Neuer Streit wegen Abstimmungen über Microsofts OpenXML

Die internationale Vereinigung der Microsoft-Partner hat angeblich beschlossen, das schwedische Normungsinstitut wegen seiner nachträglichen Enthaltung bei der ISO-Entscheidung über Microsofts Dokumentenformat zu verklagen.

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In Schweden soll das Hin und Her beim dortigen Normungsinstitut im Rahmen der nationalen Entscheidung über eine Empfehlung für oder gegen eine Zertifizierung von Microsofts Dokumentenformat Office Open XML (OOXML) ein gerichtliches Nachspiel finden. Laut einem Bericht eines Branchenbeobachters hat die Internationale Vereinigung der offiziellen Microsoft-Partner beschlossen, das Swedish Standards Institute (SIS) zu verklagen. Die International Association of Microsoft Certified Partners (IAMCP) ist demnach unzufrieden mit der Entscheidung des Normungsinstituts, nach dem Aufspüren von Unregelmäßigkeiten beim Wahlvorgang die zunächst erteilte Befürwortung von OpenXML zurückzunehmen und der Internationalen Organisation für Normung (ISO) eine Enthaltung zu melden. Microsoft scheiterte schließlich zunächst mit dem Standardisierungsvorstoß bei der ISO.

Die Ironie am Vorhaben der IAMCP ist, dass für die Unstimmigkeiten beim SIS just Microsoft-Partner sorgten. Das schwedische Standardisierungsgremium hatte vor der Abstimmung über OOXML regen Zulauf neuer Mitglieder aus der IAMCP erhalten. Microsoft-Manager Jason Matusow räumte im Nachhinein ein, dass ein Vertreter der Redmonder E-Mails an zwei Partnerunternehmen geschickt habe, die nicht mit den Regeln des Unternehmens übereingestimmt hätten. Man habe aber die Mitgliedschaft beim SIS nicht gekauft beziehungsweise auch nicht etwa versprochen, die dafür fällige Gebühr zu übernehmen oder sich anderweitig dankbar zu zeigen. Das Management von Microsoft Schweden habe zudem von dem Fall erfahren und daraufhin das SIS informiert.

Befürworter und Gegner von OpenXML rüsten sich derweil für die letzte Runde bei der ISO. Das entsprechende Treffen zur Endabstimmung soll vom 25. bis zum 29. Februar in Genf stattfinden. Länder, die sich an dem finalen Votum beteiligen wollten, mussten laut der Kritikerseite OOXML bis zum gestrigen Dienstag ihre Delegationsliste an die ISO melden. Der Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur (FFII), der die OOXML-Kampagne betreut, hatte zuvor auf eine Reihe von Unregelmäßigkeiten hingewiesen, die rund um den Abstimmungsprozess aus zahlreichen Ländern vermeldet wurden. Microsoft sei so weit gegangen, die Standardisierungsgremien in Schweden, Dänemark, der Schweiz, Portugal, Italien und anderen Ländern mit Strohmännern aufzufüllen, heißt es beim FFII.

Die Redmonder versuchen derweil, die in 160 Kommentaren an die ISO festgehaltenen Hauptprobleme mit der OpenXML-Spezifikation zu beseitigen. Formal sind demnach etwa bereits Referenzen auf externe Spezifikationen nicht normengerecht gewesen. Zudem hat sich der Jahr-1900-Fehler aus Excel in der 6000 Seiten umfassenden Eingabe an die ISO wiedergefunden, mit dem in die Tabellenkalkulation ein falsches Schaltjahr gerutscht ist. Auch sehen Kritiker die Plattformunabhängigkeit nicht als gewährleistet an, da die Zwischenablage in der Spezifikation allein auf Windows geeicht ist. Ferner hat Microsoft laut Kommentatoren "Un-XML" verwendet, das formal in der Dokumentenbeschreibungssprache gehalten ist, aber im Endeffekt für den Bau proprietärer Binärprodukte herangezogen werde.

Siehe zu den Dokumentenformaten und ihrer Standardisierung auch:

(Stefan Krempl) / (jk)