Merkel will Autohersteller nicht mit Konsequenzen aus Diesel-Skandal schwächen

Nicht nur Umweltschützer fordern, dass die Politik die Autokonzerne verdonnert, Motoren alter Diesel sauberer zu machen. Die Kanzlerin macht klar, dass sie die Daumenschrauben nicht zu sehr anziehen will.

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Merkel will Autohersteller nicht mit Konsequenzen aus Diesel-Skandal schwächen

Bundeskanzlerin Angela Merkel am Mittwoch im Bundestag.

(Bild: bundestag.de)

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  • dpa

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will die deutschen Autohersteller nicht mit übermäßigen Konsequenzen aus dem Diesel-Skandal bei wichtigen Investitionen ausbremsen. "Es ist unsere Aufgabe, der Industrie zu sagen: Ihr müsst verloren gegangenes Vertrauen selbst wieder gutmachen", sagte sie am Mittwoch im Bundestag. Es könne aber "nicht unser Interesse sein, durch politische Maßnahmen die Automobilindustrie so zu schwächen, dass sie keine Kraft mehr hat, in die eigentlichen Zukunftsinvestitionen etwas hineinzustecken". In Hamburg laufen derweil Vorbereitungen für bundesweit erste Fahrverbote an.

Merkel äußerte sich erneut skeptisch zu Umbauten an Motoren älterer Diesel, die der Koalitionspartner SPD für eine stärkere Reduzierung des Schadstoffausstoßes verlangt. Dies bedeutete Kosten von tausenden Euro je Wagen und zwei bis drei Jahre Arbeit für die Ingenieure. "Ist das die richtige Beschäftigung für die Automobilindustrie?" Vielmehr gelte es, alle Kräfte zusammenzunehmen und der Branche zu sagen: "Ihr müsst jetzt in die Mobilität der Zukunft investieren – ins autonome Fahren, in alternative Antriebe – und da unterstützen wir Euch dabei." Merkel nannte es "unfassbar, welches Vertrauen die deutsche Automobilindustrie im Zusammenhang mit dem Diesel verspielt hat".

Inzwischen vorliegende Gutachten im Auftrag der Regierung zur Machbarkeit von Hardware-Nachrüstungen würden nun bewertet. Dann sollten Kommunen mit hoher Luftverschmutzung erneut zu einem Treffen eingeladen werden. Auch das "Dieselforum" mit der Autobranche solle erneut tagen, sagte Merkel. Auf dem ersten Dieselgipfel im Sommer 2017 hatten die Branche neue Abgas-Software für zusätzliche 2,8 Millionen Diesel bis Ende 2018 zugesagt. Der genaue Fortschritt der Umrüstungen ist bisher unklar. Hardware-Nachrüstungen lehnt die Branche ab. Der Bund hat zudem einem Förderfonds für sauberere Stadtluft aufgelegt.

Großes Ziel ist, Diesel-Fahrverbote zu vermeiden. Hamburg hat indes nun als erste deutsche Stadt mit dem Aufstellen von Verbotsschildern begonnen – sie gelten aber noch nicht, sondern sind durchkreuzt. Der FDP-Verkehrsexperte Oliver Luksic warf der Bundesregierung vor, sich weggeduckt zu haben. Die schlichte, immer wiederkehrende Aussage "Wir wollen Fahrverbote verhindern", sei nun Makulatur. "Hamburg ist erst der Anfang." Nötig sei unter anderem endlich ein Rechtsrahmen für schnelle Zulassung von Nachrüstsystemen, sagte Luksic der dpa.

In Hamburg werden Schilder für Diesel-Fahrbeschränkungen montiert.

(Bild: Daniel Bockwoldt / hamburg.de)

Hamburg will Abschnitte zweier stark befahrener Hauptverkehrsstraßen für ältere Diesel sperren. Wann dies in Kraft tritt, ist noch offen. Die Behörden warten auf die schriftliche Begründung eines Urteils des Bundesverwaltungsgerichts, das Fahrverbote grundsätzlich zulässt.

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt kritisierte Merkel. Natürlich gehe es darum, dass die Branche mit Investitionen angehe, was sie bisher verschlafen habe. Betrogene Autokäufer müssten aber auch Entschädigungen und Hardware-Nachrüstungen bekommen. Die Umweltorganisation Greenpeace forderte ein Datum, wann in Deutschland die letzten Diesel und Benziner vom Band rollen. "Nur mit der klaren Perspektive eines Ölausstiegs werden die Hersteller konsequent in die Zukunft einer sauberen Mobilität investieren, statt wichtige Forschungsmilliarden in weitere klimaschädliche Verbrennungsmotoren zu stecken", sagte Greenpeace-Experte Tobias Austrup der dpa. (anw)