MeeGo Conference 2010

Seite 2: N900 und die Zukunft

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In einer als QA-Session bezeichneten Podiumsrunde wurde es etwas technischer. Dort wurde etwa erwähnt, dass es bei der Fertigstellung der im MeeGo-Jargon "Handset UX (User Experience)" genannten Smartphone-Oberfläche noch viel zu tun gibt. Zudem wurde die herausragendste Neuerungen der Konferenz publik: AMD-Mitarbeiter und unangekündigter "Special Guest" Chris Schläger, Linux-Entwicklerchef bei AMD, gab bekannt, dass AMD in Zukunft Programmierer zur Weiterentwicklung von MeeGo abstellen und das Projekt auch finanziell unterstützen wird. Grund für diesen Schritt sind unter anderem die neuen Fusion-Prozessoren wie der Bobcat, mit denen AMD in jene Marktbereiche und Einsatzgebiete vorstößt, auf die auch MeeGo zielt. Er betonte, dass Unternehmen wie AMD bei der Entwicklung neuer Funktionen sich nicht nur auf die Hardware konzentrieren könne – vielmehr erfolge die Entwicklung von Hard- und Software heute Hand in Hand, damit sich neue Funktionen auch nutzen ließen. Open-Source sei ein kluges Modell, das helfe, die Entwicklungskosten niedrig zu halten. Weitere Einblicke zu den Meego-Ambitionen lieferte Schläger in einem Interview.

Im Rahmen der Keynotes zeigte Dominique Le Foll von Amino Communication eine TV User Experience (UX) for MeeGo, die das Unternehmen in Set-Top-Boxen eingesetzt hat. Durch die Verwendung von MeeGo als Basis habe das Unternehmen diese Lösung erheblich schneller und dadurch auch günstiger fertig stellen können als mit klassischen Embedded-Distributionen. Details dazu finden sich auch im LWN.net-Artikel MeeGo beyond the mobile device, der sich auch mit dem Einsatz von MeeGo in Autos beschäftigt.

Während der Konferenz gab zudem das im Automotive Infotainment agierende Unternehmen Pelagicore den Beitritt zur Linux-Foundation bekannt, um an MeeGo und speziell dessen Referenz-Design für In-Vehicle Infotainment (IVI) mitzuarbeiten. Linpus kündigte zur Konferenz ein MeeGoSystem mit Multi-Touch-Unterstützung für Tablets an, welches die Firma an Hardware-Hersteller verkaufen möchte; ein YouTube-Video zeigt das Linpus-System auf einem Demo-Tablet mit Intel-Prozessor.

Auch wenn man gelegentlich ein iPhone oder Android-Smartphone sah, weitaus präsenter unter den Besuchern war das mit dem MeeGo-Vorläufer Maemo ausgestattete N900 von Nokia. Zu diesem Gerät gab es einen auch als Video abrufbarer Vortrag, der sich mit den jüngsten und den für die nahe Zukunft geplanten Entwicklungen einer MeeGo-Ausführung für das N900 beschäftigt.

Ziel von MeeGo für das N900 war und ist eine Referenz-Implementation von MeeGo für ARM, die auch für Entwickler als Test-Plattform für MeeGo-Oberfläche und -Anwendungen interessant ist. Um Interessierten das so einfach wie möglich zu machen, haben die Entwickler eine Dual-Boot-Lösung erarbeitet, bei der MeeGo für das N900 auf einer Speicherkarte landet und ein Boot-Manager festlegt, ob Maemo und MeeGo gestartet wird. Die nötigen Schritte für so eine nur mit der derzeit aktuellen Version 1.3 des N900-Betriebssystems möglichen Parallelinstallation erklärt das MeeGo-Wiki. Wie die Vortragenden offen erklären, ist MeeGo für N900 aber keineswegs bereit zum Einsatz für normale Anwender. Für Entwickler sei es aber durchaus schon brauchbar, denn Telefonieren, SMS-Versand, Web-Browsing und einige andere Dinge würden mittlerweile funktionieren.

Im Vortragsvideo zu MeeGo auf dem N900 kann man ab Minute 13 sehen, wie sich MeeGo auf dem Smartphone schlägt und wie die im MeeGo-Jargon "Handset UX (User Experience)" genannten Smartphone-Oberfläche aussieht. Weitere Impressionen von letzterer liefert auch das Video zum Vortrag "MeeGo Handset User Experience Home Screen" ab Minute 5 sowie die auf der Vortrags-Webseite zum Vortrag abrufbare Präsentation.

Auch viele der anderen Vortragsfolien und Videos liefern einen guten Einblick in das MeeGo-Universum für alle, die die Konferenz nicht besuchen konnten. Programmierer finden im "Qt Roadmap Update" einen guten Überblick über die den Stand der Qt-Entwicklung und die Pläne für die nahe Zukunft. Was das kürzlich freigegeben MeeGo-SDK bietet und wie man es nutzt, erläutert Bob Spencer in "Getting Started with the MeeGo SDK".

Einen guten Überblick darüber, wie Intel und Nokia Moblin und Maemo verschmolzen haben und welche Probleme dabei zu lösen waren, gibt der Vortrag "MeeGo Architecture – Short history, present and way forward". Er geht auch auf zukünftige Entwicklungen ein; im ebenfalls als Video abrufbaren BoF (Birds of a Feather) "Open Architecture Process in MeeGo" führen die vier Vortragenden von Intel und Nokia das Ganze noch weiter aus. Dabei gestehen sie ein, dass das aus Moblin hervorgegagene Netbook UX der Netbook-Ausführung von MeeGo derzeit in gewissen Bereichen noch eine Sonderstellung hat, die langfristig beseitigt werden soll.

Die MeeGo-Konferenz hatte über tausend Besucher.

Das MeeGo-Projekt müht sich zudem redlich, eine Community rund um das Betriebssystem aufzubauen; Hintergründe dazu sowie Bereiche zum Mitmachen zeigen die von Dawn Foster gehaltenen Vorträge "State of the Community" und "An Inside Look into the MeeGo Community Metrics". Einen Einblick in der Arbeit und Ziele der In-Vehicle Infotainment (IVI) Working Group liefert diese im Vortrag "In-Vehicle Infotainment for Connected Mobility". Mehrere der Vorträge liefern auch Hintergründe zur (Multi-)Touch-Untersütztung in MeeGo. Wo speziell die Probleme auf den unteren Ebenen (Kernel und X-Server) liegen, wird in "Multi-touch MeeGo: from the hardware to the user" erläutert; mit einigen der hier beschriebenen Schwierigkeiten haben auch normale Linux-Distributionen derzeit zu kämpfen.

Mit dem bei MeeGo eingesetzten Security-Framework beschäftigt sich unter anderem der auch von LWN.net zusammengefasste Vortrag "Mobile Simplified Security Framework (MSSF) Overview" von Elena Reshetova und Casey Schaufler. Zu etlichen weiteren Vortragsfolien und -Videos gelangt man über das Konferenzprogramm oder die Übersicht der Videoaufzeichnungen. Diese sind auch über die Video-Webseite der Linux Foundation abrufbar, wo man die Videos auch als OGG herunterladen kann.