Verbraucherverbände warnen vor "Placebo"-Datenschutz

Vor den Verhandlungen der Regierungsparteien über die Datenschutznovelle warnen Daten- und Verbraucherschützer davor, die geplante Neuregelung des Datenschutzes durch Ausnahmeregelungen aufzuweichen und fordern einen Paradigmenwechsel.

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Vor den Verhandlungen der Koalition über die anstehende Novelle des Datenschutzgesetzes hat der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) die Regierungsparteien aufgefordert, beim Datenschutz nicht einzuknicken. "Das ist der Lackmustest für die Ernsthaftigkeit der Großen Koalition in Sachen Datenschutz", mahnte vzbv-Vorstand Gerd Billen am heutigen Dienstag in Berlin. Der Regierungsentwurf und die Beschlüsse des Datenschutzgipfels müssten jetzt konsequent umgesetzt werden.

Knackpunkt aus Sicht der Verbraucherschützer ist das sogenannte Listenprivileg, das die Verwendung personenbezogener Daten wie Adressangaben zu Zwecken der Werbung, Markt- und Meinungsforschung ohne Einwilligung der Verbraucher erlaubt. Zunächst war im Regierungsentwurf vorgesehen, dass die Weitergabe persönlicher Daten zu diesen Zwecken nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Verbrauchers zulässig sei. Diese Hinwendung zu einem Opt-In-Verfahren würde das Ende des Listenprivilegs bedeuten. Das stößt in der Wirtschaft und Teilen der Union auf erbitterten Widerstand.

Insbesondere Verlage, Versicherungen und Marktforscher laufen Sturm gegen die Streichung des Listenprivilegs. Die Wünsche dieser Branchen nach einer Ausnahmeregelung könnten nun bei der Großen Koalition auf fruchtbaren Boden fallen, warnt der vzbv. Die Verbraucherschützer befürchten eine "Placebo-Gesetzgebung". So sprächen sich Teile der Koalition dafür aus, die Nutzung von Listendaten auch zu gestatten, wenn die Herkunft der Daten kenntlich gemacht wird. "Diese Ausnahmen darf es nicht geben", fordert Billen. Auch der schleswig-holsteinische Datenschutzbeauftragte Thilo Weichert hatte die Verzögerungen durch die Wirtschaftslobby beklagt und gewarnt, die Änderungen führten zu einer unzureichenden "Rumpfregelung".

Zudem drohe der angestrebte Paradigmenwechsel bei Einwilligungserklärungen, die etwa im Kleingedruckten versteckt und den Verbrauchern so untergejubelt werden, zu scheitern. Auch dies sollte durch die Einführung der ausdrücklichen Einwilligung geändert werden. Abgeordnete der Koalitionsfraktionen wollten dies aus dem Gesetz streichen, warnen die Verbraucherschützer. Gleichzeitig fordern sie, dass Datenschutzverstöße künftig konsequenter verfolgt und geahndet werden müssten. Dafür sollten die Klagebefugnisse der Verbraucherorganisationen erweitert werden.

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(vbr)