Lockdown folgt auf Lockdown: Apple-Produktion soll unabhängiger von China werden
Indien und Vietnam sind die Länder, die von einem Umzug der Apple-Fertigung aus China am meisten profitieren würden. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg.
Die aktuellen Lockdown-Maßnahmen wegen der Omikron-Welle in China sorgen dafür, dass Apple seine Supply Chain umorganisieren möchte – und es diesmal offenbar wirklich ernst meint. Ziel ist es, künftig Umsatzeinschränkungen aufgrund von Lieferproblemen im Riesenreich zu umschiffen. Der Konzern hatte zuletzt angekündigt, dass die aktuellen Maßnahmen der Regierung in Peking ihn bis zu 8 Milliarden US-Dollar an Einnahmen im aktuellen Quartal kosten könnte.
Befreiungsversuche
Schon seit mehreren Jahren arbeitet Apple daran, seine Fertigung weniger zentral in China zu organisieren und investiert dazu in weiteren Produktionsländern wie Indien, Brasilien oder Vietnam. Grund für die Versuche war anfangs der Handelskrieg zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Volksrepublik, der mit Antritt der Trump-Regierung im Jahr 2017 hochkochte. Dann kam die Corona-Pandemie und mit ihr massive Lieferkettenprobleme, die sich dann aber – zumindest für Apple – recht schnell wieder zu legen schienen.
Doch nun sorgt die massiv aufgeflammte Omikron-Welle in Shanghai, Kunshan, Shenzhen und anderen Regionen des Landes, in dem Werke von Apple-Lieferanten und Endmonteuren stehen, erneut für Disruptionen. Der iPhone-Konzern rechnet damit, dass der Umsatz hauptsächlich wegen des Lockdowns in Shanghai um vier bis acht Milliarden Dollar niedriger ausfallen könnte. Die Auswirkungen der Maßnahmen seien "substanziell größer" als im aktuellen Quartal. Käufer von Apple-Produkten können dies mit eigenen Augen daran erkennen, dass man auf populäre Geräte wie das MacBook Pro, den Mac Studio oder das Studio Display bis Juli zu warten hat, wenn man heute ordert.
Drei Länder profitieren
Die Behauptung von Apple-Chef Tim Cook, die Lieferkette des iPhone-Konzerns sei "wirklich global" und eine Überabhängigkeit von China existiere nicht, entspricht also noch nicht der Realität. Entsprechend sorgt der neuerliche Lockdown für Versuche, die Fertigung zu diversifizieren. Die zentralen Argumente für China – die Verfügbarkeit gut ausgebildeter Arbeitskräfte und eine tief integrierte Lieferkette für Komponenten samt gut funktionierender Transportwege –, machen Lockdown-Maßnahmen zunichte.
Laut einer Berechnung der in Hongkong erscheinenden South China Morning Post sind mehr als die Hälfte der 192 Apple-Lieferanten mit internen Produktionskapazitäten für den Konzern in von Lockdown-Maßnahmen betroffenen chinesischen Provinzen ansässig. Ein Teilumzug aus China sei deshalb "kein Vorschlag mehr, sondern ein Aktionsplan", kommentiert der üblicherweise gut informierte Apple-Analyst Ming-Chi Kuo. Das Problem: Die hervorragende Infrastruktur, die China (ohne Lockdown) zweifellos bietet, lässt sich nur schwer anderswo nachbauen. So kam es sowohl an den neuen Standorten in Vietnam als auch in Indien zu Schwierigkeiten arbeitsrechtlicher Art. Doch dass es Apple ernst meint, zeigt die Tatsache, dass mittlierweile auch aktuelle Gerätemodelle wie das iPhone 13 außerhalb Chinas endmontiert werden. Dennoch wird ein Umzug noch viele Jahre dauern.
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(bsc)