Manager von Lernout & Hauspie unter Betrugsverdacht

Gegen die Manager des in die Krise geratenen Spezialisten für Spracherkennungs-Software wird wegen Betrugsverdachts ermittelt.

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Von
  • Jürgen Kuri

Für Lernout & Hauspie wird es immer enger: Nachdem der belgische Konzern, der auf Spracherkennungssysteme und -software spezialisiert ist, schon finanziell in die Krise schlitterte, mehren sich nun die Anzeichen, dass die Firma durch Betrug in die Bredouille geriet. Ein belgisches Gericht hat einen Untersuchungsrichter eingesetzt, der die Betrugsvorwürfe untersuchen soll und aller Wahrscheinlichkeit nach auch eine Durchsuchung der Konzernzentrale anordnen wird.

Die Staatsanwaltschaft in Belgien untersucht bereits seit dem 14. November die Vorgänge bei Lernout & Hauspie; die Einsetzung eines Untersuchungsrichters bringt dieses Verfahren nun noch zusätzlich in Fahrt. Dies gebe den Anschuldigungen einiges an Überzeugungskraft, dass der "strahlende Aufstieg von Lernout & Hauspie auf Trickserei und nicht auf glänzenden Fortschritten bei der Spracherkennung per Computer" basierte, kommentierte das Wall Street Journal lapidar.

Manager von Lernout & Hauspie werden beschuldigt, sich verschworen zu haben, um Informationen und Bilanzen zu fälschen, die Ergebnisse des Unternehmens zu übertreiben und so den Aktienkurs zur persönlichen Bereicherung nach oben zu treiben. Ein Wirtschaftsprüfer von KPMG, der lange für Lernout & Hauspie die Bücher prüfte, erhob diese Anschuldigungen explizit in einem Schreiben an den Chef der Firma. Außerdem hat eine interne Untersuchung von Lernout & Hauspie ergeben, dass bis zu 277 Millionen US-Dollar fälschlich als Umsatz verbucht wurden; außerdem vermisst die Firma immer noch 100 Millionen US-Dollar von ihren südkoreanischen Konten. Die Untersuchungen lassen vor allem die beiden Gründer der Firma, Jo Lernout und Pol Hauspie, in schlechtem Licht erscheinen, da sich die meisten Vorwürfe auch gegen sie richten.

Neben den belgischen Strafverfolgungsbehörden untersucht auch die US-amerikanische Finanz- und Börsenaufsicht Securities and Exchange Commission (SEC) die Vorgänge bei Lernout & Hauspie. Die Aktien der Firma wurden an der Nasdaq ausgelistet und an der europäischen Easdaq auf unbestimmten Zeit vom Handel ausgesetzt. Im März konnte Lernout & Hauspie noch stolz auf eine Marktkapitalisierung von 10 Milliarden US-Dollar verweisen – diese haben sich inzwischen nahezu in Luft aufgelöst.

Die juristischen Untersuchungen gegen Lernout & Hauspie könnten dazu führen, dass die Firma nicht mehr in der Lage ist, die finanzielle Krise zu überwinden. Ein belgisches Gericht hatte bereits den beantragten Gläubigerschutz abgelehnt, da Lernout & Hauspie keine ausreichenden Geschäftszahlen vorgelegt habe, die diese Maßnahme rechtfertigten. Besonders tragisch dürften die Vorgänge bei Lernout & Hauspie für zwei Unternehmen sein, die bislang als wirtschaftlich gesund galten und die die Belgier vor kurzem übernahmen: Den US-Spracherkennungssoftware-Spezialisten Dragon Systems und die Firma Dictaphone, in den USA praktisch das Synonym für Diktiergeräte. (jk)