Arbeitgeber darf "sehr gutes Deutsch" verlangen

Die Anforderung "sehr gutes Deutsch“ in einer Stellenanzeige kann ein Indiz für Diskriminierung sein. Aber nur, wenn die Sprachkenntnisse für den Job keine Rolle spielen.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Die Anforderung "sehr gutes Deutsch und gutes Englisch“ in einer Stellenanzeige ist nicht gerade eine außergewöhnliche Formulierung. Vielmehr ist es durchaus üblich, dass Arbeitgeber im Wunsch-Profil auch die benötigten Sprachkenntnisse benennen. Das hat auch eine Software-Firma getan und sah sich anschließend mit dem Vorwurf der Diskriminierung konfrontiert. Die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Nürnberg hat die Klage zurückgewiesen (5.10.2011, Az. 2 Sa 171/11).

Verklagt wurde das Unternehmen von einer Frau, die in Russland geboren wurde und dort nach ihrem Studium von 1984 bis 1998 als Systemprogrammiererin tätig war. Dann übersiedelte sie nach Deutschland und war hier zunächst als Anwendungsentwicklerin und später als Programmiererin tätig. Aktuell arbeitslos, bewarb sie sich auf die von der Softwarefirma ausgeschriebene Stelle.

Diese suchte eine(n) "Spezialist Softwareentwicklung (w/m)“. Neben diversen fachlichen Voraussetzungen wurden in dem Stellenangebot auch "sehr gutes Deutsch und gutes Englisch" gefordert. Die Klägerin erhielt eine Eingangsbestätigung für ihre Bewerbung und später eine Absage.

Sie klagte und verlangte von dem Unternehmen die Zahlung von sechs Monatsgehältern als Entschädigung dafür, dass man sie wegen ihrer russischen Herkunft benachteiligt und wegen ihres Geschlechts diskriminiert habe. Auch sei eine Diskriminierung wegen des Alters der Klägerin von 49 Jahren nicht ausgeschlossen. In ihrer Begründung führte sie u.a. aus, dass nach allgemeiner Lebenserfahrung für Spezialisten der Softwareentwicklung gar keine sehr guten deutschen Sprachkenntnisse erforderlich seien (auch wenn sie selbst darüber verfüge). Die Fachsprache bestehe nämlich weitgehend aus speziellen und häufig englischen Fachausdrücken. Der Arbeitgeber habe nicht ausreichend begründen können, warum diese Sprachkenntnisse erforderlich sein sollten.

Die beklagte Softwarefirma erklärte, es sei bei diesen Projekten nun mal erforderlich, sich mit Kunden, anderen Abteilungen und auch Lieferanten abzustimmen, Meetings und Präsentationen durchzuführen. Die Anforderungen an die Deutschkenntnisse seien in dem Maße verlangt worden, wie sie zur Erbringung der Arbeitsleistung notwendig seien. Man beschäftige 18 Mitarbeiter in vergleichbaren Positionen, neun davon verfügen über einen Migrationshintergrund. Von einer Benachteiligung aufgrund der ethnischen Herkunft könne nicht die Rede sein. Die Frau habe einfach die fachlichen Anforderungen nicht erfüllt.

Auch das Landesarbeitsgericht Nürnberg sah keine ausreichenden Beweise dafür, dass hier eine entsprechende Benachteiligung vorliegen könnte. Allerdings betonte es, dass offen bleibe, ob die Bewerberin nicht tatsächlich diskriminiert worden ist. Anspruch auf eine Entschädigung habe sie aber nicht. So könne eine Benachteiligung schon deshalb nicht vorliegen, weil das Unternehmen auch keinen anderen Bewerber eingestellt habe.

Die Stelle sei gar nicht besetzt worden. Auch ziele das Kriterium "sehr gutes Deutsch“ ausdrücklich nicht auf die ethnische Herkunft ab, sondern nur auf einen bestimmten Grad der Sprachbeherrschung. Diese könne unabhängig von der Abstammung z.B. in der Schule erworben werden. Außerdem werde in der Stellenanzeige deutlich, dass die Anforderung nicht aus diskriminierenden Motiven heraus aufgestellt wurde und dass es sich nicht um eine reine Programmiertätigkeit handelt, sondern der Bewerber in fremden Unternehmen eingesetzt wird und dehalb eben auch kommunikationsfähig sein muss. Es sei daher nachvollziehbar, dass "sehr gutes Deutsch“ zur Erreichung dieses rechtmäßigen Ziels der Kommunikationsfähigkeit erforderlich und angemessen ist (vgl. § 3 Abs. 2 AGG ). Die beklagte Firma habe nachvollziehbar begründen können, dass die Stelle noch nicht besetzt worden sei, weil es auf dem Arbeitsmarkt derzeit einfach nicht genug Fachkräfte gäbe, die die fachlichen Anforderungen erfüllen würden. (masi)