Rebuy patzt bei gesetzlichem Widerrufsrecht

Im Onlinehandel mit Verbrauchern gilt ein unabdingbares Widerrufsrecht für Vertragserklärungen seitens des Konsumenten. Die gesetzlichen Folgen sind eindeutig .

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Von
  • Tim Gerber
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Dies ist ein Beitrag aus unserer Magazin-Rubrik Vorsicht, Kunde!, der erstmals am 7.3.2024 in c't 6/2024 erschienen ist.

Es hat ja durchaus etwas für sich, elektronische Geräte gebraucht zu kaufen. Es schont die Umwelt und man spart ordentlich Geld. Und wenn der Händler seriös ist und über die gesetzliche Gewährleistung von einem Jahr bei gebrauchtem sogar noch eine längere Garantie verspricht, sollte die Freude über ein runderneuertes Gebrauchtgerät ungetrübt bleiben.

Das dachte sich auch Ole R. und bestellte am zweiten Weihnachtsfeiertag beim Online-Gebrauchthändler rebuy.de ein Smartphone Google Pixel 4a mit 128 GByte Speicher zu 180 Euro. Das Smartphone ging bereits am 28. Dezember in den Versand und traf am Tag darauf beim Kunden ein. Am 30. Dezember packte Ole R. das Smartphone vorsichtig aus, um es in Augenschein zu nehmen. Aber es gefiel ihm nicht und er wollte es zurückgeben.

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Das ermöglicht das gesetzliche Widerrufsrecht im Onlinehandel. Es soll den Nachteil ausgleichen, den Verbraucher bei dieser Handelsart gegenüber Einkäufen in Ladengeschäften haben, da sie die Ware erst nach dem Kauf in Augenschein nehmen können. Onlinehändler sparen sich dafür die besonders in Innenstädten oft hohen Kosten für ein Ladengeschäft.

Um nun von diesem Recht gebrauch zu machen, suchte Ole R. im Kundenportal nach einer Möglichkeit, dem Verkäufer seinen Willen, den Kaufvertrag zu widerrufen, in der vorgeschriebenen Textform zu übermitteln. Das Kontaktformular sah einen Punkt "Retoure" vor, den Ole R. auswählte. Aber das Formular funktionierte nicht. Deshalb bemühte er nun das allgemeine Kontaktformular, um sein Anliegen zu schildern und ein Retourenlabel zu erhalten. Als Bestätigung erhielt er eine E-Mail mit dem Text: "Bei uns ist gerade viel los. Leider kann es ein paar Tage dauern, bis wir antworten. Danke, dass du so geduldig bist!"

Doch auch in der auf den Jahreswechsel folgenden Arbeitswoche tat sich nichts. Deshalb versuchte Ole R. am 5. Januar erneut, den Kundenservice von Rebuy zu erreichen. Erst im fünften Versuch gelang es ihm, jemanden ans Telefon zu bekommen, der ihm letztlich das erforderliche Retourenlabel für den Rückversand ausstellte und per E-Mail übermittelte. So ging das bereits sorgfältig wieder verpackte Telefon noch am selben Tag auf die Rückreise zum Händler und Ole R. erwartete nun die Erstattung des Kaufpreises.

Den Eingang bestätigte Rebuy am 11. Januar. Am 15. erhielt der Kunde die Nachricht, dass man seine Retoure "ablehnt" und das Smartphone wieder an ihn zurücksenden werde: "Das Gerät wurde durch nicht sachgemäße Handhabung beschädigt. Die Behebung von selbstverursachten Schäden wird leider nicht von der Garantie abgedeckt", hieß es zur Begründung. Am Rahmen sei ein Riss festgestellt worden.

Drei Tage lang klemmte sich Ole R. ans Telefon und versuchte den Verkäufer zu erreichen, um die Sache mit dem angeblich gebrochenen Rahmen zu klären. Nachdem das nicht gelang, sandte er am 18. Januar einen eingeschriebenen Brief und übermittelte den Inhalt zusätzlich per E-Mail an Rebuy. Darin forderte er den Verkäufer auf, ihm binnen sieben Tagen den vollen Kaufpreis zu erstatten, da sich der behauptete Schaden nicht nachvollziehen lasse. Er forderte eine genauere Beschreibung und Fotos an, um auf den aus seiner Sicht unberechtigten Vorwurf reagieren zu können.

Am 22. Januar erhielt Ole R. eine Versandbestätigung, das Smartphone war nun wieder auf dem Weg zu ihm. Entrüstet wandet sich der c’t-Leser an die Redaktion und fragte, ob das so richtig sei und was er machen solle. Am 24. Januar traf noch eine Antwort per E-Mail ein: Wie ihm schon mitgeteilt worden sei, halte man an seiner "Ablehnung der Rücksendung" fest. Bei der Überprüfung seines Gerätes hätten die Techniker einen "Fehlgebrauch", in Form eines Risses am Rahmen festgestellt. Deshalb finde die Garantie von Rebuy in seinem Fall keine Anwendung und man könne sein Gerät nicht reparieren.

Wir fragten am 1. Februar bei Rebuy an, ob man dort denn ausschließen könne, dass es sich bei dem behaupteten Riss im Gehäuse um einen Transportschaden handle. Zudem konfrontierten wir den Händler mit unserer Einschätzung der Rechtslage: Da Ole R. den Kaufvertrag rechtzeitig innerhalb der gesetzlichen Frist von 14 Tagen ab Erhalt der Ware widerrufen und das Smartphone an den Verkäufer zurückgesendet hatte, war dieses nunmehr eindeutig ins Eigentum des Verkäufers zurückgelangt.

