Photonische Netze: Vom Forschungslabor zur Boom-Branche

Hintergrund: In den letzten Monaten sind exorbitante Preise für Firmen auf dem Markt für optische Netze üblich geworden - die Konkurrenz ist hart, die Technik teuer und mit hohen Entwicklungskosten verbunden.

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Von
  • Jürgen Kuri

Hintergrund: Die geplante Übernahme von SDL durch JDS Uniphase, einem der führenden Hersteller für Laser-Komponenten für optische Netze, ruft in den USA die Kartellwächter auf den Plan. Schon die Übernahme von E-Tek Dynamics bekam JDS nur nach Erfüllung von Auflagen durch die FTC (Federtal Trade Commission) genehmigt. Die Kombination aus JDS und SDL würde eine Marktanteil von 80 Prozent bei bestimmten Laser-Einheiten erreichen – so ein großes Stück vom Kuchen dürfte die Wettbewerbshüter nicht gerade positiv stimmen, wenn es um die Genehmigung der Übernahme geht.

Investoren erwarten daher schon, dass die SDL-Übernahme nur unter Erfüllung bestimmter Auflagen über die Bühne geht. So könnte JDS gezwungen sein, einzelne Abteilungen für Laser-Einheiten zu verkaufen. Allerdings wird das den Konzern nicht besonders stören: Interessant sei SDL vor allem wegen der Technik, mehrere Laser auf einem Substrat zu integrieren. Ganz überzeugt sind die Börsianer vom öffentlich demonstrierten Selbstbewusstseins bei JDS nicht: Die Aktien der Firma fielen am Montag um über 15 US-Dollar, am gestrigen Dienstag dann noch einmal um gut 5,50 US-Dollar. Der Hintergrund dürfte sein, dass JDS einen ganz schönen Aufschlag für SDL bezahlen muss, da sich Corning, einer der härtesten Konkurrenten, ebenfalls um die Firma bemühte.

Komplikationen

Außerdem ist JDS mit der Übernahme von SDL, E-Tek Dynamics und Cronos in einer komplizierten Situation. Nortel und Lucent, die beiden Marktführer bei optischen Netzen, sind die größten Kunden des Konzerns für Laser-Einheiten und andere optische Komponenten, die sie in den eigenen Netzwerkgeräten verbauen. Mit Cronos, einer Firma, die optische Switches entwickelt, wurde JDS aber zum direkten Konkurrenten der beiden Platzhirsche. Außerdem bauen Nortel und Lucent selbst einen Teil der Module, die sie in WDM-Equipment verbauen. JDS, Nortel und Lucent sind also sowohl Partner wie Konkurrenten auf diesem Markt – die Konzentration der Komponentenbauer unter dem Dach von JDS dürfte Nortel und Lucent nicht gerade fröhlich stimmen. Zudem entwickelt sich JDS mit den Übernahmen von einem reinen Zulieferer zu einem Gegner, der selbst Equipment anbieten kann.

Die überhöhten Preise allerdings, die für Firmen auf dem Markt für optische Netze bezahlt werden, sind in den letzten Monaten üblich geworden: Die Konkurrenz ist hart, die Technik teuer und mit hohen Entwicklungskosten verbunden. Da bietet es sich an, Unternehmen aufzukaufen, die in bestimmte Bereichen schon weit gehende Entwicklungen vorweisen können. Dazu gehören vor allem eben Einheiten, die mehrere unterschiedliche Laser auf einem Chip integrieren, Verstärker, die die überbrückbaren Distanzen erhöhen, und optische Router, die zur Vermittlung in den Backbones keine Umsetzung zwischen Optik und Elektronik mehr durchführen müssen. (Technische Details zu Photonik und Wavelength Division Multiplexing WDM erläutert der Artikel Mehr Licht!, Photonische Netze: die Zukunft der Kommunikationsnetze in c't 1/99 auf S. 156.)

Engpass

Der Markt aber wird eng: Die Einkaufstour, auf die sich die großen Namen der Branche in den letzten Monaten begeben haben, lässt nicht mehr viel Spielraum. Nicht nur die Komponenten-Hersteller wie JDS Uniphase, auch die Equipment-Produzenten selbst machen mit beim Firmen-Shopping. So zahlte Lucent bereits 5,7 Milliarden US-Dollar für Chromatis, einen WDM-Hersteller, der noch gar keine kommerziell verfügbaren Produkte vorweisen kann. Nortel war CoreTek, Spezialist zur Integration mehrerer Laser auf einem Substrat, 1,43 Milliarden US-Dollar wert; und für Xros, Hersteller von optischen Switches und Routern, zahlte der kanadische Konzern 3,25 Milliarden US-Dollar, obwohl auch diese Firma noch keine Geräte liefern kann. Auch Cisco ist nicht untätig: So übernahm der Marktführer für Internet-Router beispielsweise die Abteilung für optische Netze des italienischen Mischkonzerns Pirelli für 2,15 Milliarden US-Dollar und verleibte sich den schwedischen WDM-Spezialisten Qeyton für 800 Millionen US-Dollar ein.

Die Bemühungen der Firmen, sich in eine gute Position bei den optischen Netzen zu bringen, verwundert allerdings nicht: Die Schätzungen der Umsätze, die sich mit Photonik-Equipment erzielen lassen, gehen bis zu 500 Milliarden US-Dollar für das Jahr 2003, die Komponenten alleine sollen davon rund 23 Milliarden US-Dollar ausmachen. Ständig steigender Bandbreitenhunger für neue Dienste im Internet macht die optischen Netze zur Boom-Branche – dies weckt natürlich Begehrlichkeiten. Analysten befürchten daher schon, dass angesichts der laufenden Konzentrationswelle und der immensen Kosten nur sehr wenige große Anbieter übrig bleiben. Es bleibt abzuwarten, wie die Kartellwächter auf diese Situation reagieren. (jk)