Telekom vor Neuausrichtung

Auf der Halbjahres-Pressekonferenz am Mittwoch will der Vorstand neben den Halbjahreszahlen möglicherweise auch erste Schritte zur Konsolidierung bekannt geben.

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Von
  • Peter Lessmann
  • dpa

Seit gut vier Wochen steht Ex-Telekom-Chef Ron Sommer nicht mehr an der Spitze des größten europäischen Telekommunikationsunternehmens. Doch die große Wende ist bislang ausgeblieben. Auch mit Interims-Chef Helmut Sihler, dem ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden des Bonner Riesen, dümpelt die T-Aktie zwischen 10 und 12 Euro weit unter ihrem Ausgabekurs (14,57 Euro) von 1996. "Man muss die Dinge langfristig sehen", macht Lars Labryga von der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK) den T-Aktionären Mut.

Doch deren Ungeduld wächst: Viele Aktionäre haben binnen zwei Jahren wegen des dramatischen Kursverfalls der T-Aktie praktisch ihr gesamtes eingesetztes Kapital verloren. Sie hoffen jetzt auf einen Neuanfang. Doch die Bäume wachsen nicht in den Himmel. "Mit Sihler und seinem Stellvertreter Gerd Tenzer erwarte ich nicht viel", meint Werner Stäblein von der Frankfurter BHF-Bank mit Blick auf die Halbjahres-Pressekonferenz am kommenden Mittwoch.

Dort will der Vorstand neben den Halbjahreszahlen möglicherweise auch erste Schritte zur forcierten Konsolidierung bekannt gegeben und damit Kurskorrekturen einleiten. "Revolutionäre Dinge werden nicht angekündigt", prophezeit Stäblein. Laut einem Magazin-Bericht wird für das vergangene Halbjahr ein Rekordverlust erwartet.

Der Pensionär Sihler ist um seinen Job nicht zu beneiden. "Einen solchen Tanker wie die Telekom kann man nicht mit einem Schwenk in die andere Richtung bringen", meint der Investmentbanker Rolf Drees von der Union Investment in Frankfurt. Trotzdem erhoffen sich die Aktionärsvertreter vom neuen Vorstand klare Aussagen darüber, wohin die Reise künftig geht. Im Vordergrund steht der Abbau der drückenden Schuldenlast von 65 Milliarden Euro. Neben France Telecom gehört der graue Riese zu den am höchsten verschuldeten Telekommunikationsunternehmen in Europa.

Auch Sihler hat sich den Schuldenabbau auf die Fahnen geschrieben. Bis 2003 will die Telekom "nur" noch mit 50 Milliarden Euro bei ihren Geldgebern in der Kreide stehen. "Das ist unser festes Ziel. Und wir werden es erreichen", beteuerte Sihler unlängst in einem Interview. Schließlich würden hierdurch die Zinszahlungen um rund eine Milliarde Euro verringert. Es müsse das Ziel der Telekom sein, aus den Verlusten zu kommen. Im vergangenen Jahr hatte der Konzern erstmals mit 3,5 Milliarden Euro tiefrote Zahlen geschrieben.

Maßnahmen zur Kostenersparnis hatte der Vorstand bereits unter Sommer eingeleitet: Dazu zählen der Abbau von über 20.000 Stellen vor allem in der Festnetzsparte (T-Com) in den kommenden zwei Jahren und Kürzungen von Investitionen. Außerdem soll der Werbeetat zusammen gestrichen werden. Gleichzeitig sollen der geplante Verkauf des TV-Kabelnetzes und von Immobilien weitere Milliarden-Erlöse bringen. Den größten Brocken verspricht sich die Telekom indes vom Börsengang der Mobilfunksparte. Über den Zeitpunkt besteht aber Ungewissheit.

Alles nichts Neues, meint Telekom-Analyst Stäblein zu den Einspar-Plänen. Auch anhaltende Gerüchte um einen möglichen Ausstieg aus dem US-Geschäft oder ein Zusammengehen mit Konkurrenten hält er für fehl am Platz: "Jeder schreit und brüllt Fusion, doch keiner macht sich Gedanken darüber, ob das überhaupt finanzierbar ist."

Immer mehr wird klar, solange kein Nachfolger für Sommer gefunden ist, bleibt die Neuausrichtung Stückwerk. Sihler könne schließlich keine großen Deals einfädeln, die sein Nachfolger anschließend ausbaden müsse. "Das Unternehmen ist in einer Sackgasse eingeparkt, da kommt man so schnell nicht wieder raus", umschreibt Investmentbanker Drees die Lage. (Peter Lessmann, dpa) / (anw)