Mehr Bits für Farbe

Seite 8: 8 Bit ausreizen: DRI

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Ziel unserer Bemühungen ist ja, Helligkeits- und Farbkontraste des Motivs so gut wie möglich zu erhalten. Wenn dies bereits bei der Aufnahme scheitert, weil der Helligkeitsumfang des Motivs den Dynamikbereich des Sensors übersteigt, gibt es derzeit nur einen Ausweg: Fertigen Sie mehrere unterschiedliche belichtete Aufnahmen an und überlagern diese anschließend so, dass das Mischbild den vollen Kontrastumfang aller Einzelbilder erhält. Die Hohe Schule dieser Technik heißt HDR-Fotografie. Oft ist es aber gar nicht nötig, die Einzelbilder in ein 32-Bit-HDR-Bild zusammenzufügen – das ja dann doch wieder, um es überhaupt darstellen zu können, auf 8-Bit-Farbtiefe reduziert werden muss. Die Mischung der richtig belichteten Bildbereiche kann ohne weiteres auch in 16-Bit- und sogar in 8-Bit-Farbtiefe erfolgen. Diese Technik wird üblicherweise mit DRI (Dynamic Range Increase – Erhöhter Dynamikumfang) bezeichnet.

DRI-Kombination aus zwei unterschiedlich belichteten Aufnahmen in Paint Shop Pro. Die Palette links zeigt den Ebenenaufbau, der kleine Dialog rechts die Einstellungen für die Erstellung der Maske aus dem helleren Einzelbild.

Treffender ist der Begriff Belichtungskombination (im englischen Exposure Blending). Weiter oben (im Abschnitt zum Scannen) sind Sie dieser Technik übrigens auch schon begegnet, dort wurde sie Multi-Exposure (Mehrfachbelichtung) genannt. Die Belichtungskombination erfordert mehrere unterschiedlich belichtete, aber ansonsten exakt übereinstimmende Fotos und ein Bildbearbeitungsprogramm, das mit Ebenen und Masken umgehen kann. Sehr viel einfacher geht es mit dem Programm Photomatix, das mehrere Funktionen für das voll- und halbautomatische Zusammenfügen solcher Aufnahmen besitzt. Das Ausgangsmaterial muss in 8- oder 16-Bit-Farbtiefe vorliegen (Raw-Bilder sind nicht geeignet). Eine Funktion zum automatischen Ausrichten der Fotos gibt es in Photomatix ebenfalls, allerdings empfanden wir diese als nicht sehr zuverlässig.

Die einfachste Methode, Bildpixel miteinander zu verrechnen, besteht darin, den Mittelwert aller Helligkeiten zu bilden. Bei unterschiedlich belichteten Aufnahmen wird so bereits eine Erhöhung des Kontrastumfangs erreicht, jedoch in minderer Qualität. Sehr gut geeignet ist die Mittelwertbildung dagegen für die Verminderung von Rauschen (Scanner mit einer Multi-Sampling- Funktion machen nichts anderes). Photomatix kann umfangreiche Bilderstapel miteinander verrechnen (Image Stacking), wie es für astronomische Aufnahmen oft erforderlich ist. Wenn Sie solche Mittelwertbildungen in einem Bildbearbeitungsprogramm vornehmen wollen, legen Sie die Bilder als Ebenen übereinander (es sollten nicht zu viele sein) und stellen die Ebenentransparenzen nach der Folge 1, 1/2 , 1/3, 1/4 und so weiter ein. Das heißt, die unterste Ebene erhält die Deckkraft 100 %, die nächste 50 %, die dritte 33 %, die vierte 25 % und so fort.

Überlagerung von drei unterschiedlich belichteten Diascans mit Photomatix. Die Ergebnisse benötigen meist noch eine Kontrast- und Farbkorrektur.

Bessere Ergebnisse als per Mittelwertbildung erreicht man, wenn beim Mischen unterschiedlich belichteter Aufnahmen über- und unterbelichtete Bereiche ausgeblendet werden und nur richtig belichtete Bildpixel ins Ergebnis eingehen. In Photomatix heißen diese Methoden Lichter & Schatten. Es gibt vier, zwei davon arbeiten vollautomatisch. Die Methode Intensiv bietet zwei Optionen (Schwach und Stark). Nur mit der Methode Einstellbar lassen sich der Radius der internen Maskierung und die Helligkeit des Ergebnisses in Grenzen wählen. Von Nachteil sind die kleinen, etwas trägen Vorschaufenster. Probieren Sie am besten alle Methoden aus und wählen dann das beste Ergebnis. Die Rechenzeiten sind meist recht kurz. Keine DRI-Technik kann aus den Einzelbildern mehr herausholen als das, was in deren Tiefen und Lichtern an Zeichnung vorhanden ist. Eine vorherige Bearbeitung im Bildbearbeitungsprogramm hilft da gar nicht weiter – zu stark aufgehellte Schatten zeigen nur Rauschen. Lichter, die keine Detailzeichnung enthalten, bleiben auch im Mischbild weiß oder werden sogar grau.

Entscheidend für die Qualität des Ergebnisses ist deshalb die richtige Belichtung der Ausgangsbilder. Hier gelten die gleichen Kriterien wie beim Ausgangsmaterial für HDR-Bilder. Die theoretisch mögliche Erhöhung des Kontrastumfangs lässt sich aus dem Dynamikumfang eines Einzelbildes plus dem Belichtungsunterschied (in EV- Stufen) zwischen dem hellsten und dunkelsten Foto errechnen, wird aber in der Praxis wegen des nicht vermeidbaren Rauschens in den Tiefen nicht vollständig erreicht. Die DRI-Kombination der Einzelbilder in einem Bildbearbeitungsprogramm ist langwieriger, lässt sich aber viel besser steuern, notfalls können die Masken in Problembereichen sogar manuell nachbearbeitet werden. Die Masken werden aus den Einzelbildern selbst erstellt. Mit zwei Einzelbildern und dem Bildbearbeitungsprogramm Paint Shop Pro funktioniert dies wie folgt:

  • Legen Sie beide Bilder als Ebenen übereinander – das hellere Bild oben.
  • Wählen Sie nach einem Rechtsklick auf die obere Ebene aus dem Kontextmenü Neue Maskenebene→ Aus Bild und in diesem Dialog unter Maske erstellen aus die Optionen Helligkeit der Quelle sowie Maske umkehren. Damit wird eine Ebenengruppe aus dem helleren Bild und der daraus erstellten Maske angelegt.
  • Verstärken Sie den Kontrast der Maske und ändern Sie die Helligkeit, um sie nur dort durchlässig zu machen, wo Details des helleren Bildes sichtbar sein sollen. Eine Weichzeichnung ist in der Regel ebenfalls notwendig. Halos, die auf diese Weise entstehen, lassen sich durch größere Weichzeichnungsradien oder durch eine vorherige Auswahl des weichzuzeichnenden Maskenbereichs vermindern. Mit einer manuellen Nachbearbeitung der Maske mit dem Unter- und Überbelichtungspinsel (unscharfer Rand und halbe Deckfähigkeit) kann die Lichtverteilung noch zusätzlich verändert werden.