bildkontrast und wirken sich deshalb auf die großräumige Helligkeitsverteilung im Ergebnis aus. Im Anschluss an die Dynamikkompression untersucht ein zweiter Algorithmus das Bild auf lokale Kontraständerungen und verstärkt diese gegebenenfalls. Mit Radius stellen Sie den Radius des Umfelds (in Pixeln) ein, innerhalb dessen der Kontrast ermittelt wird, mit Schwellenwert den oberen Kontrastgrenzwert, unterhalb dessen eine Kontrastverstärkung stattfindet.

Ein Schwellenwert von 2 bedeutet, dass der Helligkeitsunterschied eines Pixels zur durchschnittlichen Helligkeit seiner Nachbarpixel (die innerhalb des Radius liegen) unter 2 EV-Stufen liegen muss, damit er verstärkt wird. Größere Kontraste werden nicht verstärkt. Dieser Algorithmus verstärkt damit vor allem die Detailzeichnung. Dies ist der Hauptunterschied zur Wirkung des Unscharf-maskieren- Filters, mit dem sich bekanntlich auch lokale Kontraste verstärken lassen (mit geringen Stärke- und relativ hohen Radius-Einstellungen). Der Schwellenwertregler wirkt dort genau umgekehrt: Er schützt geringe Kontraste vor der Verstärkung, eine Begrenzung nach oben ist nicht möglich.

Die lokale Anpassung lässt sich im gleichen Dialog mit einer Art Kurvenwerkzeug nachbearbeiten (das unverständlicherweise bei den anderen Konvertierungsmethoden deaktiviert ist). Sie können hier Helligkeits- und Kontraständerungen am zwar komprimierten, aber immer noch im HDR-Farbraum liegenden Bild vornehmen. Anders als bei der Benutzung des Kurvenwerkzeugs besteht keine Gefahr, dass Tonwerte verloren gehen. Sogar auf Knickpunkte und Tonwertumkehrungen reagiert die HDR-Kurvenkorrektur recht unempfindlich. Im Dialog eingeblendet ist das Histogramm des originalen HDR-Bildes, was ein paar Anhaltspunkte gibt, wie die Kurve angepasst werden kann.

Beachten Sie, dass die horizontale Skala keine feste Einteilung hat, sondern stets über die Breite des Dynamikbereiches des betreffenden Bildes reicht. Die EV-Abstufungen – sie sind als rote Striche auf der horizontalen Achse markiert – liegen deshalb bei einem kontrastarmen HDR-Bild weiter auseinander, bei einem Bild mit großem Dynamikumfang enger zusammen. Enthält das HDR-Bild ausschließlich sehr kleine Werte, wird das Histogramm teilweise nicht korrekt angezeigt. Fahren Sie bei gedrückter Maustaste über das Vorschaubild, um zu sehen, wo die Helligkeitswerte des Bildes auf der Kurve liegen.

Photomatix Tonemapping-Funktion als Photoshop-Plug-in (Hintergrund) und Programmfunktion. Im Plug-in ist nur die Methode Detail Enhancer nutzbar, zudem fehlt der Gammaregler.

Die Ankerpunkte selbst müssen manuell auf der Kurve gesetzt werden – die Methode, sie per STRG-Klick ins Vorschaubild zu setzen, funktioniert hier nicht. Standardmäßig werden die Übergänge an den Ankerpunkten verrundet, es sei denn, die Option Ecke ist markiert. Dabei dürfen eckige und runde Übergänge nebeneinanderliegen. Sie können beispielsweise (mit der bekannten S-Kurve) den Kontrast global verstärken, aber auch abschnittsweise angleichen, ähnlich wie es die automatische Methode Histogramm equalisieren macht. Letzteres funktioniert so:

1. Setzen Sie mehrere Ankerpunkte an die Stellen der Kurve, an der das eingeblendete Histogramm steile Flanken hat. Alle Ankerpunkte sollten die Option Ecke erhalten.

2. Beginnend mit dem zweiten Ankerpunkt verschieben Sie jetzt alle Ankerpunkte so nach oben oder unten (nicht seitwärts!), dass über hohen Histogrammbergen die Kurve steiler als 45°, über flachen Bergen dagegen flacher als 45° ansteigt.

3. Über Histogrammbereichen ganz ohne Pixel – oft im rechten Bereich vorhanden, wenn Lichtquellen mit im Bild sind – darf die Kurve völlig horizontal verlaufen. Sie können sogar versuchen, hier die Kurve sehr steil etwas abzusenken, um so mehr Platz für einen letzten Anstieg im Bereich der Lichterzeichnung zu haben. Auf diese Weise kann die Innenzeichnung von sehr hellen Lampen noch deutlicher sichtbar gemacht werden, wie die Glühwendel der Halogenlampe in unserem Beispiel zeigt.

Die Methode Lokale Anpassung eignet sich gut für natürliche Motive mit viel Detailzeichnung und wenig homogenen, scharf voneinander abgegrenzten Bildbereichen. In letzteren wird die lokale Kontrastanhebung schnell als mehr oder weniger breiter (abhängig von der Radiusgröße) Halo sichtbar: An Helligkeitsübergängen entstehen unscharfe dunkle und helle Ränder. Auch diesen Effekt kennen Sie vielleicht vom Unscharf-maskieren-Filter. Sehr hohe Radiuswerte machen Halos weniger sichtbar, heben aber auch die Detailzeichnung weniger gut hervor.