Neuer Storage Riese: Avnet übernimmt Bell

Die Ankündigung sorgte im März dieses Jahres für Aufsehen. Der Value Add Distributor Avnet will sich den Storage-Distributor Bell Microproducts einverleiben. Jetzt sind die letzten Hürden beseitigt. Der Avnet-Aufsichtsrat stimmte zu, die Kartellbehörden hatten keine Einwände gegen die Übernahme. Avnet bilanziert einen weltweiten Umsatz von mehr als 22 Milliarden Dollar, Bell setzte im Kalenderjahr 2009 3 Milliarden Dollar um. Die Transaktion einschließlich aller Kosten wird mit etwa 631 Millionen Dollar beziffert.

Avnet wird jetzt in Lateinamerika aktiv

Mit dem Kauf setzt der VAD seine Einkaufstour fort, bei der Avnet zuletzt die Enterprise Infrastructure Division von Magirus und den IT-Distributor Acal erworben hatte. Roy Vallee, Vorsitzender und CEO von Avnet, zeigt sich denn auch zuversichtlich, mit dem Neuerwerb einen "Wendepunkt in der Geschichte von Avnet“ erreicht zu haben. “Bell Micro stellt die größte Übernahme in der Geschichte von Avnet auf Einnahmenbasis dar und bedeutet eine erhebliche Verbesserung für unsere Wettbewerbsfähigkeit auf globaler Ebene.“ Neben einer Stärkung der Märkte in Nord-, Mittel- und Südamerika sowie Europa hofft Vallee besonders auf deutlichen Zuwachs in Lateinamerika. Denn gerade da spielte Avnet bislang nur eine Außenseiterrolle. Bell hingegen erzielte dort knapp 20 Prozent seines Umsatzes. Und einmal dabei, legte Vallee auch gleich die Messlatte für die Kapitalrendite zum Ende des gerade begonnenen Geschäftsjahres 2010/2011 auf “mindestens 12,5 Prozent“.

Spitzenstellung bei Embedded-Technologie ausbauen

Mit Bell als führenden VAD für Storage- und Computing-Technologie, erwirbt Avnet ein Unternehmen, das 1.900 Mitarbeiter in 55 Niederlassungen beschäftigt. “Durch die Beziehungen von Bell Micro zu den wichtigsten Hardware-, Software- und Service-Lieferanten können sowohl das Produktportfolio als auch die technischen Fachkenntnisse von Avnet weiter ausgebaut werden“, erklärt Rick Hamada, Präsident und COO bei Avnet. Als vorteilhaft für Avnet sieht er vor allem die Möglichkeit, dass mit Bell die Value-Added-Solutions für das Datacenter verbessert wird, „und unsere Vorreiterstellung als Branchenführer im Bereich Embedded-Technologie noch verstärkt“ werden kann. Bei den Kunden- und Lieferantenbeziehungen beider Unternehmen, die in einigen Bereichen sicherlich Überschneidungen aufweisen, hofft Hamada auf profitable Cross-Selling-Chancen.

Nachdem Avnet grünes Licht für die Übernahme erhalten hat, werden die Sparten Lateinamerika und EMEA von Bell sowie das nordamerikanische Datencenter-Geschäft in Avnet Technology Solutions integriert. Wiederum kommt das nordamerikanische Embedded-Geschäft von Bell, darunter Embedded-Komponenten wie beispielsweise Festplatten, zu Avnet Electronics Marketing. Zudem beabsichtigt Avnet strategische Allianzen für das von Bell betriebene Single-Tier-Reseller-Geschäft auszuloten, wie es heißt. Immerhin konnte Bell auf diesem Geschäftsfeld 2009 einen Umsatz von etwa 450 Millionen Dollar erzielen. Mit der Akquisition stärkt sich Avnet gegen den US-Konzern Arrow, der in Deutschland mit der ehemaligen DNS in Fürstenfeldbruck und Microtronica am Markt tätig ist.

In Deutschland wieder Umsatzzuwachs

Für den deutschen Markt erwartet Gerhard Hundt, Geschäftsführer Avnet Technology Solutions in Nettetal, durch die Übernahme eine weitere Stärkung unseres Untenehmens: Allerdings müssten jetzt erst einmal die Überschneidungen bei Kunden und Herstellern ermittelt werden. In Deutschland rechnet Hundt mit Distributionsverträgen von zwei neuen Herstellern aus dem Komponentenbereich, dazu kommen die Neukunden aus der Integration von Bell Micro. “Durch die Übernahme haben wir nicht nur an Größe gewonnen, sondern auch unseren Stellenwert bei den Herstellern verbessert – vor allem auch bei Gesprächen mit Herstellern, mit denen wir noch nicht im Geschäft sind.“ Auf seiner Wunschliste stehen fünf weitere Hersteller, die Hundt “gern bei Avnet im Portfolio hätte“.

Zufrieden zeigt sich Hundt zum Geschäftsjahr 20009/2010, das am 30. Juni zu Ende gegangen ist. Zwar könne er derzeit noch keine konkreten Zahlen nennen, wohl aber von einer positiven Entwicklung in Deutschland und in Europa sprechen. “Trotz Kurzarbeit bis Januar dieses Jahres und einem nicht ganz so zufriedenstellenden ersten Quartal haben wir in Deutschland Zuwachs generiert.“ Um etwa 6 Prozent dürfte das Umsatzplus ausfallen. Für das jetzt angelaufene Geschäftsjahr erwartet der Avnet-Chef ein weiteres Umsatzplus. Er begründet seine optimistische Prognose auf die gestiegene Kundennachfrage. “Das Vertrauen in die wirtschaftliche Entwicklung ist spürbar gestiegen“, fügt Hundt hinzu. Er hat im Februar bekannt gegeben, dass er noch in diesem Jahr seine Ämter abgeben möchte; vorausgesetzt, ein Nachfolger ist bis dahin gefunden. (gs)