SPD fordert Gesetz für Trojanereinsatz

Die SPD will eine Änderung der Strafprozessordnung vorschlagen, sodass der umstrittene Trojanereinsatz für die sogenannte Quellen-TKÜ unter engen Bedingungen erlaubt wird. Politiker anderer Oppositionsparteien sind kritisch.

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Von
  • Tim Gerber

Nach den Vorwürfen im Zusammenhang mit staatlichen Computer-Spähprogrammen hat sich die SPD für eine rechtliche Klarstellung ausgesprochen. Innenexperte Michael Hartmann sagte der Nachrichtenagentur dpa, in der Strafprozessordnung (StPO) sei eine klare Regelung zur Quellen-TKÜ, also zum Abhören von Internet-Telefonaten vor der Verschlüsselung, nötig. Dort ist bislang nur klassische Telefonüberwachung explizit geregelt. Sicherheitsexperten vertreten jedoch die Auffassung, dass der Paragraf 100a auch die Quellen-TKÜ erlaubt.

Hartmann widersprach dem nicht, allerdings forderte er, die Grenzen der Quellen-TKÜ bei der Strafverfolgung gesetzlich festzuschreiben. Es müsse klar definiert sein, dass eine richterliche Genehmigung und Kontrolle sowie eine Protokollierung der Überwachung nötig seien. „Zudem muss gelten, dass nur laufende Kommunikation überwacht werden darf“, betonte er. Screenshots, also Fotos der Bildschirmoberfläche, müssten ausgeschlossen werden, um die verfassungsrechtlichen Grenzen der Quellen-TKÜ nicht zu unterlaufen.

Die SPD werde eine entsprechende Gesetzesänderung vorschlagen, sagte Hartmann, der innenpolitischer Sprecher seiner Fraktion ist. Er forderte, auch der Generalbundesanwalt müsse die Quellen-TKÜ zur Strafverfolgung bei Terrorlagen oder schwerster Kriminalität einsetzen dürfen. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) ist anderer Meinung, weshalb der Generalbundesanwalt das Instrument bislang nicht nutzen darf.

Skeptisch beim Trojanereinsatz: Grüner Innenpolitiker Konstantin von Notz

(Bild: Foto: von-notz.de)

Der netzpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion von Bündnis90/Die Grünen, Konstantin von Notz , sieht die Forderungen der SPD kritisch. Man wolle eine derartige Gesetzesänderung zwar nicht komplett ausschließen, sagte der Grünen-Politiker heise online. Bevor man jedoch über ein solches "Trojanerermöglichungsgesetz" rede, muss zunächst in Ruhe geprüft werden, ob es nicht grundrechtsschonendere Alternativen gibt, forderte er. Die grüne Bundestagsfraktion hat sich bereits mit Experten ausgetauscht und will dazu in Kürze ein öffentliches Fachgespräch durchführen, kündigte von Notz an.

Zudem sei fraglich, ob ein solches Gesetz überhaupt verfassungskonform ausgestaltet werden könne. auch das müsse nach den jüngsten Erfahrungen und Diskussionen wegen des teilweise illegitimen Einsatzes der Trojanersoftware gründlich geprüft werden. Zuletzt zeigte sich von Notz über den heutigen SPD-Vorstoß verwundert, da man sich gerade mit Zustimmung der SPD im Bundestag darauf verständigt habe, am 30. November eine gemeinsame Sondersitzung im Unterausschuss Neue Medien durchzuführen, um die aufgeworfenen Fragen umfassend zu beleuchten.

Mitte Oktober hatte der Chaos Computer Club (CCC) eine Trojaner-Software zum Abhören von Kommunikation via Computer angeprangert, die in Bayern eingesetzt wurde. Die Software könne mehr als sie dürfe, so der Vorwurf. Sie war von einer privaten Firma entwickelt worden.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hatte im Oktober die Einrichtung eines Kompetenzzentrums von Bund und Ländern zur Entwicklung der Trojaner angekündigt. Hartmann sagte, es sei derzeit ein großes Problem, IT-Experten für den staatlichen Dienst zu gewinnen. Fachkräfte seien ohnehin knapp und die Privatwirtschaft zahle den Experten deutlich mehr als der Staat. "Man muss Anreizsysteme neben und oberhalb der klassischen Gehaltsstufen des öffentlichen Dienstes schaffen", sagte der SPD-Innenexperte. (dpa) / (tig)