Weltraumsimulation Star Citizen: Traum und Wirklichkeit

Seite 3: Vetternwirtschaft

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Sandi Gardiner ist ein weiterer wunder Punkt für manche Beobachter des Star-Citizen-Projektes. Obwohl Roberts Frau mit den gemeinsamen Kindern des Paares eindeutig in Werbe-Videos der ursprünglichen Star-Citizen-Kampagne auftaucht, hatte Roberts lange Zeit abgestritten, dass er und Gardiner verheiratet sind. Und dass, obwohl er sie 2009, nach einer Trennung im Jahr 2005, sogar schon ein zweites Mal geheiratet hatte. Bevor Gardiner Marketing-Chefin und Mitgründerin von Cloud Imperium Games wurde, war die gebürtige Australierin als wenig erfolgreiche Schauspielerin in Hollywood unterwegs. Sie kam im Zuge von Nepotismusvorwürfen rund um Star Citizen unter Feuer, nachdem sie in einem (mittlerweile gelöschten) Video behauptet hatte, zwei Abschlüsse in Ökonomie zu führen, für die sich allerdings keine Beweise in öffentlichen Quellen aufbringen ließen

Stattdessen gruben Star-Citizen-Kritiker, man könnte sie getrost auch als Trolle bezeichnen, Softcore-Pornografie aus, an der Gardiner in ihrer Jugend augenscheinlich beteiligt war. Nun beruft Forbes sich auf Gerichtsakten, die belegen, dass Roberts 2007 ein Kontaktverbot gegen Gardiner erwirken lies, nachdem diese unberechtigt das Haus betreten hatte, in der Roberts zu dieser Zeit mit einer anderen Frau lebte. Auch andere Spitzenkräfte der Firma hinter dem Star-Citizen-Projekt könnten zu denken geben. So leitet Chris Roberts Bruder Erin das Entwickler-Studio der Firma in England.

Der deutsche Anwalt Ortwin Freyermuth, ein langjähriger Freund von Chris Roberts, ist Rechtsvertretung und Vizechef bei Cloud Imperium Games. Er versichert öffentlich "dass jeder Cent der Fans in die Entwicklung des Spiels fließe und die Firma weit davon entfernt sei, Gewinn zu machen." Freyermuth ist seit den 1990ern in der Gesellschaft der Hollywood-Filmemacher erfolgreich unterwegs. Er hat jahrelang sein Geld in jenen Gewässern verdient, in denen Millionen an deutscher Filmförderung versickerten.

Roberts kennt Freyermuth aus dessen Hollywood-Zeit, als sich der Spiele-Entwickler von seinem eigentlichen Handwerk abwandte und ein paar wenig erfolgreiche Filme produzierte – unter anderem den unvergessen schlechten Wing-Commander-Kinofilm und den nicht viel besseren Beowulf-Abklatsch Outlander. Auch Filme von Roberts Hollywood-Studio Ascendant Pictures wurden damals zum Teil mit deutschen Investmentgeldern finanziert, heißt es. Bis ein großer Steuerbetrugsfall dem Trick mit der abschreibbaren Filminvestition ein jähes Ende bereitete. Teile des Spiele-Budgets für Freelancer sollen ebenfalls in den Wing-Commander-Film geflossen sein, sagen einige von Roberts Ex-Partnern bei Microsoft damals. Wohl weil Roberts immer seine ganze Energie auf das verwendet, was er gerade unbedingt machen will – und damals waren das statt Videospielen halt Hollywood-Filme.

Freyermuth ist als Rechtsvertretung von Cloud Imperium Games vor allem mit Drohbriefen in Erscheinung getreten, zum einen gegen Derek Smart, zum andern gegen den Escapist wegen besagtem Artikel. Smart hat nach eigenen Angaben keine Angst vor den rechtlichen Schritten von Cloud Imperium Games und die Firma scheint es in der Tat auch nach Jahren nicht geschafft zu haben, dem aufmüpfigen Spiele-Entwickler auch nur in einem Fall den Mund zu verbieten – bei Smart war der Haifisch wohl eher zahnlos.

Spricht man mit Ex-Entwicklern aus den fünf Studios, die an Star Citizen arbeiten, ergibt sich immer wieder das gleiche Bild: Viele dieser Entwickler bescheinigen Roberts, ein schlechter Boss zu sein. Er soll viel zu viel Zeit mit Micro-Management vergeuden und sich zu oft umentscheiden, wenn ihm plötzlich eine neue Inspiration zu einem Feature kommt, an dem bereits gearbeitet wird – oder schlimmer noch: das bereits fertig ist. Diese Entwickler bemängeln, dass auf diesem Weg sehr viel Zeit und Arbeit dabei drauf geht, Teile des Spiels neu zu entwickeln, die bereits fertig waren. Was vielleicht auch erklärt, warum die Entwickler sieben Jahre nach der Crowd-Funding-Kampagne noch nicht mal eins von ganzen hundert versprochenen Sternensystemen komplett fertig haben.

Glaubt man diesen Ex-Mitarbeitern, auch beim Star-Citizen-Entwicklerstudio in Frankfurt, so scheint das Hauptproblem zu sein, dass Roberts der oberste Chef aller Studios und gleichzeitig des Publishers des Spiels ist. Er hat also niemanden über sich, der ihn dazu zwingen könnte, ein Verhalten zu beenden, das Zeit und Geld verschwendet. Niemand, der den Weltraumspiele-Gott dazu bringt, sich stattdessen darauf zu konzentrieren, Star Citizen in einen Zustand zu bekommen, in dem es der Öffentlichkeit als fertiges Spiel präsentiert werden kann.

Niemand der Mitarbeiter oder Ex-Mitarbeiter von Cloud Imperium Games möchte mit dieser Meinung zitiert werden. Zum einen wohl, weil das Non-Disclosure-Klauseln diverser Verträge brechen würde, wohl aber auch weil dann die Karriere des entsprechenden Entwicklers zu Ende wäre. Am Ende des Tages ist die Video-Spiele-Branche eine ziemlich kleine und kein Arbeitgeber mag Mitarbeiter, die Firmeninterna verraten. Die geballte Häufung der Vorwürfe deuten allerdings in vieler Hinsicht darauf hin, dass an den Beschwerden wenigstens ein kleines bisschen Wahrheit dran ist. Ein Schluss, zu dem jetzt auch die Forbes-Schreiber gekommen sind.