Zehn Jahre OpenBSD

Mit OpenBSD feiert heute ein Unix-Derivat das zehnjährige Jubiläum. Die BSD-Variante zeichnet sich durch gründliche Inspektion des Sourcecodes jedes einzelnen Bestandteils aus und gilt als besonders sicher.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 195 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Mattias Hermannstorfer

Heute vor genau zehn Jahren erblickte Theo de Raadts BSD-Variante respektive NetBSD-Ableger OpenBSD das Licht der Welt -- und das gleich in Version 1.1. Die "Berkeley Software Distribution" entstand in den 1970er-Jahren als Unix-Variante an der University of California at Berkeley (UCB). Sun-Mitbegründer Bill Joy gab 1977 eine modifizierte Zusammenstellung der damals frei verfügbaren Unix-Quellen der AT&T Bell Labs als 1BSD an andere Universitäten heraus.

OpenBSD ist eine der drei bekannten Varianten der 4.4BSD-Lite2-Distribution und damit der ersten wirklich freien BSD-Version von 1995. Während FreeBSD die Intel-Architektur bevorzugt bedient und NetBSD die meisten Plattformen unterstützt, haben sich die OpenBSD-Entwickler zum Ziel gesetzt, durch gründliches Auditing des Quelltexts höchste Sicherheit zu erreichen, auch wenn der ursprüngliche Grund für die Abspaltung von NetBSD wohl eher in der Persönlichkeitsstruktur von Chefentwickler Theo de Raadt zu suchen ist. Am ersten November wird OpenBSD in der Version 3.8 erscheinen, die eine bessere Hardware-Unterstützung und rundum aktualisierte Software-Komponenten, darunter OpenSSH 4.2 bietet.

Um die Geschichte der BSD-Unixe von Anfang an kompliziert zu halten: OpenBSD 1.1 stammt von NetBSD 1.0 ab, das ursprünglich aus den Quellen der BSD-Variante 4.3BSD von 1986 entstand, also noch Original-Unixcode von AT&T enthielt. Erst BSD Net/2 war der um Unix-Code von AT&T bereinigte Sourcecode der Berkeley Software Group und damit die Grundlage für den FreeBSD-Vorgänger 386BSD und das kommerzielle BSD/OS, dessen Mutter BSDi sich mit Unix-Lizenzgeber AT&T einen zweijährigen Rechtsstreit lieferte. Bis zur Klärung im Januar 1994 verhinderte eine einstweilige Verfügung die freie Distribution von BSD Net/2 und damit die Verbreitung von BSD insgesamt und begünstigte somit den Aufstieg von Linux.

Das gegenüber Net/2 fast unveränderte 4.4BSD-Lite und die endgültige Variante 4.4BSD-Lite2 bildet seither die Grundlage für die drei BSDs von heute: FreeBSD, NetBSD und OpenBSD. Als ältester BSD-Abkömmling mussten die Entwickler von NetBSD die meisten Änderungen an den Quellen vornehmen.

NetBSD und FreeBSD feierten schon vor zwei Jahren das zehnjährige Bestehen. Der Erfolg von Linux hat jedoch oft zu Streit zwischen den beiden Lagern geführt. So sehen die BSD-Verfechter in ihrem System immer noch das besser integrierte und vollständige Betriebssystem, während Linux nur ein unwürdiges Gebastel darstelle. Linux-Anhänger kontern damit, dass ihr Liebling aus der Praxis für die Praxis konstruiert sei und mit einer ungleich besseren Hardware-Unterstützung aufwartet. In der Praxis erweisen sich beide Systeme jedoch meist als ebenbürtig.

Zu den von 4.4BSDLite abstammenden BSD-Unix-Derivaten siehe: