E-Fuels: Verkehrsminister Wissing will am Verbrenner weiter festhalten

Die Begeisterung für die Fortbewegung auf vier Rädern steigt laut Wissing. Die Langfristprognose sei eindeutig. Die EU müsse eine Option für E-Fuels aufzeigen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 212 Kommentare lesen
Blue,Luxury,Suv,Car,Fueling,At,Gas,Station.,Refuel,Fill

(Bild: Fahroni/Shutterstock.com)

Lesezeit: 5 Min.
Inhaltsverzeichnis

Die Begeisterung für die Fortbewegung auf vier Rädern steigt laut Minister Wissing. Die Langfristprognose sei eindeutig. Die EU müsse eine Option für E-Fuels aufzeigen. Volker Wissing, Bundesminister für Digitales und Verkehr, hat seinen Entschluss bekräftigt, kommende Woche in Brüssel im EU-Rat nicht einfach für ein Aus des Verbrennermotors nach 2035 zu stimmen. "Wir müssen einen Weg finden, wie wir mit der Bestandsflotte umgehen", betonte der FDP-Politiker am Mittwoch bei einer Talkrunde im Telefónica-Basecamp in Berlin. Um diese klimaneutral zu machen, gebe es "keine Alternative zu synthetischen Kraftstoffen" wie E-Fuels. Diese werden unter hohem Energieaufwand mithilfe von Strom aus Wasser und Kohlendioxid produziert. "Wir haben die EU-Kommission gebeten, einen Vorschlag zu machen", begründete Wissing seine Haltung. Dem sei sie einfach nicht nachgekommen.

Generell werde sich die Rolle des Autos "wenigstens bis 2050" nicht verändern, verwies der Minister auf eine von seinem Haus in Auftrag gegebene, bislang unveröffentlichte Studie: "Die Langfristprognose spricht eine klare Sprache." Das Auto sei "hochattraktiv", da es "totale Flexibilität" verspreche. Zudem könne man "Dinge drin liegen lassen". Viele Menschen schätzten auch den gebotenen "geschützten Raum". "Wir haben kontinuierlich steigende Zulassungszahlen", hob der Jurist vor. Diese seien nicht auf einen Umstieg auf die Elektromobilität zurückzuführen, sondern auf die "Begeisterung für dieses Fortbewegungsmittel".

Vor allem in der Fläche sei das Auto alternativlos und habe möglicherweise seinen "Höhepunkt noch lange nicht erreicht", meinte der Pfälzer. Für ihn sei es auf dem Lande "das Tor zur Freiheit" gewesen. Bei einer "Verknappung von Mobilität" mache er nicht mit, da es sich um ein "Grundbedürfnis einer freien Gesellschaft" handle. Er könne sich aber vorstellen, dass Menschen auch im ländlichen Raum mit dem Auto nicht mehr Hunderte Kilometer am Stück führen. "Mobilitäts-Hubs", von denen aus man eine optimale Verbindung habe, könnten einen Umstieg auf Busse und Bahnen erleichtern. Deswegen sei er auch für das Deutschlandticket, "damit der Wechsel nicht am Tarifdschungel scheitert". Dieses müsse aber digital sein, um Daten zu liefern und etwa sie Auslastung von Zügen messen zu können.

Fest geht Wissing davon aus, dass E-Fuels auch skalierbar in ausreichender Menge produzierbar sind. Schließlich stehe eine Zunahme des Flugverkehrs ebenfalls an. Dort seien synthetische Kraftstoffe genauso nötig wie für die Schifffahrt. Zu welchem Preis E-Fuels einmal verfügbar sein könnten, wisse er nicht. Das bleibe dem Markt überlassen. Den Hochlauf der E-Mobilität will er parallel fördern. Ein E-Auto koste im Schnitt aber 53.000 Euro, was gerade für junge Leute ein Problem darstelle. Bei Genehmigungsverfahren für Ladesäulen müsse der Staat schneller werden, um die Zielmarke von einer Million bis 2030 zu erreichen. Das Stromnetz sollte aber mitwachsen, wo seine Fachleute in Sorge seien.

Für das autonome Fahren, das die Mobilität ebenfalls umgestalten könnte, hat der Gesetzgeber dem 52-Jährigen zufolge "alle rechtlichen Voraussetzungen geschaffen". Im öffentlichen Straßenverkehr sei dies aber noch eine Herausforderung, an die sich noch keiner richtig herangetraut habe. Die Technologie fehle aber nicht, denn autonomes Fahren sei längst "Alltag in vielen Bereichen" wie in der Landwirtschaft, wo sich die Traktoren auf den Feldern selbst steuerten. Der Güterverkehr werde zudem massiv zulegen, wofür die Infrastruktur angepasst werden müsse.

Einen anderen Ansatz vertrat Constantin Schwaab, Co-Gründer und CEO des Start-ups Wirelane, das Komplettlösungen für den Betrieb von Ladeinfrastruktur anbietet. "Ich besitze überhaupt kein Auto", erklärte der Münchner. Seine fünfköpfige Familie käme damit gut zurecht. Es werde zwar noch lange einen Bedarf an solchen Fahruntersätzen geben, in Städten hätten Autos aber "überhaupt nichts zu suchen". Die dortigen Bürger seien bereit, diesen "Fetisch" aufzugeben. Für die Industrie werde es sich ferner bald nicht mehr lohnen, andere Antriebsarten jenseits von Strom zu entwickeln. Der entsprechende Kipppunkt sei näher als viele dächten.

Bei Wissing beklagte sich Schwaab, schon vor Jahren Fördermittel für den Ladestellenausbau beantragt zu haben, von denen aber noch kein Cent geflossen sei: Die zuständige "Bundesanstalt für Verwaltungsdienstleistungen ist genauso spritzig wie sie klingt". Der Angesprochene räumte ein: "Wir müssen reden", er sei damals aber noch nicht für das Antragsverfahren zuständig gewesen. Als weiteren Schildbürgerstreich kritisierte Schwaab, dass Ladesäulen ab 1. Juli mit einem Kartenleser nebst PIN-Pad ausgestattet sein müssen. Dies verteure die Sache unnötig. Tesla habe er verklagt, weil dessen Chef Elon Musk hierzulande ungeeichte Supercharger seit zwei Jahren illegal betreibe. Es könne nicht sein, dass sich hiesige Unternehmen dem deutschen Eichrecht beugen müssten, Tesla aber tun und lassen dürfe, was es wolle.

(olb)