Selbst wenn Ole R. den angeblichen Schaden verursacht hätte, gab es keinen rechtlichen Grund, ihm das Smartphone erneut zuzuschicken. In diesem Fall hätte der Verkäufer Schadensersatz verlangen müssen und wäre diesbezüglich in der Beweispflicht. Für eventuelle Transportschäden müsste ein gewerblicher Händler ohnehin selbst haften und könnte sich allenfalls an seinen Paketdienstleiser wenden.

Service im Visier
Vorsicht Kunde!

Immer wieder bekommen wir E-Mails, in denen sich Leser über schlechten Service, ungerechte Garantiebedingungen und überzogene Reparaturpreise beklagen. Ein gewisser Teil dieser Beschwerden ist offenbar unberechtigt, weil die Kunden etwas überzogene Vorstellungen haben. Vieles entpuppt sich bei genauerer Analyse auch als alltägliches Verhalten von allzu scharf kalkulierenden Firmen in der IT-Branche.

Manchmal erreichen uns aber auch Schilderungen von geradezu haarsträubenden Fällen, die deutlich machen, wie einige Firmen mit ihren Kunden umspringen. In unserer Rubrik „Vorsicht, Kunde!“ berichten wir über solche Entgleisungen, Ungerechtigkeiten und dubiose Geschäftspraktiken. Damit erfahren Sie als Kunde schon vor dem Kauf, was Sie bei dem jeweiligen Unter nehmen erwarten oder manchmal sogar befürchten müssen. Und womöglich veranlassen unsere Berichte ja auch den einen oder anderen Anbieter, sich zukünftig etwas kundenfreundlicher und kulanter zu verhalten.

Falls Sie uns eine solche böse Erfahrung mitteilen wollen, senden Sie bitte eine chronologisch sortierte knappe Beschreibung Ihrer Erfahrungen an: vorsichtkunde@ct.de.

Dennoch schickte Rebuy das Smartphone am 24. Januar erneut an den Kunden, der wie bereits beim vorigen Mal die Annahme verweigert. Das hätte er übrigens nicht machen müssen. Da Rebuy ihm das Smartphone in völliger Verkennung der Rechtslage gesandt hatte und er dafür keine Verantwortung trug, musste er es lediglich aufbewahren und dem Eigentümer aushändigen. In der Praxis wird man so eine fehlgeleitete Sendung aber auch einem Paketdienst anvertrauen, wenn der Eigentümer darum bitten sollte. Insofern dürfte die Annahmeverweigerung im wohlverstandenen Interesse beider Seiten gewesen sein.

Am 8. Februar erhielten wir eine Antwort des Unternehmens auf unsere Anfrage: Nach der intensiven internen Prüfung des Vorgangs stelle man fest, dass es in dem Fall der Rücksendung von Ole R. zu einer Fehleinschätzung seitens Rebuy gekommen sei.

Selbstverständlich habe der Kunde das Recht, ohne Angaben von Gründen innerhalb einer Frist von 21 Tagen, die Rebuy einräumt, den Kaufvertrag zu widerrufen. Deswegen nehme man das Gerät zurück und erstatte dem Kunden vollumfänglich den Kaufpreis. Man werde sich auch persönlich bei ihm für die Unannehmlichkeiten entschuldigen.

Worin die Fehleinschätzung genau bestanden hatte, erfuhren wir leider nicht. Auch blieben die versprochene Rückzahlung und Entschuldigung beim Kunden weiterhin aus. Deshalb fragten wir am 15. Februar ein weiteres Mal an und erkundigten uns, wann Ole R. denn mit der versprochenen Zahlung rechnen dürfe. Darauf erhielten wir noch am selben Tag den Anruf einer Sprecherin, die sich nochmals entschuldigte. Sie räumte unumwunden Fehler aufseiten Rebuy ein und ließ uns wissen, dass es im Service gerade erhebliche Umstrukturierungen gäbe und die Retoure von Ole R. versehentlich eben nicht als Widerruf behandelt worden sei, sondern als Garantiefall.

Tatsächlich trafen dann binnen weniger Stunden noch einige wenige Zeilen der Entschuldigung ein und am folgenden Freitag ging dann auch endlich das Geld bei Ole R. ein. Mit mindestens drei Wochen Verspätung, denn laut Gesetz hat der Verkäufer für die Rückzahlung 14 Tage ab dem Zugang der Widerrufserklärung Zeit, den Kaufpreis zu erstatten. Er kann die Zahlung allerdings bis zum Eingang der zurückgesendeten Ware zurückhalten.

Fehler können passieren, aber dann muss man den entstandenen Schaden beim Kunden wieder gutzumachen versuchen. Der war hier extrem genervt durch den wiederholten Versuch, ihm einfach das Smartphone zurückzuschicken. Hinzu kam die schlechte Erreichbarkeit des Händlers, die den Kunden auch viel Zeit gekostet hat. Von der schmallippigen und wohlfeilen Entschuldigung seitens Rebuy war Ole R. deshalb ziemlich enttäuscht. "Es wäre angesichts der Nervereien sicher nett gewesen, etwas anderes als einen Textbaustein zu versenden", schrieb er uns.

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