Know-how Farben (Teil 1): Das bewirken Farbprofile

Seite 5: Nicht-unendliche Weiten

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Bleiben wir aus Gründen der Veranschaulichung noch etwas bei der Entfernungs-Analogie: Im Farb(-Welt)raum bestimmt das Profil, ob mit dem Wert 255 (der Maximalwert im 8-Bit-System) „255 Meter“ oder „255 Fuß“ gemeint sind. Wenn Meter gemeint sind, ist der Farbraum natürlich deutlich größer. Ein Punkt, der im kleinen „Fuß-Farbraum“ die Entfernung 128 hat, wird im größeren „Meter-Farbraum“ mit dem Entfernungswert 39 gemessen (1 Fuß = 0,3048 Meter). Gravierende Konsequenzen bekommt dieser Unterschied, wenn man die Werte relativ zu den Maximalwerten sieht, die in beiden Fällen 255 sind. Im Gegensatz zum Weltraum ist unser 8-Bit-Raum endlich, er endet an jeder Achse mit dem Wert 255. Im kleinen Fuß-System liegt der betrachtete Punkt somit bei genau 50% des Maximalwerts. Im Meter-System liegt derselbe Punkt bei nur 15% des Maximalwerts.

Verlassen wir jetzt die Analogie und kehren zu den Farben zurück: Unser Punkt im Raum ist nun eine konkrete Farbe, beispielsweise ein Rot, dessen R-Wert in einem kleinen Farbraum 128 beträgt, in einem sehr großen Farbraum aber nur 39. 255 ist der im jeweiligen Farbraum maximal mögliche Tonwert, gleichbedeutend mit der maximal möglichen Sättigung der Farbe Rot. Im kleinen Farbraum hat unsere Farbe also 50% der maximalen Sättigung, im großen nur 15% - obwohl es sich immer um die gleiche Farbe mit der gleichen konkreten Sättigung handelt. Merke: In großen Farbräumen wird eine konkrete Farbe mit kleineren RGB-Werten bezeichnet (kodiert) als in kleinen Farbräumen. Und: Die relative Sättigung einer konkreten Farbe (relativ zum Maximalwert) ist umso größer, je kleiner der Farbraum ist.

Schauen wir uns eine andere Farbe an, die im großen Farbraum (entspricht dem Meter-Farbraum) den R-Wert 128, also 50% des Maximalwerts hat. Im kleinen Fuß-Farbraum müsste diese den Wert 420 (128 Meter = 420 Fuß) erhalten. Das liegt deutlich über dem maximal möglichen Wert von 255. Man sagt, dass diese Farbe in diesem(!) Farbraum nicht dargestellt werden kann, sie liegt außerhalb des Farbraums. „Nicht dargestellt“ bedeutet allerdings nicht, dass an ihrer Stelle Schwarz oder Weiß auf dem Display erscheint. Sie wird weiterhin als Rot dargestellt, jedoch mit einer Sättigung, die dem maximal möglichen R-Wert von 255 entspricht. Damit ist sie von einer Farbe, die wirklich den R-Wert von 255 hat (im großen Farbraum demnach den Wert 78) nicht zu unterscheiden. Farben, die außerhalb des Farbraums liegen, verschwinden nicht einfach wie der Mars Climate Orbiter (der vermutlich in der Mars-Atmosphäre verglüht ist), sondern es verschwinden nur die Unterschiede zwischen ihnen. Auf einem Display wirken sie wie eine einzige Farbe. Sie können dies mit einer profanen Überbelichtung vergleichen, wo ja auch alle Details im Weiß – dem maximalen Helligkeitswert – verschwinden.

Bei der Konvertierung aus einem großen in einen kleinen Farbraum werden nicht nur die Farben flauer, sondern es können auch Farbdifferenzierungen verloren gehen, was meist für den Bildeindruck sehr viel nachteiliger ist. Solch starke Verluste wie hier gezeigt sind beim Ausdruck eines Fotos nicht selten.

(Bild: Ralph Altmann)