Studie: Bund vernachlässigt drohende Jobverluste durch Digitalisierung

Seite 2: Risiken für die Gesellschaft

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Pessimisten sähen hauptsächlich angesichts der rasanten Fortschritte in der Robotik und KI eher negative Beschäftigungseffekte und auch Risiken für ein auf Erwerbseinkommen basierendem Steuer- und Gesellschaftssystem, heißt es in dem Papier. Vor allem im Dienstleistungssektor befürchteten sie "deutliche Rationalisierungseffekte und eine Abkehr vom Normalarbeitsverhältnis". Durch den Wegfall sozialversicherter, fester Arbeitsplätze würden Menschen in diesem Szenario in die "Gig Economy" getrieben und schlügen sich von einem oft schlecht bezahlten Auftrag zum nächsten gerade so durch.

Anliegen einschlägiger Initiativen zumindest des Bundesarbeitsministeriums sei die ganzheitliche, branchenübergreifende Betrachtung der Arbeitsmarktprozesse, lobt der Autor aber zugleich. Dementsprechend fänden sich langsam auch mehr Belege dafür, dass es "auch im Dienstleistungssektor zu negativen Entwicklungen für Berufsbilder kommt, die bislang als relativ sicher galten". Das Feld Finanz- und Rechnungswesen nebst Buchhaltung etwa weiche dabei "ähnlich negativ vom Basisszenario ab, wie die gefährdeten Berufsgruppen im verarbeitenden Gewerbe". Insgesamt würden "Potenziale neuer Technologieanwendungen im Dienstleistungssektor", die sich heute schon teils deutlich abzeichneten, aber hierzulande nicht ausreichend gewürdigt.

Gerade Investmenthäusern eröffne sich durch den Einsatz von Software, die zu einer Reduktion der Anzahl an Wertpapierhändlern führt, enorme Einsparungspotenziale", erläutert Lorenz. Seien Experten früher noch davon ausgegangen, dass sich Bankangestellte mit zunehmendem Einsatz von Computern zu Anlageberatern weiterentwickeln könnten, so seien just diese Tätigkeitsprofile inzwischen zunehmend von Automatisierung bedroht. Die Hochfinanz geriere sich als Vorreiter: Bei Goldman Sachs etwa ersetze ein Softwareingenieur im Bereich des Devisenhandels vier traditionell dort Beschäftigte.

Dazu kommen dem Forscher zufolge etwa "Spracherkennungssysteme statt Übersetzer", auch Bürotätigkeiten wie die Terminkoordination sowie Jobs von Kassierern oder Einzelhandelskaufleuten fielen verstärkt weg. Industriepolitische Strategien reichten also nicht aus, um den Wandel des gesamten Arbeitsmarktes adäquat zu adressieren. Der Staat müsse hier seinen Blick erweitern und "wichtige Regelungsaufgaben übernehmen". Weiterbildung sei das Stichwort, damit Beschäftigte einmal erworbene Qualifikationen ständig verbessern könnten. Entscheidend sei daher, dass der geplante Ausbau Bundesagentur für Arbeit in dieser Hinsicht erfolgreich über die Bühne gehe und auch die Gewerkschaften einbezogen würden.

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