Die Telekom, die T-Aktie und der Tag nach dem Sommertheater

Kaum ist der neue Telekom-Chef ernannt, sieht er sich mit einer heftigen Diskussion um seine Person konfrontiert -- und mit andauernden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft.

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Von
  • Jürgen Kuri

Kaum ist der neue Telekom-Chef ernannt, sieht er sich mit einer heftigen Diskussion um seine Person konfrontiert. Nachdem am gestrigen Dienstag Ron Sommer doch das Handtuch warf, ernannte der Telekom-Aufsichtsrat den ehemaligen Aufsichtsratschef Helmut Sihler zum neuen Vorstandsvorsitzenden und Technik-Vorstand Gerd Tenzer zu seinem Stellvertreter. Sihler muss sich auch mit weiteren Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen der Neubewertung des Immobilienvermögens auseinandersetzen. Unbeeindruckt zeigten sich davon erst einmal die Investoren: Die T-Aktie kletterte auf dem Frankfurter Parkett am Vormittag vergnügt -- nach oben.

Nach Ansicht der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) allerdings wird Sihler dem Unternehmen nicht weiterhelfen können. "Er ist die pure Interimslösung. Und Interimslösung heißt ja immer Stillstand", sagte der DSW-Hauptgeschäftsführer Ulrich Hocker in einem dpa-Gespräch. Er sehe den am Dienstag von Sihler und dem Aufsichtsrat angekündigten Konsolidierungskurs kritisch. "Wie man in einem halben Jahr einen konsequenten Schuldenabbau hinkriegt, will ich mal sehen", so Hocker. Der Großaktionär Bund stünde jetzt in der Pflicht, dem Unternehmen mit einer Kapitalerhöhung unter die Arme zu greifen.

Die für das nächste halbe Jahr angekündigte Suche nach einem neuen Vorstandschef werde sich schwierig gestalten. "Wer will diesen Albtraumjob machen?", meinte der Aktionärsvertreter in Anspielung auf den politischen Druck um die Sommer-Ablösung. In der vergangenen Woche hatten bereits mehr als ein Dutzend Manager abgelehnt, den Job an der Spitze von Europas größtem Telekom-Konzern zu übernehmen. Hocker sagte, eine gute Lösung wäre gewesen, "man hätte Sommer für eine Übergangszeit noch walten lassen". Doch der Aufsichtsrat habe dem "öffentlichen politischen Druck" nachgegeben. Durch das Gerangel um Sommer seien die Telekom, die Vermögenswerte der Aktionäre sowie der deutsche Finanzmarkt schwer beschädigt worden.

Ganz anderer Ansicht als die Aktionärsschützer ist der Vizepräsident und ehemalige Chef des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Hans-Olaf Henkel. Der Manager, nie um harsche Kritik an Zuständen verlegen, die ihm nicht gefallen, hat den Führungswechsel an der Spitze der Telekom begrüßt: "Die Entscheidung ist sehr gut für die Situation", sagte Henkel im Deutschlandfunk. In Helmut Sihler habe man einen kompetenten und erfahrenden Wirtschaftsführer als vorläufigen Konzernchef, der zudem das Unternehmen sehr gut kenne, lobte Henkel den neuen Telekom-Chef. "Unter ihm ist Gerd Tenzer, der sehr viel kann und dem Unternehmen loyal erhalten bleibt. Und dann haben wir einen sehr gut agierenden Aufsichtsratsvorsitzenden, der sich nie in der Öffentlichkeit geäußert hat." Damit sei die Telekom-Spitze in einer sehr guten Lage, zeigte sich Henkel erfreut. Sie habe sechs Monate Zeit, sich über die Bundestagswahl hinaus einen neuen Chef zu suchen. "Die Situation heute gibt dem Aufsichtsrat ein Maximum an Flexibilität und ich muss doch den Hut vor der Weisheit des Aufsichtsratsvorsitzenden ziehen, es letztendlich so zu gestalten."

Derweil gab es schlechte Nachrichten aus der Justiz für die neue Telekom-Führung: Die Bonner Staatsanwaltschaft ermittelt weiter gegen die Manager. Sie geht dem Verdacht einer möglichen Falschbewertung des Immobilienvermögens nach. Ein Ende dieser Ermittlungen sei nicht abzusehen, sagte Oberstaatsanwalt Fred Apostel gegenüber dpa. Sie richteten sich nach zahlreichen Anzeigen von Aktionärsseite gegen den früheren Vorstand wie auch den Aufsichtsrat. Damit ist auch der neue Übergangschef Helmut Sihler einbezogen, der bis 2000 den Vorsitz des Kontrollgremiums innehatte. Die Aktionsgemeinschaft geschädigter T-Aktionäre hatte in ihrer Strafanzeige bereits Helmut Sihler explizit erwähnt. Die Telekom hatte die Vorwürfe stets zurückgewiesen, Ron Sommer gab in der Diskussion Anfang 2001 den Medien die Schuld am rapiden Kursverfall der T-Aktie -- der damalige Kurs des Papiers erscheint mit rund 25 Euro angesichts des heutigen Kurses, der sich am Mittwochmittag mit 6,13 Prozent im Plus bei 11,60 Euro bewegt, geradezu erfreulich.

Siehe zu der Entwicklung bei der Telekom auch: (jk)