Fristlose Kündigung nach Vertrauensbruch

Auch wenn ein Mitarbeiter das Unternehmen verlassen wird, muss er sich bis zum letzten Tag an seine vertraglichen Arbeitspflichten halten. Sonst droht der sofortige Rauswurf.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Wird ein Mitarbeiter von seinem Arbeitgeber entlassen bzw. man trennt sich "im gegenseitigen Einvernehmen", ist es durchaus üblich, ihn bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist freizustellen. Arbeitnehmer, die sich in dieser Situation befinden, sollten sich dennoch keine groben Fehler erlauben. Denn die arbeitsvertraglichen Pflichten gelten bis zum letzten Arbeitstag. Wer sie verletzt, riskiert auch während der Freistellung den sofortigen Rausschmiss.

So hat das Hessische Landesarbeitsgericht in Frankfurt am Main in einer aktuell veröffentlichten Entscheidung bestätigt, dass eine fristlose Kündigung auch während der Freistellung und vor dem eigentlich vereinbarten Ende des Arbeitsverhältnisses möglich ist (Urteil vom 29. August 2011, Az. 7 Sa 248/11). Vorausgesetzt, es wurde eine schwerwiegende Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten begangen.

Das war bei einem 36-Jährigen der Fall, der bei einer Bank in Düsseldorf als Firmenkundenbetreuer tätig war und auch Prokura hatte. Am 16. Juni 2010 vereinbarten Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2010. Der Mann sollte ab 1. Juli 2010 freigestellt werden und noch bis 31. Dezember 2010 bezahlt werden. Trotzdem schien er ziemlich sauer auf seinen bisherigen Arbeitgeber zu sein. Denn kurz bevor er sein Büro räumen musste, schickte er von seinem Arbeitsplatz insgesamt 94 E-Mails mit 1.660 Dateianhängen an sein privates E-Mail Postfach. Die Nachrichten beinhalteten vor allem vertrauliche Kundendaten, die dem Bankgeheimnis unterliegen. Darunter waren Informationen über Kreditlinien, die diversen Unternehmenskunden eingeräumt wurden, Kreditverträge und Risikoanalysen. Der Arbeitgeber wurde über die Vorkommnisse ein paar Tage später durch die hausinterne Datenschutzkommission informiert. Er verlangte nicht nur die sofortige Herausgabe der Daten, sondern kündigte dem Mitarbeiter fristlos.

Seine Kündigungsschutzklage hatte vor dem zuständigen Arbeitsgericht zunächst Erfolg. Doch bei der Revision vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht stellten sich die Richter auf die Seite des Arbeitgebers, änderten das Urteil ab und wiesen die Klage des Mitarbeiters ab.

Der Mann habe eine schwerwiegende Vertragsverletzung begangen, die die fristlose Kündigung gerechtfertigt habe – auch wenn das Arbeitsverhältnis in der Praxis nicht mehr vollzogen werde. Wie das Gericht weiter ausführte, komme es bei einer fristlosen Kündigung üblicherweise auch auf eine Prognose über das zukünftige Verhalten des Mitarbeiters an. Diese Frage spiele hier zugegebenermaßen keine Rolle mehr. Dennoch stehe die fehlende Wiederholungsgefahr der fristlosen Kündigung nicht entgegen, da der Mann das in ihn gesetzte Vertrauen durch die Mitnahme der Bankdaten so schwer erschüttert habe, dass auch die theoretische Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses und die Fortzahlung der Bezüge für den Arbeitgeber nicht mehr zumutbar seien. Das Fehlverhalten sei zu werten, wie eine strafbare Handlung zulasten des Arbeitgebers.

Die Erklärung des Mitarbeiters, er habe die Daten ja nicht an Dritte weitergeben wollen, sondern sie während der Freistellung nur zu "Trainingszwecken" nutzen wollen, wollten die Richter nicht glauben und bewerteten die Aussage als reine Schutzbehauptung. (Marzena Sicking) / (map)
(masi)