Niederländische Verbraucherschützer: TikTok soll Kinder entschädigen

Unerlaubte Datenspeicherung von und gezielte Werbung für Minderjährige werfen Verbraucherschützer TikTok vor. Sie wollen 1,4 Milliarden Euro einklagen.

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(Bild: tiktokclaim.org)

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Tausende niederländische Eltern verlangen von den Betreibern der populären Videoplattform Tiktok Schadenersatz für ihre Kinder. Insgesamt beliefen sich die Forderungen in einer geplanten Sammelklage auf mehr als 1,4 Milliarden Euro, erklärte die niederländische Stiftung für Marktinformationsforschung (SOMI). Nach eigenen Angaben vertritt sie mehr als 64.000 Eltern.

In den Niederlanden nutzen laut SOMI 1,7 Millionen Menschen TikTok, davon eine Million Minderjährige. TikTok müsse diese besser vor schädlichen Inhalten schützen und aufhören, ihre Privatsphäre zu verletzen, teilte SOMI mit. Die Plattform sammle Daten von Minderjährigen, um ihnen gezielte Schleichwerbung anzuzeigen, ohne dafür eine Erlaubnis einzuholen.

Kinder seien durch Challenges gefährdet, bei denen sich Nutzer der Plattform gegenseitig zu gefährlichen Handlungen aufforderten, heißt es weiter. Vor Kurzem wurde beispielsweise bekannt, dass TikTok-Mitglieder mit starken kleinen Magnetkugeln Zungenpiercings vortäuschen und das auf der Plattform veröffentlichen. Mindestens 65 Kinder mussten notoperiert werden, weil sie Magnete verschluckt hatten. Diese können im Darm zu lebensgefährlichen Verschlingungen und Perforierungen führen, da sie sich dort gegenseitig anziehen.

Die Stiftung SOMI ist eigenen Angaben zufolge eine Non-Profit-Organisation, die sich dem Schutz grundlegender Rechte der Nutzer von Online-Diensten widmet. Sie verlangt, dass TikTok Daten von Kindern unter 16 Jahren löscht und Werbung transparent macht. Insgesamt verstoße TikTok gegen die Datenschutzgrundverordnung. Kinder unter 13 Jahren könnten 2000 Euro Schadenersatz erwarten, bis 15 Jahren 1000 Euro und 16- bis 17-Jährige 500 Euro.

Tiktok gehört dem chinesischen Konzern Bytedance. Der Plattform-Betreiber hatte zuvor erklärt, er unternehme viel, um die Sicherheit junger Nutzer zu gewährleisten. Den Nutzungsbedingungen von Tiktok zufolge brauchen Minderjährige die Zustimmung ihrer Erziehungsberechtigten. Kindern unter 13 Jahren ist die Nutzung des Dienstes generell nicht gestattet. Das Unternehmen verweist auf seiner Website auch darauf, dass Nutzern Kontrollfunktionen für den Datenschutz zur Verfügung stehen, damit sie "die Einstellungen wählen können, die für sie richtig sind".

Eine ähnliche Klage wie jetzt in den Niederlanden hatten im April Kinderrechtsaktivisten in Großbritannien initiiert. Ende Mai hat die EU-Kommission eine Überprüfung der Geschäftspraktiken von Tiktok angekündigt. Nach einer Warnung des Europäischen Verbraucherverbands (BEUC) über Verstöße gegen EU-Verbraucherrechte sei ein formeller Dialog mit Tiktok gestartet worden, teilte die EU-Kommission am 28. Mai mit. Als "besorgniserregende Praktiken" von Tiktok nannte sie unter anderem "aggressive Werbetechniken, die auf Kinder abzielen".

(anw)