Russische Maintainer entfernt, Torvalds: "Benutzt den Brei, den ihr Hirn nennt"
Zwölf Entwickler flogen aus der Liste der Linux-Maintainer. In der hitzigen Diskussion wird klar: Sanktionen gegen Russland sind der Grund.
Ein Dutzend Kernel-Maintainer sind aus der offiziellen Linux-Datei der Entwickler herausgeflogen. Greg Kroah-Hartman, die Nummer Zwei des Linux-Projekts, hat sie im Rahmen eines Patches aus MAINTAINERS mit wenigen Worten entfernt: "Einige Einträge wegen diverser Compliance-Anforderungen gelöscht. Sie können in der Zukunft zurückkommen, falls ausreichende Dokumentation bereitgestellt wird."
Sanktionen gegen Russland
Was genau das bedeutet, wollte Kroah-Hartman in der Mailing-Liste nicht erklären. Jedoch fällt auf, dass die meisten betroffenen Maintainer eine .ru-Adresse verwenden. Kurz darauf ließ Linus Torvalds jedoch klarer durchscheinen, was die Gründe sind: Natürlich gäbe es jetzt einen Haufen russische Trolle. Und es sei klar, warum das geschehen sei. Die Trolle würden das nicht rückgängig machen können. "Falls Sie mir einen Revert-Patch schicken wollen, verwenden Sie bitte den Brei, den Sie Hirn nennen", sagte Torvalds.
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Eindeutig sind jedoch drei weitere Aussagen von Torvalds: Die "diversen Compliance-Anforderungen" seien nicht nur eine US-Sache. Und wer noch nicht von Sanktionen gegen Russland gehört habe, solle die Nachrichten lesen. Außerdem stellt er die Frage, warum ausgerechnet er als Finne russische Aggressionen unterstützen würde – anscheinend kämen zu den nicht gelesenen Nachrichten auch noch fehlendes geschichtliches Wissen hinzu. Zum Hintergrund: Finnland erklärte 1917 seine Unabhängigkeit von Russland und musste diese seitdem auch mit kriegerischen Mitteln verteidigen.
Auch wenn Torvalds also Sanktionen gegen Russland nicht explizit als Grund nennt, fehlt dazu nicht viel. Er betont aber, dass er kein Anwalt sei – und er oder andere Maintainer nicht über die Details sprechen werden, die Anwälte ihnen gesagt hätten. Sowohl Torvalds kaum verhohlener Klartext als auch seine Äußerung, dass er nicht über rechtliche Dinge sprechen werde, finden sich öffentlich in der Mailing-Liste.
Keine unschuldigen Techies
An anderer Stelle gibt es jedoch keinen Raum für Interpretationen mehr: Konstantin Ryabitsev, Administrator für kernel.org, gibt in einer öffentlichen Auseinandersetzung mit einem von ihm als Troll bezeichneten Nutzer an, dass die entfernten Personen für Unternehmen gearbeitet hätten, die auf der Liste der US- und EU-Sanktionen stehen. Bei diesen Firmen handelt es sich explizit um solche, die mit dem russischen Militär verbunden sind. Ryabitsev unterstreicht, dass die Betroffenen somit mitverantwortlich für Kriegsverbrechen in der Ukraine seien – es seien also keine unschuldigen Techies.
Technisch betroffen sind vor allem Hardware-Treiber, eine Liste findet sich in der Ankündigung des Patches. Allerdings bedeutet das nicht, dass diese Treiber aus dem Kernel entfernt wären – das gilt ausschließlich für die Maintainer-Einträge. Unklar ist, ob diese Entwickler weiterhin Patches einbringen dürfen. Allerdings können sie dafür auch einfach eine andere E-Mail-Adresse als die bisher genutzte verwenden – eine eindeutige Identifikation der Herkunft eines eingebrachten Patches wäre schwierig.
In einer öffentlichen E-Mail verabschiedet sich einer der Maintainer. Er gibt an, dass er auch auf deutliches Nachfragen keine klare Begründung für den Schritt erhalten habe. Eines der Schlüsselwörter sei jedoch "Sanktionen" gewesen – und dass er sich mit seinem (Firmen-)Anwalt unterhalten solle. Der Maintainer meint hierzu jedoch, dass er als Freiwilliger zu Linux beigetragen habe und deshalb keinen solchen Anwalt hätte. Allerdings wolle er nach dieser Aktion – die er als stillheimlich beschreibt – auch keinen Anwalt einschalten. Ferner ist er der Ansicht, dass es sich um Politik handle und das die Community zerstören würde. Der vollständige Text der E-Mail findet sich hier.
(fo)