Opposition besteht auf grundlegende Datenschutzreform

FDP, Linke und Grüne haben im Umfeld einer Besprechung der Berichterstatter der Bundestagsfraktionen im Innenausschuss zu den jüngsten Fällen von Datenmissbrauch ein prinzipielles Umsteuern beim Datenschutz gefordert.

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FDP, Linke und Grüne haben im Umfeld einer Besprechung der Berichterstatter der Bundestagsfraktionen im Innenausschuss zu den jüngsten Fällen von Datenmissbrauch ein prinzipielles Umsteuern beim Datenschutz gefordert. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass die große Koalition eine grundlegende Reform des Datenschutzrechts in Angriff nimmt", zeigte sich die innenpolitische Sprecherin der Liberalen, Gisela Piltz, gegenüber heise online enttäuscht von der anderthalbstündigen Beratung am Dienstagabend. Diese sei aber dringend erforderlich, da das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) von 1979 stamme und nicht auf die Anforderungen der digitalen Gesellschaft ausgerichtet sei.

Bei dem Gespräch erstattete der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar den Abgeordneten vor allem einen Bericht über den Datenschutzgipfel und die daran geknüpften Hoffnungen und Appelle der staatlichen Datenschützer. Spitzenpolitiker von Bund und Ländern hatten sich vor allem darauf verständigt, dass Adressdaten nur noch mit Einwilligung der Betroffenen weitergegeben werden dürfen, die Sanktionen bei Verstößen verschärft werden und ein bundesweites Datenschutzaudit eingeführt werden soll. Konkrete Beschlüsse fasste die Berichterstatterrunde, zu welcher der Vorsitzende des Innenausschusses, Sebastian Edathy (SPD), geladen hatte, nicht. Da die CDU-Vertreterin fehlte, war die Koalition auch nur mit halber Kraft zugegen. Laut Piltz wollen die Innenpolitiker aber angeschoben von den jüngsten Skandalen beim Umgang mit Kundendaten mögliche gemeinsame Forderungen in ihre Entschließung zum Jahresbericht Schaars einbauen.

Der Datenschutzexperte der Linken, Jan Korte, hatte vorab erklärt, dass Defizite der derzeitigen Gesetze und Verordnungen sorgfältig zu analysieren seien und ein Moratorium für umstrittene Großprojekte wie den elektronischen Einkommenssteuernachweis (ELENA), den biometrischen Personalausweis, die Vorratsdatenspeicherung oder das Bundesmelderegister erlassen werden müsste. Auf Grundlage der Überprüfungen müsse das Bundesdatenschutzgesetz gründlich modernisiert werden. Dabei seien auch die Auskunftsrechte der Bürger zu stärken. Die aktuellen Haushaltsberatungen sollten ferner dazu genutzt werden, die Arbeit des Bundesdatenschutzbeauftragten personell und materiell zu stärken.

Nach einem vergleichbaren Beschluss des Bundesvorstands der Grünen hat derweil ihre Bundestagsfraktion einen Antrag (PDF-Datei) gestellt, wonach strengere Konsequenzen aus den Datenskandalen gezogen werden sollen. Demnach sei das BDSG zu einem "allgemeinen Datenschutzgesetzbuch" weiterzuentwickeln. Betroffene müssten künftig grundsätzlich in die Speicherung und Verwendung ihrer Daten einwilligen. Firmen sollen es zudem nicht mehr zur Bedingung eines Vertragsabschlusses machen können, dass die Kunden der Nutzung ihrer Daten zustimmen, obwohl diese für einen Vertragsabschluss gar nicht erforderlich sei. Außerdem setzt sich die Fraktion dafür ein, dass der Handel mit persönlichen Daten Dritter grundsätzlich zu beschränken und bei sensiblen Informationen ganz zu verbieten sei.

Bürger sollen künftig gemäß dem Papier ferner genau wissen, wer über ihre Daten verfügt: "Der Datenweg muss nachvollziehbar werden." Betroffene müssten grundsätzlich automatisch über eine Datenweitergabe benachrichtigt werden. Alle persönlichen Informationen seien mit einer Herkunftsbezeichnung zu versehen. Neben einer Stärkung der Datenschutzbehörden schwebt den Grünen vor, anerkannten Verbraucherorganisationen bei Datenschutzverstößen künftig das Recht der Verbandsklage einzuräumen. So könnten illegale Praktiken frühzeitig aufgedeckt werden. Der Staat müsse zudem mit gutem Vorbild vorangehen und mehr Datensparsamkeit an den Tag legen.

Zum Skandal um den illegalen Handel mit Kunden- und Kontendaten siehe auch:

(Stefan Krempl) / (anw)