heise meets…. Schule Digital – was muss noch passieren?
Dr. Rainer Ballnus aus dem Bremer Bildungsressort: "Die Schulen haben die Digitalisierung nicht verschlafen, sondern es wurde aktiv verhindert."
Die Pandemie hat im vergangenen Jahr zahlreiche Defizite in der digitalen Bildung offengelegt, viele Schulträger und Landesverantwortliche waren auf die neuen Herausforderungen anfangs völlig unvorbereitet und überfordert.
Dr. Rainer Ballnus, Leiter Stabsstelle Digitalisierung bei der Senatorin für Kinder und Bildung Bremen, erläutert in der neuesten Ausgabe des Podcasts heise meets: "Schule von 0 auf 100 zu digitalisieren funktioniert nicht, es handelt sich um einen längeren Prozess, den viele Verantwortliche in den Jahren versäumt hatten. Nur Endgeräte anzuschaffen, ohne an die notwendige Infrastruktur wie WLAN und die digitale Ausstattung der Klassenräume zu denken wird scheitern." Bremen hingegen hat seit Jahren strategisch auf eine zentral verwaltete Schul-IT gesetzt, die auf Open-Source-Lösungen basiert und skalierbar sowie datenschutzkonform ist.
Das Motto "Viel Geld hilft viel" ist zu kurz gesprungen
"Die komplizierte föderale Struktur, macht den Beschaffungsprozess komplizierter als bei unseren Nachbarländern – zum einen liegt die Verantwortung für die Infrastruktur bei der Kommune, die für die Lehrerausstattung und Lerninhalte aber beim Land, und die Fördermittel kommen vom Bund und den Ländern. Zudem haben viele Länder ihre Kommunen zu lange in der Autonomie allein gelassen und kein einheitliches Länderkonzept verabschiedet", meint Ballnus.
Kleinere Kommunen seien teilweise mit den erforderlichen Ausschreibungen überfordert, und es fehle an Rahmenverträgen und Unterstützung bei der Beschaffung von Infrastrukturen und Supportleistungen. Für eine gute IT-Infrastruktur zwingend erforderlich sei unter anderem ein zentrales Identitätsmanagement – Bremen hat sich für Univention entschieden – sowie eine zentrale Accountverwaltung und die Passwortvergabe mit eigenständigem Zurücksetzen als erste Schritte.
"Bring Your Own Device" (BYOD) taugt nicht für Schulen
Die "dringende Empfehlung" von Ballnus lautet, sich auf ein Gerätemodell zu einigen, das für alle angeschafft wird, und es zentral zu verwalten. Die Idee, dass jeder Schüler sein eigenes Endgerät mitbringt (BYOD), habe sich in Bezug auf Steuerung, Datenschutz und Effizienz als nicht praktikabel erwiesen. Daher hat der Senat Bremen alle Schüler und Lehrer mit den gleichen Endgeräten in Form einer Leihe ausgestattet. "Nur wir können Apps installieren, das ist auch für Kinder- und Jugendschutz wichtig. Diese müssen werbefrei sein." Dafür hat Bremen ein Verfahren entwickelt, in dem alle Apps auf Datenschutz und Eignung geprüft und zentral freigegeben werden. Nur die Lehrer dürfen auf den Geräten Apps auch privat kaufen und installieren. Ein weiterer positiver Aspekt: Es kann keine soziale Benachteiligung aufgrund schwieriger finanzieller Verhältnisse geben.
Insgesamt hat Bremen 100.000 iPads als Leihgeräte beschafft. Personell wurden dafür 41 Personen zusätzlich eingestellt; für die Inhalte gibt es pro 1.000 Lehrer und im technischen Support pro 3.500 Geräte jeweils einen Betreuer. Verluste kommen selten vor; defekte oder beschädigte Geräte kommen nur wenige zurück, die Schüler gehen sehr pfleglich mit den iPads um. Zudem sehen die Eltern den Ansatz positiv, wie eine Studie über die Zufriedenheit mit den digitalen Lernangeboten zeigt, in der Bremen am besten abgeschnitten hat.
Lehrer sind nicht IT-affin, die Generation Z kann es auch nicht retten
Nach den Erfahrungen von Ballnus sind Lehrer traditionell nicht sehr IT-affin, was sich in der jungen Generation zwar geändert habe, aber nicht in Bezug auf den Einsatz im Unterricht, "da tut sie sich noch schwer". Daher setzt Bremen jetzt auf eine enge Zusammenarbeit mit den Universitäten, damit Studenten "nicht mehr durch das Studium kommen, ohne sich mit digitaler Pädagogik beschäftigt zu haben". In den vergangenen Jahren wurde von den Gewerkschaften und anderen Lehrerverbänden immer wieder gefordert, dass Lehrer eine IT-Ausstattung als Arbeitsmittel vom Land bekommen, was für Bürokräfte in Unternehmen eine Selbstverständlichkeit ist. Bremen stellt ab dem Referendariat jedem Lehrer ein Leihgerät für seinen täglichen Schulunterricht zur Verfügung.
Dr. Ballnus erläutert, dass die Entscheidungen für die digitale Bildungsinfrastruktur in Bremen nur so gefasst werden konnten, weil alle Parteien das mittrügen. Ein Geldproblem gebe es jedenfalls nicht, sagt Dr. Ballnus: "Budget ist in allen Ländern vorhanden und die ersten funktionierenden Konzepte gibt es. Es spricht nichts mehr dagegen, das Thema 'Digitale Schule' schnellstmöglich flächendeckend umzusetzen."
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(jk)