Düstere Aussichten auf dem TV-Kabelmarkt

Auf dem deutschen TV-Kabelmarkt haben die Wettbewerbshüter bislang nichts erreicht: Liberty-Chef John Malone zog sich zurück, Callahan ist pleite und die Telekom hat weiterhin keinen starken Konkurrenten im Ortsgeschäft.

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Von
  • Peter Lessmann
  • dpa

Bei der Suche nach einem Käufer für ihr TV-Kabelnetz schöpft die Deutsche Telekom wieder Hoffnung. Nach der Genehmigung eines Kooperationsmodells zwischen dem Telefonriesen und der privaten Wohnungswirtschaft durch das Bundeskartellamt sieht das Unternehmen Licht am Ende des Tunnels. Und schon wird der US-Medienriesen Liberty Media wieder ins Spiel gebracht, der mit der Telekom bereits handelseinig geworden war.

Doch der sicher geglaubte Verkauf wurde von den Wettbewerbshütern Anfang dieses Jahres gekippt. Statt der eingeplanten Erlöse von 5,5 Milliarden Euro stand die Telekom plötzlich mit leeren Händen da. Inzwischen hat sich der Verkaufsdruck auf den Konzern nach dem Rücktritt von Vorstandschef Ron Sommer und dem verschärften Kurs zu Kosteneinsparung und zum Schuldenabbau erhöht. Branchenkenner und Telekom-Analysten glauben, dass die Telekom aus dem Verkauf ihrer sechs regionalen Kabelgesellschaften aber nur noch 3 bis 3,5 Milliarden Euro erzielen kann.

Denn die Branche steckt in der Klemme. So steht der Kabelpionier Callahan in Nordrhein-Westfalen vor der Pleite. Als erstes Unternehmen hatte die US-Investorengruppe die Kabelnetze der Telekom in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg mehrheitlich übernommen. Mit Milliarden-Investitionen sollten diese zu einem multimedialen Breitbandnetz aufgerüstet werden: Digitales TV, Surfen im Internet, schneller Datentransfer und Telefonie -- alles aus einer Hand und zu erschwinglichen Preisen, lautete das Motto.

Doch der Finanzholding Callahan NRW ging die Puste aus -- sie meldete Insolvenz an. Die Kunden für die neuen Dienste blieben aus. Mit einem neuen Geschäftsplan versucht die Tochterfirma ish das Ruder herumzureißen. "Das Kabel in Deutschland ist eine traurige Geschichte", sagt Telekom-Experte Torsten Gerpott von der Universität Duisburg. Die Kabelnetzbetreiber brauchen langfristige Kapitalgeber.

Gerpott führt die Probleme vor allem auf die unattraktive Kabelstruktur zurück. Die Netze der Telekom erreichen nämlich nur bei einem Drittel der angeschlossenen 18 Millionen Haushalte direkt den Endkunden. Bei den übrigen sind Wohnungsgesellschaften, Hauseigentümergemeinschaften und andere Kabelnetzanbieter wie Telecolumbus, Primacom oder EWT.TSS auf der so genannten Netzebene 4 dazwischen geschaltet. Notwendig sind deshalb Kooperationen, damit die Betreiber wie Liberty oder ish ihre Produkte bei den Endkunden vermarkten können.

Liberty Media wollte deshalb auch auf der Netzebene 4 zukaufen und wurde von den Kartellwächtern zurückgepfiffen. Sie forderten außerdem, wie Callahan es in NRW versprochen hatte, einen schnellen Ausbau der Kabeltelefonie, damit die Telekom im Ortsgeschäft Konkurrenz bekommt. Erreicht haben die Wettbewerbshüter nichts: Liberty-Chef John Malone zog sich zurück, Callahan ist pleite und die Telekom hat weiterhin keinen starken Konkurrenten im Ortsgeschäft.

"Wir leiden unter dem Negativ-Image in der Branche", sagt Dietmar Schickel, Geschäftsführer von Telecolumbus. Die Firma ist bundesweit einer der größten Kabelnetzbetreiber auf der Netzebene 4. "Wir setzen auf das Breitbandkabel und sehen eine hervorragende Zukunft in diesem Markt", beteuert Schickel. Peter Stritzl, Geschäftsführer des Kabelbetreibers EWT.TSS, stimmt zu: "Am Breitbandkabel geht nichts vorbei." Das Telekom-Netz müsse zu Gunsten der Verbraucher verkauft werden, fordert er.

Der Verband Privater Kabelnetzbetreiber ANGA geht inzwischen einen anderen Weg: Die regionalen Kabelgesellschaften der Telekom, von ish (NRW und Baden-Württemberg) und iesy (Hessen) sollten ihre über 1000 Netze einzeln verkaufen, weil die Regionalisierung gescheitert sei. Die ANGA-Mitglieder seien bereit, lokal zu realistischen Preisen zuzukaufen. Doch bei der Telekom kommen solche Ideen überhaupt nicht an. "Wir sind zuversichtlich", sagt ein Telekom-Sprecher, "einen Teil der Regionalgesellschaften bis zum Jahresende zu verkaufen". (Peter Lessmann, dpa) / (anw)