Praxistest: Raspberry Pi 4 optimal kühlen

Seite 2: Wärme per Emission, Diffusion und Konvektion abführen

Inhaltsverzeichnis

Wärme allgemein, und damit auch die Wärme des Raspberry Pi, kann man auf drei Arten loswerden: Durch Emission, Diffusion oder Konvektion.

Die Emission oder Wärmestrahlung ist eine thermische Strahlung im vorwiegend infraroten Bereich. Dieses für das menschliche Auge nicht sichtbare "Licht" kann man – beispielsweise in der Nähe glühender Grillkohle – durchaus fühlen. Eine Wärmebildkamera bildet die Infrarotstrahlung im sichtbaren Spektrum ab und zeigt so deutlich, wo sich etwa die heißesten Bereiche eines Raspis unter Volllast befinden. Die Wärmestrahlung ist für die Kühlung des Einplatinenrechners weniger, aber längst nicht unbedeutend. Generell gilt: Um die Wärmeabstrahlung zu erhöhen, sollte ein heißer Körper eine im relevanten Wellenlängenbereich dunkle und matte Oberfläche besitzen. Ein mattschwarzer und eloxierter Kühlkörper strahlt mehr Wärme ab als ein blankpolierter, silberner Kühlkörper aus demselben Material.

Bei der Diffusion oder Wärmeleitung fließt die thermische Energie – gemäß des zweiten thermodynamischen Hauptsatzes – immer in Richtung geringerer Temperatur. Vereinfacht ausgedrückt, schwingen heiße Materialien stärker als kühle und diese atomaren Schwingungen werden von einem Atom zum nächsten übertragen. Beim Raspi 4 fließt die Wärme vom Silizium-Chip des System on a Chip (SoC) in eine kleine Metallkappe (Heatspreader), von dort in den eventuell vorhandenen Kühler und anschließend in die umgebende Luft. Je größer und besser die Kontaktfläche und je größer die Temperaturdifferenz, desto mehr Wärmeenergie kann abfließen.

Wie gut ein Material Wärme (ab)leiten kann, zeigt sein Wärmeleitwert in Watt pro Meter pro Kelvin (W/mK). Silber hat einen Wert von 429, reines Kupfer von 400 und handelsübliche Kupferlegierungen kommen auf 240 bis 380. Reines Gold liegt bei 314, Eisen (und damit Blechgehäuse) bei etwas über 80. Interessant wird es für den Raspi bei Silizium (aus dem das SoC besteht), das je nach Reinheit auf bis zu 148 W/mK kommt. Der Heatspreader beim Raspberry Pi 3B+ und 4 besteht aus Aluminium, das einen guten Wert von 235 aufweist. Ein aufgeklebtes Wärmepad kommt höchstens auf 4 W/mK, Wärmeleitpaste immerhin auf 10. Die schließlich umgebende Luft leitet Wärme mit 0,0262 W/mK nahezu gar nicht weiter – sie fungiert eher als Wärmeisolator.

Die Konvektion oder Wärmeübertragung transportiert Wärmeenergie mit Hilfe von Teilchen (Atome und Moleküle, also Gas, Luft, Wasser et cetera) von einem Ort zum anderen. Die "natürliche" Konvektion ist ein physikalischer Vorgang, der durch unterschiedliche Temperaturbereiche ausgelöst wird. Man kann das beispielsweise bei den Meeresströmungen (Golfstrom), im Kamin (heiße Luft steigt nach oben) oder im Kochtopf beobachten. In allen Fällen bewegen sich Luft oder Flüssigkeiten durch teilweise Erwärmung und sorgen so für einen Wärmeaustausch. Konvektion lässt sich auch durch mechanische Hilfen wie Pumpen oder Ventilatoren erzwingen, beispielsweise beim CPU- und GPU-Lüfter, beim Kühler im Automotor oder der Umwälzpumpe im Heizungssystem.

Sieht schick aus, kühlt aber nicht: Das beidseitige Klebeband unter den Kühlkörpern isoliert die Wärme mehr, als das es sie abführt. Das beinahe geschlossene Gehäuse ohne echte Luftzirkulation führt die Wärme nicht ab.

(Bild: Martin Reche)

Über Emission wird permanent ein geringer Teil der Wärme abgeführt, was aber bei einem Raspi 4 unter Volllast bei weitem nicht ausreicht. Die Diffusion wirkt nicht bei umgebender Luft, wohl aber innerhalb eines Kühlkörpers. Ein möglichst großer Kühlkörper mit einem guten Wärmeleitwert (Alu oder Kupfer) kann schnell viel Hitze ableiten. Bei Alu-Gehäusen, die Kontakt zu dem SoC haben, bemerkt man das daran, dass das Gehäuse recht schnell handwarm wird.

Diese Art der Kühlung kann für einen Raspi 4 unter moderater Last bereits ausreichen, da die Fläche des gesamten Gehäuses groß genug ist, die Wärme des SoC an die umgebende Luft abzugeben. Noch besser funktioniert aber erzwungene Konvektion, also das Blasen von Luft über den (auch kühlkörperlosen) SoC. Dabei reicht bereits ein geringer Luftstrom, den man beispielsweise mit einem flüsterleisen, an 5V betriebenen 80-mm-PC-Lüfter erreichen kann.

Wer die Konvektion – also aufsteigende warme Luft, die kalte Luft von unten "nachzieht", geschickt zur Kühlung nutzen will, stellt den Raspberry Pi hochkant auf seine GPIO-Leiste. Das alleine senkt durch den besseren Luftfluss die Temperatur des SoC dauerhaft um 2°C.

Wer mit hoher Last rechnet, muss zwei Fälle unterscheiden: Kurze Lastspitzen können gut mit einem großen Kühlkörper oder einem mit dem SoC verbundenen Alu-Gehäuse abgeführt werden. Wenn aber die volle Leistung der CPU/GPU auch über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten werden muss, sollte man auf einen Lüfter oder besser noch einen Kühlkörper mit Lüfter zurückgreifen – wobei diese Lösung natürlich auch bei wenig Last nicht schadet. Wichtig zu wissen: Bei einem Lüfter handelt es sich um ein mechanisches Bauteil, das immer ein Geräusch produziert und nicht ewig hält.

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