Preiswettbewerb im Mobilfunk wird härter

Auch wenn sich manche Mobilnetzbetreiber unbeeindruckt von den Preisrunden der Discount-Anbieter geben, wächst hinter den Kulissen die Sorge, dass sich mit dem Start von "Aldi Talk" der Margenverfall beschleunigt.

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Von
  • Sven-Olaf Suhl

Auf dem deutschen Mobilfunkmarkt blasen die Lebensmitteldiscounter zum Großangriff. Nachdem im Jahresverlauf schon zahlreiche Billiganbieter vorgeprescht sind, steigt mit Aldi erstmals ein Handelsriese ins Geschäft ums mobile Telefonieren ein – und das mitten im Weihnachtsgeschäft. Experten gehen davon aus, dass andere Discounter wie Lidl und Plus schon bald nachziehen werden. Die gute Nachricht für die Verbraucher: Telefonieren über das Handy wird billiger.

"Die Preise im Mobilfunk kommen immer stärker unter Druck", sagt Martin Gutberlet von der Beratungsgesellschaft Gartner. So seien zur Jahresmitte 19 Cent pro Minute noch Preisbrecher gewesen, ein halbes Jahr später 15 Cent. "2006 werden wir 10 Cent sehen", zeigt er sich überzeugt. Auch Aldi dreht an der Preisschraube. Zwar liegt der Tarif für das No-Frills-Angebot (Kein-Schnickschnack-Angebot) Aldi Talk mit 15 Cent im Rahmen der Preise, die auch die Wettbewerber verlangen. Aber 5 Cent für Gespräche von Aldi-Kunde zu Aldi-Kunde sind unschlagbar.

Der Mobilfunkberater teltarif.de nennt den internen Tarif aber ein Lockvogelangebot, weil er nur für wenige Telefonate genutzt werden kann. Nämlich dann, wenn zufällig zwei Aldi-Kunden miteinander telefonieren, die jeweils eine SIM-Karte ergattern konnten. Dass E-Plus als Aldi-Kooperationspartner nach der Einführung von Simyo, BASE und dem Abkommen mit Viva erneut im Billigsegment Schlagzeilen macht, überrascht kaum. Unter den vier Netzbetreibern hat die KPN-Tochter derzeit die größten Probleme, neue Kunden zu gewinnen. Der Markt nähert sich allmählich der Sättigungsgrenze. Während T-Mobile, Vodafone D2 und O2 im dritten Quartal 2005 einen Zuwachs von mehr als 500 000 Kunden verzeichneten, waren es bei E-Plus deutlich weniger.

Am Umsatz gemessen ist das Unternehmen inzwischen hinter O2 auf den vierten Platz zurückgefallen. Dies wird auch als Grund für den Rückzug von Uwe Bergheim als E-Plus-Chef genannt. Thorsten Dirks, Mitglied der Geschäftsführung nennt die Kooperation mit Aldi indes einen weiten Schritt zur Vermarktung der Netzkapazitäten. "Aldi und Medion sind Marken, die in der Öffentlichkeit hohes Ansehen genießen".

Offiziell gibt sich die Konkurrenz gelassen, doch hinter den Kulissen beginnt das Zittern. "Wir sind geschockt über das Angebot", sagt ein Mobilfunkmanager. Hinter solchen Äußerungen steht die Befürchtung, dass die Preise weiter abrutschen. Ohnehin sind die Margen der Billiganbieter angesichts der sinkenden Gebühren für die Terminierung der Gespräche hauchdünn geworden. "Wenn immer mehr Marken auftauchen, wird die Pflege der eigenen starken Marke wichtig sein", meint Christian Schwolow von T-Mobile. Gleichzeitig unterstreicht er, dass die Telekom keine Billigmarke platzieren will.

Doch in diesem Segment haben auch die Bonner längst ein Bein in der Tür. Easymobile, Klarmobil und Simply haben Partnerschaften mit T-Mobile abgeschlossen. Man müsse alle Möglichkeiten ausloten und dann urteilen, ob ein Billiganbieter in die eigene Marke passt. Entscheidend ist dabei die Frage, wie viel Geschäft durch den Partner kannibalisiert wird, sagte Schwolow.

Von solchen Geschäftsmodellen lässt Vodafone D2 lieber die Finger. "Wir haben günstige Angebote und sind erfolgreich unterwegs", heißt aus dem Unternehmen. Doch ganz außer Acht lassen kann auch Friedrich Joussen, Deutschland-Chef des Unternehmens, das Billigsegment nicht. Entscheidend wird sein, wie sich T-Mobile künftig positioniert und wie sich das Neukundengeschäft entwickelt.

Auch O2 will nicht der billige Jakob des Mobilfunks werden. "Wir sehen uns in einer anderen Ecke", sagt ein Sprecher. Gleichwohl hat Firmenchef Rudolf Gröger als erster Mobilfunkbetreiber überhaupt mit Tchibo einen so genannten branded reseller, einen Wiederverkäufer mit starker Marke, aufs Netz genommen – und das mit Erfolg.

Wie erfolgreich die Billiganbieter aber sein werden, steht in den Sternen. Experten halten für dieses Segment einen Marktanteil von 10 bis 15 Prozent für möglich, also rund 10 Millionen Kunden. Doch bei vielen Anbietern und knapp bemessenen Margen bleibt die Ausbeute gering. (Peter Lessmann, dpa)

Zu den Marktaussichten von Handy-Discount-Angeboten in Deutschland siehe auch: (ssu)