Lex Amazon für Paketzusteller: Barcelona will Lieferdienste besteuern

Mit einer jährlichen Abgabe auf Paket-Lieferservices will Barcelona unerwünschte Auswüchse des E-Commerce-Booms bekämpfen und Verbraucher zum Abholen bringen.

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(Bild: New Africa/Shutterstock.com)

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Vor allem die Corona-Pandemie hat dem Online-Shopping einen weiteren Schub beschert. Der E-Commerce-Boom hat aber auch Schattenseiten wie die Zunahme an Paketlieferungen mit vielfach in zweiter Reihe parkenden Transportern und zusätzlichen CO₂-Emissionen. Barcelona glaubt dagegen nun ein Mittel gefunden zu haben: Die katalanische Küstenstadt will die chronische Verkehrsüberlastung und Luftverschmutzung durch eine jährliche City-Steuer für E-Commerce- und Lieferunternehmen wie Amazon reduzieren, die Pakete zu Kunden direkt nach Hause bringen.

Der Plan sieht vor, dass im Bereich Online-Shopping tätige Logistikunternehmen mit einem Jahresumsatz von über 1 Million Euro eine einkommensabhängige Steuer von 1,25 Prozent für die Nutzung öffentlicher Flächen bei der Paketlieferung zahlen müssen. Das eingenommene Geld soll zur Unterstützung des lokalen Einzelhandels verwendet werden. Verbraucher sollen zudem durch möglicherweise steigende Preise dazu veranlasst werden, ihre Päckchen selbst an Servicepunkten abzuholen.

Der Stadtrat von Barcelona einigte sich laut dem Portal Politico schon im Dezember auf einen entsprechenden Gesetzentwurf, den die Verwaltung diese Woche genehmigt habe. Das endgültige grüne Licht durch die kommunalen Abgeordneten wird für nächste Woche erwartet. Die Klausel könnte dann voraussichtlich ab März angewandt werden. Die Steuer solle "eine Änderung der Gewohnheiten hin zu einem nachhaltigen Modell fördern", schrieb der stellvertretende Bürgermeister Jaume Collboni jüngst in einem Meinungsbeitrag. Zudem gehe es darum, die Wettbewerbsbedingungen zwischen Geschäften vor Ort, die häufig lokale Steuern zahlen, und überregionalen E-Commerce-Anbietern anzugleichen.

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Die Abgabe soll nicht fällig werden, wenn Pakete an Unternehmen, Abholstellen, Geschäfte oder Zwischenlager gehen. Der Stadtrat will für das Vorhaben einen unkonventionellen Weg einschlagen. In Spanien sei es rechtlich eigentlich nicht möglich, "dass die lokale Verwaltung Verkehrssteuern erhebt", erklärte Jordi Castellana, ein Stadtrat der Republikanischen Linken Kataloniens, gegenüber "Politico". Fließender Verkehr sei außen vor. Die Oppositionsfraktion trage den Ansatz trotzdem mit, durch den nun "eine Art Parkgebühr" für Lieferwagen erhoben werden soll.

Wirtschaftswissenschaftler der Universität Barcelona berechneten, dass die Dienstleister für Zustellungen aus dem Sektor des elektronischen Handels jährlich 2,6 Millionen Euro an Parkkosten zahlen müssten, wenn die Fahrer immer entsprechende Scheine zögen. Die jährlich zu erhebende Gesamtsteuer wird daher vorerst auf diese Höhe begrenzt. Es soll also nicht primär das Stadtsäckel gefüllt, sondern eine Verhaltensänderung ausgelöst werden. Heleen Buldeo Rai, E-Commerce-Forscherin an der Freien Universität Brüssel, bezeichnete den "Reflex, den Lieferverkehr einzuschränken", dem Bericht zufolge als naheliegend. "Wir wissen, dass vor allem in Städten die Abholstellen einen viel größeren Nachhaltigkeitsvorteil haben als die Hauszustellung." Diese Vorteile müssten den Kunden aber zunächst stärker verdeutlicht werden, was die Steuer allein nicht bewerkstelligen dürfte.

(tiw)