Vortäuschen einer Krankheit kann zur Kündigung führen

Auch ein Arztattest schützt nicht vor Kündigung, wenn die angebliche Krankheit nur vorgetäuscht wurde.

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Von
  • Marzena Sicking

Täuscht ein Arbeitnehmer eine Krankheit vor, kann das ein Grund für eine fristlose Kündigung sein. Das gilt auch für den Fall, dass ein Arzt per Attest die angebliche Krankheit bescheinigt hat, wie ein jetzt veröffentlichtes Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Rheinland-Pfalz (vom 11. Juli 2013, Az.: 10 Sa 100/13) zeigt.

Geklagt hatte ein 59-jähriger Arbeitnehmer, der seit 17 Jahren für seinen Arbeitgeber tätig war. Gesund ist der Mann tatsächlich nicht: Seit 1996 leidet er unter chronischem Bluthochdruck. In der Zeit vom 20. Juni 2012 bis einschließlich 29. Juni 2012 wurde er von seinem Arzt krankgeschrieben.

Der arbeitsunfähige Arbeitnehmer hatte von Symptomen wie zunehmendem Herzrasen, Atemnot und einer starken Zunahme von Wasser in den Beinen berichtet. Schon allein das Gehen würde ihm erhebliche Probleme bereiten, er sei erschöpft und müsse sich ständig ausruhen. Sein Pulsschlag gehe schon bei normalem Treppensteigen auf ca. 120 Schläge pro Minute hoch. Der Arzt diagnostizierte eine "Belastungsdyspnoe sowie Verdacht auf koronale Herzerkrankung" und attestierte ihm vorübergehende Arbeitsunfähigkeit.

Doch der Gesundheitszustand schien sich schnell zu bessern, denn beim Arbeitgeber gingen mehrere Hinweise darauf ein, dass der Mann während seiner Krankschreibung im Wohnhaus seiner Tochter Renovierungsarbeiten durchführen würde. Der Arbeitgeber beauftragte daraufhin einen Detektiv mit der Observierung des Klägers. An den drei Tagen, an denen er beschattet wurde – es waren die letzten drei Tage der Krankschreibung – wurde er jeweils bis zu neun Stunden auf der Baustelle gesehen.

Als der Arbeitnehmer nach Beendigung der angeblichen Arbeitsunfähigkeit wieder ins Unternehmen kam, wurde er mit den Beobachtungen der Detektei konfrontiert und zu den Vorwürfen befragt. Er räumte einen Teil der Vorwürfe ein und erklärte, sein Gesundheitszustand habe sich durch die Einnahme der Medikamente wesentlich gebessert, weshalb er sich zum Ende der Krankschreibung in der Lage gefühlt habe, leichte körperliche Arbeiten zu verrichten. Sein Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis, fristlos und schickte rein vorsorglich noch eine ordentliche Kündigung zum nächstzulässigen Termin hinterher.

Der Arbeitnehmer legte Kündigungsschutzklage ein, der das zuständige Arbeitsgerichts zuächst stattgab. Doch das Landesarbeitsgericht hielt die Kündigung in der Berufung für wirksam. Es könne durchaus einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Absatz 1 BGB für eine fristlose Kündigung darstellen, wenn der Arbeitnehmer eine Krankheit vortäuscht und der Arbeit fern bleibt. Das gilt auch, wenn die angebliche Krankheit mit einem ärztlichen Attest bestätigt wurde. Denn auch der dringende Verdacht, dass der Arbeitnehmer sich die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mit unlauteren Mitteln erschlichen hat, könne einen wichtigen Grund zur Kündigung darstellen.

Wie die Richter weiter erklärten, habe sich ein arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer außerdem so zu verhalten, dass er bald wieder gesund wird und an seinen Arbeitsplatz zurückkehren kann. Er hat alles zu unterlassen, was seine Genesung verzögern könnte und auf die schützenswerten Interessen des Arbeitgebers, die sich aus der Verpflichtung zur Entgeltfortzahlung ergeben, Rücksicht zu nehmen. Eine schwerwiegende Verletzung dieser Rücksichtnahmepflichten könne eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund rechtfertigen. Diese sahen die Richter als gegeben an, denn bei den handwerklichen Tätigkeiten, die der Kläger auf der Baustelle verrichtet hatte, habe es sich nicht um „leichte“, sondern um mindest mittelschwere körperliche Arbeiten gehandelt. Das lasse sich kaum mit dem vom Kläger geschilderten Krankheitsbild in Einklang bringen. ()