Vertragsbrüchig: Samsung erfüllt Lieferverpflichtung nicht
Wenn man einen Vertrag geschlossen hat, ist man daran gebunden. Das gilt auch dann, wenn der Vertrag im Rahmen von Schnäppchenaktionen zustande gekommen ist.
- Tim Gerber
Wie jedes Jahr in der Vorweihnachtszeit überbieten sich die Anbieter von Elektronik in lautem Werbegeschrei bei ihren Rabattaktionen, mögen sie "Black Friday" oder "Cyber Week" oder wie auch immer heißen. Ihnen allen ist gemeinsam, dass Waren für eine bestimmte Zeit zu verbilligten Preisen angeboten werden und danach meist wieder teurer werden.
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Als am Freitag, dem 17. November, das frisch auf den Markt gekommene Samsung Galaxy S23+ im Webshop des Herstellers als "Black Week Deal" für 830 Euro angeboten wurde, schlug Manfred K. zu. Schließlich kostet das Smartphone sonst deutlich über 1000 Euro. Der Shop bestätigte umgehend die Bestellung und Bezahlung und schon am folgenden Samstag ging das gute Stück auf die Reise zum Kunden. Am Montag, dem 20. November, sollte es zugestellt werden. Doch der Zusteller machte offenbar einen Fehler und meinte, das Päckchen sei an der Anschrift des Kunden nicht zustellbar. So ging die Ware zurück in das von Samsung beauftragte Logistikzentrum.
Immer wieder bekommen wir E-Mails, in denen sich Leser über schlechten Service, ungerechte Garantiebedingungen und überzogene Reparaturpreise beklagen. Ein gewisser Teil dieser Beschwerden ist offenbar unberechtigt, weil die Kunden etwas überzogene Vorstellungen haben. Vieles entpuppt sich bei genauerer Analyse auch als alltägliches Verhalten von allzu scharf kalkulierenden Firmen in der IT-Branche.
Manchmal erreichen uns aber auch Schilderungen von geradezu haarsträubenden Fällen, die deutlich machen, wie einige Firmen mit ihren Kunden umspringen. In unserer Rubrik „Vorsicht, Kunde!“ berichten wir über solche Entgleisungen, Ungerechtigkeiten und dubiose Geschäftspraktiken. Damit erfahren Sie als Kunde schon vor dem Kauf, was Sie bei dem jeweiligen Unter nehmen erwarten oder manchmal sogar befürchten müssen. Und womöglich veranlassen unsere Berichte ja auch den einen oder anderen Anbieter, sich zukünftig etwas kundenfreundlicher und kulanter zu verhalten.
Falls Sie uns eine solche böse Erfahrung mitteilen wollen, senden Sie bitte eine chronologisch sortierte knappe Beschreibung Ihrer Erfahrungen an: vorsichtkunde@ct.de.
Bereits zwei Stunden nach dem mittäglichen Zustellversuch schrieb Manfred K. den Samsung-Shop an und bat um erneute Versendung seines Smartphones. Zunächst erhielt er eine automatische Eingangsbestätigung. Am nächsten Tag ging das Päckchen wieder im Logistikzentrum ein. Doch erst am 23. November meldete sich der Samsung-Shop: "Deine Sendung wurde durch unseren Versanddienstleister an uns zurückgeschickt. Bedauerlicherweise ist es uns nicht möglich, die Bestellung erneut zu verschicken. Sobald die Rücksendung bei uns eintrifft, wird die Bestellung automatisch storniert. Du erhältst dann den bereits bezahlten Betrag in wenigen Tagen zurück. Wenn du möchtest, kannst du das Produkt jederzeit neu bestellen."
Standardausreden
Das war nun nicht die Antwort, die Manfred K. erwartet hatte. Zwar wäre die Neubestellung aus Sicht der Logistik das Einfachste und zu normalen Zeiten auch kein Problem. Aber aufgrund der Rabattaktion und des Fehlers bei der Zustellung hätte der Kunde jetzt etwa 200 Euro mehr bezahlen sollen und das sah er nun gar nicht ein. Entsprechend antwortete Manfred K. dem Verkäufer, erhielt wenige Stunden später aber lediglich den Hinweis, sein Fall sei abgeschlossen, eine Nachlieferung nicht möglich. Zwar bot Samsung ihm einen Gutscheincode über 5 Prozent Nachlass an, das wären aber nur etwa 50 Euro Rabatt auf das Smartphone und damit immer noch deutlich ungünstiger, als der Kunde es am "Black Friday" erworben hatte. Auf seinen dahingehenden Hinweis antwortete der Webshop nur: "Leider können wir dir eine Bestellung zu den gleichen Konditionen nicht anbieten."
Doch damit wollte sich Manfred K. nicht abspeisen lassen und wandte sich als eifriger Leser dieser Rubrik an c’t. Wir kontaktierten am 27. November die Presseagentur von Samsung und wollten wissen, aus welchem rechtlichen Grund der Hersteller dem Kunden die vertraglich geschuldete Lieferung des bestellten und bezahlten Smartphones verweigerte. Weiter wollten wir wissen, ob Samsung das in vergleichbaren Fällen immer so handhaben würde.
Eine Woche verstrich, ohne dass es eine inhaltliche Antwort von Samsung gegeben hätte. Lediglich sein Geld erhielt der Kunde zurück, was er aber gar nicht verlangt hatte. Erst auf weiteres Drängen ließ Samsung uns am 4. Dezember über seine Agentur wissen, dass es aufgrund des hohen Bestellaufkommens zum Black Friday "zu Verzögerungen in der Prozessierung" gekommen sei. Man werde nun "zeitnah mit einer Lösung auf den Kunden zugehen". Das ist Samsung allerdings auch schwer zu raten, denn rechtlich ist die Sache ziemlich eindeutig, wenn auch im Detail ein wenig anders, als man gemeinhin denkt: Die Werbung der Shops stellt juristisch eine sogenannte Aufforderung zur Abgabe eines Kaufangebots dar. Mit seiner Bestellung gibt der Kunde dieses Angebot ab, die Ware zu dem angepriesenen Preis kaufen zu wollen. Dieses Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages nehmen die meisten Versandhändler ausdrücklich aber erst mit dem Versand der Ware an. Wird das begehrte, bestellte und bezahlte Schnäppchen aus irgendeinem Grund nicht ausgeliefert, kommt somit auch kein Kaufvertrag zustande.
Der Fall von Manfred K. liegt aber anders: Die Ware wurde versandt und spätestens mit der Übergabe der Ware an den Versanddienstleister ist ein Kaufvertrag zwischen Webshop und Kunde zustande gekommen, aus dem sich der Verkäufer auch nicht so einfach wieder lösen kann. Er ist nun schlicht verpflichtet, dafür zu sorgen, dass der Kunde die Ware bekommt. Als gewerblicher Versender haftet er auch für das Risiko beim Transport. Schließlich ist es seine Logistik und der von ihm ausgewählte Dienstleister, der das im Fall von Manfred K. versemmelt hat.
Die typischen Textbausteine mit Ausreden und Bedauern sind rechtlich ohne jeden Belang. Manfred K. könnte die Lieferung des Smartphones einklagen oder sich unter Umständen woanders eines kaufen und vom vertragsbrüchigen Webshop Samsungs verlangen, ihm die Preisdifferenz zu erstatten. Ohne rechtlichen Beistand wird das allerdings kaum gelingen und es wäre Sache der Verbraucherschutzorganisationen, an einer Marktgröße wie Samsung mal ein Exempel zu statuieren.
(tig)