T-Mobile rechnet mit weiterem Margenverfall im Mobilfunk

Der vom Erfolg der Discount-Anbieter beschleunigte Preisverfall für Sprachtelefonate wird Spuren in den Bilanzen der Carrier hinterlassen, erklärt T-Mobile-Chef Philipp Humm, der auf moderates Wachstum aus Datendiensten hofft.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 24 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Sven-Olaf Suhl

Der Mobilfunkmarkt in Deutschland habe "Überkapazitäten und viel Spielraum auf der Preisseite", stellt Philipp Humm, Chef von T-Mobile Deutschland laut einem Bericht der Financial Times Deutschland (FTD) fest. Auch eine vermehrte Handynutzung könne den Umsatzrückgang infolge sinkender Minutenpreise nicht ausgleichen. Humm rechnet nur noch mit etwa drei Prozent Wachstum in den kommenden Jahren, das allein durch Datendienste getrieben werde.

Im Jahresvergleich wurde das Mobiltelefonieren in Deutschland um 12,8 Prozent deutlich billiger: Seit Mitte 2005 wächst die Zahl so genannter No-Frills-Anbieter, die mit günstigen Minutenpreisen für deutschlandweite Telefonate locken und – ungeachtet eines eingeschränkten Services und Kostenfallen bei Auslandstelefonaten – Marktanteile zu Lasten der etablierten Anbieter erobern. Auch wenn die die Preissenkungen der Discounter mit Minutenpreisen ab 14 Cent vorerst zum Stillstand gekommen sind, besteht für die Netzbetreiber kein Grund zur Entwarnung: Mit dem Erreichen der 100-prozentigen Marktsättigung können die einzelnen Anbieter nur noch dann nennenswert wachsen, wenn sie ihren Mitbewerbern lukrative Kunden abjagen.

Die Anbieter seien derzeit dabei, ihre Preismodelle umzustellen, sagte Humm der FTD. Diese Phase werde bis ins Frühjahr 2007 andauern. Bis dahin würden Umsätze und Margen fallen. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, müssten die Mobilfunker versuchen, das Nutzungsverhalten ihrer Kunden zu ändern. "Nirgendwo in Europa wird weniger telefoniert, nirgendwo sind die Umsätze pro Kunden so niedrig wie in Deutschland", klagte Humm. Das müsse ein Ende haben: "Die Kunden sollen so viel telefonieren, wie sie möchten, ohne sich Gedanken um die Kosten machen zu müssen." Von irischer Handy-Begeisterung, in der etwa O2-Kunden dem Carrier 2005 einen jährlichen Durchschnittsumsatz (ARPU) von 571 Euro bescherten, können deutsche Netzbetreiber nur träumen.

Weitere Umsatzeinbußen drohen den Mobilfunkern aufgrund der Bestrebungen der EU-Wettbewerbskommission, die Preise für Auslandstelefonate (Roaming) deutlich zu senken. T-Mobile hatte hierauf im Verein mit anderen euopäischen Carriern eine freiwillige Senkung der Verrechnungspreise angekündigt und eine Absenkung der Verbraucherpreise um bis zu 50 Prozent in Aussicht gestellt. Auch die anstehende Senkung der Terminierungsentgelte für Gespräche vom Festnetz in ein Handynetz wird den Betreibern Einnahmeeinbußen bescheren.

Verglichen mit anderen Branchen, die einem globalen Wettbewerbsdruck ausgesetzt sind, erscheint die Lage der Mobilfunker indes rosig: Erstens hat die Versorgung mit Mobilfunkanschlüssen das Niveau anderer netzgebundener Industrien wie Strom- und Wasserversorgung fast erreicht, und die Lizenzvergabe für die GSM- beziehungsweise UMTS-Betreiber hält die Zahl der Anbieter bis weit ins nächste Jahrzehnt konstant und bedeutet einen nationalen Gebietsschutz. Und am Ende des Tages sorgen auch die Handy-Discounter für Umsätze bei den Carriern, von denen sie die Verbindungsminuten en gros einkaufen müssen, die dann – von Aldi bis Schlecker – als Discount-Tarif beim Konsumenten landen. (ssu)