SCO vs. Linux: OSDL startet Aufklärungs-Kampagne zum Linux-Kernel

Im Kernel 2.6 finden sich die vermutlich von SCO wegen angeblichen Codeklaus aus Unix System V inkriminierten Zeilen nicht mehr, doch macht SCO auch hier Ansprüche geltend.

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Von
  • Detlef Borchers

Die Open Source Development Labs (OSDL) haben eine Werbekampagne gestartet, die über den Entstehungsprozess von quelloffener Software anhand des Linux-Kernels informieren soll. Die so genannte Kernel Awareness Initiative richtet sich vor allem an Computernutzer mit einfachem Grundwissen und soll dazu beitragen, die Linux-Produktion vom Image der "Flickschusterei" zu befreien. Kernstück der Kampagne ist ein Plakat, das schematisch den Enstehungsprozess des Linux-Kernels illustriert. Auf diese Weise soll deutlich werden, dass die Entwicklung des Betriebssystem-Kerns öffentlich ist, von tausenden Experten geprüft wird und keinerlei Geheimnisse oder etwa geschützte Programminformationen Dritter enthält.

Auch wenn das Plakat mit einem Chemie-Symbol für die Laborarbeit der Linux-Entwickler einen leicht skurrilen Eindruck macht, so hat die Initiative doch einen ernsten Hintergrund. Der neue Kernel 2.6 befindet sich in den letzten Entwicklungsstadien. Nun führt bekanntlich die SCO Group eine Klage gegen IBM, in der es um den Transfer von Unix-Code nach Linux geht, dabei (nach SCO-Angaben) besonders um NUMA (Non-Uniform Memory Access), RCU (Read Copy Update) und JFS (Journal Filesystem). Verletzungen der eigenen Rechte glaubt SCO durch Analyse des Linux-Kernels 2.4 beweisen zu können -- die entsprechenden Codezeilen wurden bislang jedoch nur ausgewählten Analysten gezeigt, die sich zur Verschwiegenheit verpflichtet haben.

Im Kernel 2.6 finden sich die vermutlich inkriminierten Codezeilen nicht mehr, doch macht die SCO Group auch hier Ansprüche geltend. In seiner Keynote auf der CDXPO in Las Vegas gebrauchte SCO-Chef Darl McBride die Formel von "non-literal code transfers", also von Code-Übertragungen nicht im direkten wörtlichen Sinne einer 1:1-Kopie. Diese Transfers seien ausreichend beweiskräftig, um die Ansprüche von SCO an Distributionen mit dem Kernel 2.6 vor Gericht durchsetzen zu können. Entsprechend nennt SCO in seinen Dokumenten zur IP License for Linux "Linux 2.4 and later versions".

Die OSDL hofft, durch ihre Kernel Awareness Initiative auch die Medien zu erreichen, die "extrem unaufmerksam" über den Fall berichten, wie es Stacey Quandt, Chefanalytikerin der OSDL in Las Vegas umschrieb. Ob die von fast allen großen Linux-Unterstützern getragene OSDL damit Erfolg hat, bleibt abzuwarten. Zum amerikanischen Thanksgiving amüsieren sich zumindest die US-Medien mit bereits von SCO dementierten Gerüchten, dass SCO als erste Firma, die Linux einsetze und keine SCO-Lizenz gekauft habe, die Suchmaschine Google verklagen werde.

Zu den Entwicklungen im Streit zwischen SCO, IBM und der Open-Source-Gemeinde siehe auch:

(Detlef Borchers) / (jk)