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VR-Testfahrt: Im Robo-Auto gegen die Wand

Audi hüllt Fahrer und Beifahrer während der Präsentation des selbstfahrenden AI:ME in eine Wohlfühl-VR. Doch die Testfahrt endet abrupt.

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VR-Testfahrt: Im Robo-Auto gegen die Wand
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Robin Brand

Das autonom fahrende Auto als Wohlfühloase: Darauf soll das Konzept-Car Audi AI:ME einen Ausblick geben. Doch auf einer kurzen Ausfahrt auf der CES in Las Vegas klappt das nicht unfallfrei – das Elektro-Showcar rammt auf dem Testgelände eine Mauer.

Dabei ist der Anfang vielversprechend: Die Bedienkonzepte per Eyetracking und Remote Touch, die Audi zu Beginn der automatisierten Fahrt vorstellt, wirken ausgereift. Im autonomen Fahrmodus fahren Lenkrad und Pedalerie des AI:ME ein, es bleibt massig Platz auf Fahrer- und Beifahrerseite. Eine Art Ottomane lädt den Beifahrer im futuristischen Innenraum zum Füßeablegen ein, während der AI:ME über den Testparcours gleitet.

Der Audi AI:ME (3 Bilder)

Der AI:ME nach den ersten Testfahrten auf der CES.

Klassische Bedienelemente sucht man vergeblich. Fast alles wird über einen OLED-Screen, der sich über die gesamte Breite der Windschutzscheibe zieht, gesteuert – per Eye-Tracking. So lassen sich Menüs per Blickkontakt auswählen und geben dann weitere Ebenen frei. Über berührungssensitive Felder in der Türbrüstung werden die Eingaben bestätigt. Je eine Infrarotkamera für Fahrer und Beifahrer analysieren die Muskelbewegungen unter den Augen und sollen so die exakte Blickrichtung erkennen. In der Testfahrt funktioniert das auf dem Fahrersitz gut, vom Beifahrersitz aus hakelt es ein wenig, vor allem dann, wenn man den Kopf nicht an die Kopfstütze lehnt.

Zur Wohlfühloase soll das Auto dank Virtual Reality werden. Ähnlich wie bei auf der CES 2019 gezeigten Rückbank-VR Holoride setzt Audi beim AI:ME auf VR-Brillen, um die Passagiere zu unterhalten, sie zum Beispiel in spektakuläre Berglandschaften zu entführen, während man eigentlich im Stau steht. Im Unterschied zur Rückbank-VR können im autonom fahrenden AI:ME aber auch die Passagiere in der ersten Reihe in virtuelle Welten entfliehen. Dafür wertet die Technik die Sensor- und Navigationsdaten des Fahrzeugs in Echtzeit aus und bindet diese in die VR-Welt ein: Lenkung und Beschleunigung wirken sich direkt auf den gezeigten Inhalt aus. Eine Verzögerung nehmen wir während der Testfahrt nicht wahr. Wir gleiten entspannt durch entlegene Waldlandschaften und bekommen vom Las-Vegas-Trubel nichts mit – bis es kracht.

Leicht lädiert nach dem Unfall: Dem Audi AI:ME bekam die erste Testfahrt auf der CES nicht besonders.

(Bild: heise online)

Trotz kontrollierter Bedingungen auf einem mit einer Art QR-Codes abgesteckten Parcours reichen die blendende Sonne und ein schwaches GPS-Signal aus, um das System derart zu verwirren, dass die Fahrt an einer Mauer endet, zumindest führen in einer ersten Analyse Audi-Techniker den Unfall auf diese Bedingungen zurück. So habe vermutlich einer der QR-Codes die Sonne reflektiert, sodass dieser für die Kameras unlesbar wurde. Eine Kurve mit kaum mehr als Schrittgeschwindigkeit wird dem Auto auf dem abgesteckten Parcours so zum Verhängnis – es rammt mit dem rechten Kotflügel eine Mauer.

Zwar ist der AI:ME nach Audi-Angaben auf autonomes Fahren bis Level 4 vorbereitet. Laut einem Audi-Sprecher ist das Showcase-Car zwar mit seriennaher Sensorik ausgestattet, es fehlen jedoch wichtige Redundanzen, wie sie in einem Serienfahrzeug für den Straßenverkehr zum Einsatz kommen würden. Das Konzeptfahrzeug tastet sich nicht wie ein herkömmliches Fahrzeug durch die Welt und nimmt aufgrund seines im Vergleich zu einem Serienfahrzeug reduzierten Sensorsets und Redundanzgrads weniger von seiner Umwelt wahr. Es orientiert sich mittels Kameras und auf der Strecke angebrachten Bildermarkern, die in ihrer Grundfunktionalität mit QR-Codes vergleichbar sind. Mit einem autonomen Fahrzeug mit Serienausstattung sei ein ähnlicher Unfall ausgeschlossen, meint der Sprecher.

Hinweis: Audi hat die Reisekosten des Autors zur CES übernommen. (rbr)