Prozess um Darkweb-Forum: Wie unterschiedlich die Ermittler vorgingen

Seite 3: Anderer Ermittler, andere Erkenntnisse

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Der Zollfahnder hinter dem Pseudonym "Erichhartmann" war derselbe, von dem der BKA-VE-Führer in Karlsruhe vor Gericht sagte, er habe einmal mit ihm telefoniert. Das ist insofern nachvollziehbar, als der Klarname dieses Zollfahnders in der Akte zum Münchner Prozess zu finden ist, er dort auch als Zeuge aufgetreten war und der BKA-Beamte ihn in Karlsruhe namentlich nannte. Sehr tiefschürfend kann dieses Telefonat nicht verlaufen sein. Ermittlungsergebnisse tauschten der Zollfahnder und der BKA-Mann wohl nur bestenfalls oberflächlich aus.

Derselbe Zollfahnder verwendete auch das Pseudonym "Sectorplantone", auch das ein Account, der von einem Festgenommenen übernommen worden war. Die Schüsse in München waren erst wenige Tage her, als "Sectorplantone" im DiDW den User "Rico" ansprach, ihn nach Waffen fragte und zu einem Geschäft verleitete, wissend, dass er dem Münchner Täter die Waffe verkauft hatte.

Es war auch genau dieser Beamte der Zollfahndung, der sich am 16. August 2016 in Marburg mit Philipp K. traf, in der Tasche 8000 Euro. Er spazierte mit Philipp K. zu dessen abseits geparkten blauen VW Lupo. Im Auto öffnete K. eine Gitarrentasche, in der ein Sturmgewehr, Typ VZ 58, und eine Pistole vom Typ Glock 17, 3. Generation lagen. Der Zollfahnder überreichte die Geldscheine. Philipp K. zählte nach. Als er fertig gezählt hatte griffen ihn weitere Beamte, die er bis dahin nicht bemerkt hatte. Unter seiner Jacke fanden die Ermittler eine Pistole in einem Schulterholster, Kaliber 9 mm, elf Schuss im Magazin, eine Patrone schussbereit im Lauf.

Im Gericht in Karlsruhe sagte der BKA-Mann auf Nachfragen, er kenne die Pseudonyme "Rico" oder "Maurächer" nur vom Hörensagen, aber nicht aus seiner Ermittlungsarbeit. Kontakte seiner verdeckten Ermittler zu diesen beiden Identitäten habe es nicht gegeben. Eine Nebenklage-Anwältin will wissen, ob es im BKA Besprechungen über die Auswertung von Beweismitteln gegeben habe. Klar, habe es gegeben. Ob da mal über das Münchner Verfahren gesprochen worden sei? "Vielleicht ist da mal drüber gesprochen worden. Will ich nicht ausschließen". Was denn überhaupt der Anlass für das BKA gewesen sei, mit Ermittlungen gegen DiDW zu beginnen? "Der 22. Juli 2016". Also der Tag des Münchner Anschlags.

Die Anwältin fragt, ob der BKA-Beamte das Pseudonym "Erichhartmann" kenne. Also die Online-ID des Zollfahnders, mit dem er einmal telefoniert habe. Die Antwort: "Da kann ich Ihnen nichts zu sagen". Also nichts dazu, dass es eben jener "Erichhartmann" war, mit dem er einmal telefoniert habe.

Für ein Urteil gegen Alexander U. scheint die Beweisaufnahme in Karlsruhe gleichwohl inzwischen zu genügen. Richter Radke stellte nach der Vernehmung fest, sein Programm für diesen Prozess sei überwiegend abgearbeitet. Er könne sich vorstellen, dass zum nächsten Termin am 12. Dezember die Plädoyers gehalten werden könnten.

Ganz sicher ist das aber noch nicht. Einige Nebenkläger möchten vorher noch die gesicherte Datenbank des DiDW auswerten. Die soll ihnen bis dahin zur Verfügung stehen. Sie gehört zu den wenigen Datenfunden, die das BKA sichern konnte, bis ein Beamter den Stecker des Servers in der Karlsruher Wohnung von Alexander U. zog. Diesen Unglücksraben möchten die Nebenkläger zudem noch als Zeugen hören. Der Richter ließ offen, ob er diesem Wunsch folgen wird und argumentierte, neue Erkenntnisse könne der Beamte wohl kaum beitragen.

Der Richter machte aber auch deutlich, dass auch er nicht gerade zufrieden ist mit der Arbeit der Polizeibehörden. "Bei den Ermittlungen nach München ist einiges nicht so gelaufen, wie man das gern gehabt hätte", sagte er. (mho)