Wissing: Kupfer-Glas-Migration "dringendes Thema"
Die Debatte über die Abschaltung des Kupfernetzes der Telekom bewegt die Branche. Die Wellen schlagen hoch – zu hoch, findet der Chef der Bundesnetzagentur.
Bundesdigitalminister Volker Wissing (parteilos) sieht in der anstehenden Abschaltung der Kupferzugangsnetze der Deutschen Telekom "eines der dringendsten Themen" der nächsten Jahre. "Dabei wollen wir den Weg dahin möglichst diskriminierungsfrei gestalten", sagte Wissing am Donnerstag auf der Jahrestagung des Bundesverbandes Breitbandkommunikation (Breko) in Berlin.
Die Migration von Kupfer auf Glas beschäftigt die Branche, weil Interessen der Deutschen Telekom frontal mit jenen der Wettbewerber kollidieren. Während die Telekom ihre VDSL-Kunden gerne auf ihre eigene Glasfaser-Infrastruktur migrieren möchte, fürchten andere Netzbetreiber, dass dadurch die traditionell starke Marktmacht des ehemaligen Staatsbetriebs ins Glasfaserzeitalter fortgeschrieben wird.
Kontroverse Debatte
Die Debatte wird mit zunehmender Schärfe geführt. Erst am Mittwoch hat Telekom-Deutschlandchef Srini Gopalan der Konkurrenz vorgeworfen, ihr ginge es nur um einen "Zwangsanbieterwechsel" – und die Debatte lenke nur vom Wesentlichen ab: dem dringend notwendigen Netzausbau.
Chefregulierer Klaus Müller, der bei der Kupfer-Glas-Migration eine entscheidende Rolle spielt, ist kein Freund der vehementen Zankerei und ruft die Branche zur Ordnung. "Diese kontroverse Debatte und Begriffe wie Zwangsabschaltung sind nicht hilfreich", mahnt Müller. "Das sind Begriffe, die schüren Ängste, und das ist nicht das, was wir für den Glasfaserausbau brauchen."
Mit Blick auf die unterschiedlichen Interessenlagen glaubt Bundeskartellamtschef Andreas Mundt, dass der Markt es nicht alleine richten wird. "Das wird der Wettbewerb nicht lösen", sagte Mundt. "Solche Migrationsprozesse benötigen ein Change Management." Das wäre dann die Rolle, die Behörden wie dem Bundeskartellamt und der Bundesnetzagentur zukommt.
"Das schwierige ist im Moment, erstmal die Fakten zu klären", sagte Mundt mit Blick auf den Überbau. Kommt dann ein Unternehmen mit einer besonders starken Marktmacht ins Spiel, muss eine Behörde diesem missbräuchliches Vorgehen auch nachweisen können. "Das ist nicht immer so einfach."
Der blockierende Handtuchwurf
"Nur weil es jemandem nicht passt, ist es nicht gleich illegal", ergänzte Müller. "Die Frage ist doch, gibt es einen missbräuchlichen oder strategischen Überbau." Das ist rechtlich nicht immer ganz greifbar, weshalb Mundt eine Gesetzesänderung für nötig hält. "Handtuch werfen und blockieren ist nicht das, was wir haben wollen."
Für eine Gesetzesänderung sind Bundesregierung und Parlament gefragt. Mit Blick auf die anstehenden Neuwahlen dürfte das dauern. Bis dahin ist Wissing der zuständige Minister. Er plädiert dafür, das "TK-Netzausbau-Beschleunigungs-Gesetz", das derzeit in der Luft hängt, noch vor der Wahl zu verabschieden. "Deutschland ist auf dem Weg in die Gigabit-Gesellschaft, wir müssen aber am Ball bleiben", sagte Wissing. "Aufschub können wir uns nicht leisten."
(vbr)