Unklarheiten zwischen der NASA und Russland: Was ist mit der ISS nach 2028?

Russland hat sich bislang nur bis 2028 zur ISS verpflichtet. Noch ist unklar, was danach passiert, denn russische Module halten die Raumstation auf Kurs.

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ISS über der Erde bei Sonnenuntergang

(Bild: NASA)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Frank Schräer

Das Ende der Internationalen Raumstation ISS ist erst für 2030 geplant und fast alle beteiligten Weltraumagenturen haben ihre Unterstützung bis dahin zugesagt, Russland allerdings nur bis 2028. Ob sich die russische Weltraumbehörde Roskosmos ebenfalls bis Ende 2030 beteiligt, ist noch unklar. Sollten sich die Russen schon 2028 zurückziehen, gibt es einige offene Fragen zu klären, bevor die ISS im Januar 2031 in den Pazifik stürzt.

Denn russische und US-amerikanische Module der ISS sind voneinander abhängig und sorgen zusammen für den Erhalt und der Betrieb der Raumstation. Während der amerikanische Teil der ISS für die Stromversorgung und die Orientierung der Labore ohne den Einsatz von Raketentreibstoff sorgt, sind die russischen Segmente dafür verantwortlich, die ISS auf Höhe zu halten und Weltraumschrott auszuweichen. Doch was passiert, sollte Russland hier 2028 die Arbeit einstellen?

Schließlich ist das Ende der ISS erst für Anfang 2031 vorgesehen, doch Russland will sich nur bis 2028 an der Raumstation beteiligen. Das lässt eine Lücke von zwei Jahren, über die sich die NASA schon jetzt Gedanken macht. "Wir haben diese Unsicherheit, von 2028 bis 2030, mit Roskosmos", sagte Robyn Gatens letzte Woche. Der Leiter des ISS-Programms bei der NASA hofft laut Ars Technica aber auf eine Fortsetzung der Zusammenarbeit: "Wir gehen davon aus, dass wir im Laufe der nächsten ein bis zwei Jahre von ihnen zu ihren Folgeplänen hören werden und hoffen, dass diese ebenfalls bis 2030 reichen."

Sollte dies allerdings nicht der Fall sein, wenn sich etwa die Spannungen zwischen Russland und der NATO aufgrund des Ukraine-Konflikts verschärfen, muss es einen Notfallplan für die ISS geben. Das Deorbit Vehicle von SpaceX, das die ISS aus dem Orbit holen soll, könnte schon 2029 zur Verfügung stehen, sodass die ISS früher beerdigt werden könnte. Bislang ist die letzte Astronautenmission zur ISS für Ende 2029 geplant, wobei die Wissenschaftler für rund ein Jahr auf der Raumstation bleiben und dann das Licht ausmachen sollen.

Internationale Raumstation (8 Bilder)

Die Crew. BIld: Nasa

Derzeit denken die führenden Köpfe der NASA noch über alle Eventualitäten nach. "Viel hängt davon ab, was passiert, sollte das russische Team beschließen, nicht über das Jahr 2028 hinauszukommen", sagte Ken Bowersox, stellvertretender Administrator für Weltraumoperationen bei der NASA vor wenigen Tagen. "Ist das ein abrupter Abbruch, bei dem sie alle Lichter ausschalten und nicht einmal mehr für Antrieb sorgen? Oder sorgen sie vielleicht noch für Antrieb, aber wir müssen etwas anderes tun, um das auszugleichen, oder fliegen sie (ihre Module) weg? Das ist am unwahrscheinlichsten – sie fliegen ihr Segment weg. Ob es ein abrupter Abbruch ist oder ob sie weiterhin ein Mindestmaß an Unterstützung bieten, das beeinflusst unser Handeln ziemlich stark."

Zudem könnte die NASA die ISS noch über das Jahr 2030 hinaus weiterbetreiben und die Pläne für den kontrollierten Absturz verschieben. Momentan arbeitet die US-Weltraumbehörde an ISS-Alternativen, um die Weltraumforschung ohne Unterbrechung fortsetzen zu können. Bereits 2021 stellte die NASA 400 Millionen US-Dollar für die Entwicklung privater Raumstationen bereit. Sollten diese auch für 2030 weiterhin nicht in Sicht sein, ist ein verlängerter ISS-Betrieb nicht auszuschließen.

Russland selbst würde durch einen ISS-Ausstieg sein Programm zur bemannten Raumfahrt praktisch einstellen. Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass die Russen innerhalb der nächsten vier Jahre eine eigene Raumstation starten, sodass die Sojus-Raumkapseln keine Ziele mehr hätten. Und obwohl Russland und China bei der Weltraumforschung zuletzt stärker zusammenarbeiten, ist die chinesische Raumstation Tiangong von russischen Startrampen nicht erreichbar. Deshalb ist die NASA noch zuversichtlich, dass sich Roskosmos weiter an der ISS beteiligen wird.

(fds)