iPhone-Importverbot könnte für Samsung zum Pyrrhussieg werden

Mit einem US-Einfuhrverbot für ältere iOS-Geräte trifft Samsung eher den Stolz als die Kasse von Apple. Mit dem Punktsieg hat der südkoreanische IT-Konzern jedoch möglicherweise die Wettbewerbshüter gegen sich aufgebracht.

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Von
  • Andrej Sokolow
  • Daniel Schnettler
  • dpa

Wirtschaftlich gesehen ist das US-Importverbot des iPhone 4 keine große Sache für Apple. Der Dauerbrenner ist nach drei Jahren nur noch das günstige Einstiegsmodell auf dem Markt und dürfte ohnehin in einigen Wochen aus dem Angebot fliegen, wenn die nächste Generation des Apple-Handys vorgestellt wird. Doch der Tiefschlag für das Image ist umso schmerzhafter: Das Unternehmen, das als mutiger Innovator wahrgenommen werden will, wird im Heimatland von einer US-Behörde als Ideendieb gebrandmarkt. Und das auch noch auf Antrag des Erzrivalen Samsung, dem Apple selbst schamloses Kopieren vorwirft.

Die ITC-Entscheidung zum Importverbot für ältere iOS-Geräte

Entsprechend ausführlich fiel diesmal die Reaktion des sonst notorisch wortkargen Konzerns aus Kalifornien aus. "Samsung benutzt eine Strategie, die von Gerichten und Regulierern rund um die Welt abgelehnt wurde", sagte eine Apple-Sprecherin. Samsung habe in Europa und anderswo zugegeben, dass es gegen die Interessen der Verbraucher sei, Verkaufsverbote auf Basis von Patenten für technische Standards zu erzielen – und doch versuche es der Konzern in den USA weiter, kritisierte sie.

Tatsächlich könnte der Sieg vor der US-Handelsbehörde ITC - der bisher aufsehenerregendste Erfolg von Samsung in dem festgefahrenen Patent-Konflikt, den Südkoreanern mittel- und langfristig wenig Freude machen. Denn sie tanzen damit dem Einsatz der so genannten FRAND-Patente den Branchen-Aufsehern und Wettbewerbshütern in Europa und den USA auf der Nase herum. Die EU-Kommission hatte Samsung bereits im vergangenen Dezember vor Verkaufsverboten gewarnt, die mit FRAND-Patenten begründet werden, die zum Grundstock von technischen Standards gehören. Sie werde dies als Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln auslegen. Die Südkoreaner änderten nach diesem Schuss vor den Bug ihren Kurs und verzichteten auf den Einsatz der Standard-Patentkanone in Europa, selbst in Verfahren, in denen es für sie gut lief.

Auch vor regulären Gerichten in den USA dünnte Samsung nach Warnsignalen der Wettbewerbshüter die Patentklagen entsprechend aus – nicht aber bei der International Trade Commission (ITC). Der Zufall wollte es so, dass Präsident Barack Obama just vor Bekanntgabe des ITC-Importverbots für die fünf älteren Modelle der iPhones und iPads Vorschläge für eine Reform der Patent-Justiz vorlegte. Einer davon: Die Entscheidungs-Kriterien der ITC müssten an das der US-Gerichte angeglichen werden. Das Weiße Haus ist ebenfalls kein Freund von Verkaufsverboten auf Basis von Standard-Patenten. Und jetzt liegt es ausgerechnet an Obama, den Importstopp innerhalb von zwei Monaten in Kraft zu setzen oder mit seinem Veto zu blockieren.

Samsung gab sich nach dem ITC-Urteil ganz unbeeindruckt von den Kontroversen: Die Entscheidung habe bekräftigt, dass Apple "ein Trittbrettfahrer bei Samsungs technologischen Innovationen" sei, erklärte ein Sprecher. "Wir werden Verbrauchern in den Vereinigten Staaten weiterhin innovative Produkte anbieten."

Google fand sich mit seiner teuer gekauften Tochter Motorola in einer ähnlichen Situation wie Samsung wieder. Der Handy-Pionier setzte bei seinen Klagen gegen Apple und Microsoft massiv auf FRAND-Patente zu technischen Standards – und muss sich deswegen jetzt mit Wettbewerbshütern herumschlagen, obwohl die Verfahren bereits entschärft wurden.

Für Standard-Patente gelten schon lange besondere Regeln. Sie müssen zu fairen Konditionen und ohne Diskriminierung einzelner Interessenten ("Fair, Reasonable and Non-Discriminatory", FRAND) gewährt werden – wie soll man schließlich sonst einen komplexen technischen Standard wie zum Beispiel UMTS in einem Gerät umsetzen, für den unzählige Firmen Patente halten? Darüber, was fair ist, kann man sich jedoch trefflich streiten. So verlangte Motorola für seine Standard-Patente 2,25 Prozent vom Gerätepreis, was Apple und Microsoft keinesfalls zahlen wollten. (lbe)