Kundenkontakt: Jedes Gespräch zählt!

Die sachliche Ebene kann noch so gut vorbereitet sein, die gegenseitige Sympathie spielt beim erfolgreichen Kundengespräch eine mindestens genauso große Rolle.

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Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Der Weg zum Erfolg beim Kunden führt nicht nur über sachliche Kompetenz und ein interessantes Angebot. Mindestens genauso wichtig ist die emotionale Ebene: Gerade erfolgreiche Verkäufer verfügen fast immer auch über eine besonders gute Menschenkenntnis, ein hervorragendes Einfühlungsvermögen und arbeiten mit ganz bewusst damit. Warum unsere Gefühle so wichtig sind und wie sie sich sogar "steuern" lassen, erklärt Managementtrainer Karl Heinz Lorenz.

Wenn ein Verkäufer sich hervorragend vorbereitet hat und dennoch mit leeren Händen aus den Verhandlungen kommt, heißt es oft: Die Chemie hat halt einfach nicht gestimmt. Ist das nur eine Ausrede?

Lorenz: Nein, natürlich nicht. Es kommt nicht nur darauf an, die sachlichen Kundenwünsche zu kennen und ein inhaltlich korrektes Angebot zu machen. Eine praxisnahe Menschenkenntnis und ein gut geschultes Einfühlungsvermögen sind beim Bau der Brücke zum Kunden mindestens genauso wichtige Pfeiler. Fehlt auf emotionaler Ebene die Stabilität, wird das ganze Konstrukt nicht halten. In der Fachsprache heißt das im Klartext: Die Beziehungsebene dominiert die Sachebene.

Also reicht es nicht aus, auf der sachlichen Ebene zu punkten?

Lorenz: Die ersten Erfahrungen, die wir als Mensch erleben, sind von Gefühlen und Beziehungen geprägt und wenn wir Glück haben, dann auf positive Weise. Dann erleben wir Liebe, Geborgenheit, Pflege – einfach alles, was unser Dasein sichert. Diese Erfahrungen prägen unser gesamtes, auch späteres Kommunikationsverhalten, also ein Leben lang.“ Erst nach und nach kommen dann sachorientierte Aspekte hinzu. Ob und wie eine Übereinstimmung auf der Sachebene (Anm.: Zum Beispiel ein Kaufvertrag) erfolgt oder eben auch nicht, dafür setzt die Beziehungsebene die Rahmenbedingungen. Stimmt diese, dann ist die quasi die Tür geöffnet für Lösungsmöglichkeiten und im gegenteiligen Fall, bei geschlossener Tür, geht so gut wie nichts.

Karl Heinz Lorenz (50), Diplom Betriebswirt (DH), Berater, Managementtrainer und Hochschuldozent, ist Inhaber von Lorenz-Seminare Personality- & Competence-Training, Weidenthal und Autor von "Typisch Kunde!", erschienen im Lorenz Verlag Elmstein.

Ok, eine Schwierigkeit bei vielen Emotionen ist doch, dass sie oft unbewusst ablaufen, wir sie also nicht direkt steuern können. Ist ein Kundengespräch für den Verkäufer also eher ein Glücksspiel?

Lorenz: Keinesfalls, denn Sympathie ist auch machbar oder sagen wir besser, stark beeinflussbar. Dafür muss man sich allerdings frei machen von der Idee, es reiche aus, sich modellhafte Verhaltensmethoden anzutrainieren. Es ist sicher gut, entsprechend vorbereitet zu sein. Genauso wichtig ist aber die Fähigkeit, sich immer wieder schnell und flexibel auf sich verändernde Situationen einzustellen. Wer dauerhaft erfolgreich mit anderen Menschen umgehen möchte, sollte außerdem bereit sein, die eigenen, ganz persönlichen Wesenseigenschaften, Stärken und auch Schwächen gut zu kennen, um sie einsetzen zu können. Je besser wir uns selbst kennen, desto bewusster können wir unsere Wirkung auf andere nutzen. Einfühlungsvermögen, Anpassungsfähigkeit, Offenheit und vor allem Echtheit sind für den Erfolg unerlässlich. Sich in der Kommunikation an unterschiedliche Kommunikationspartner anzupassen und gleichzeitig authentisch zu bleiben ist sehr gut möglich.

Wie kann mir das konkret im Kundengespräch helfen?

Lorenz: Wer einfühlsam ist und sich nicht einfach nur an starre Gesprächsleitfaden hält, wird schneller erkennen, welchen Kundentyp er vor sich hat und kann sich entsprechend darauf einstellen. Je schneller er sich darauf einstellt, desto besser gelingt es ihm, die richtige Wellenlänge zwischen sich und seinem Kunden herzustellen und sein Verkaufs- oder Beratungsgespräch voranzubringen.

Sie unterscheiden grundsätzlich vier Kundentypen. Welche sind das?

Lorenz: Kunden mit Nähebedarf: Für diesen Typ sind Dinge wie menschliche Nähe, Vertrauen, Sympathie und Harmonie entscheidend. Sich besonders freundlich und herzlich zu verhalten, Interesse an persönlichen Dingen zu zeigen und auch Nähe und Körperkontakt in angemessenem Rahmen zuzulassen, kann helfen.

Ganz anderes der Kunde mit Distanzbedarf, hier bleibt man besser etwas auf Abstand. Sein Schwerpunkt liegt auf Freiheit, Unverwechselbarkeit, rationellem Denken und Handeln. Diesem Kundentyp sollte man auf keinen Fall direkte oder „gut gemeinten“ Ratschläge erteilen, sondern ihm eine freie Auswahl, zum Beispiel an Produkten, anbieten. Er mag auch zu jeder Option klare Zahlen, Daten und Fakten.

Dann gibt es noch den Kunden mit Dauerbedarf: Ihm sind Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, Sparsamkeit, Verantwortung, Kontrolle und klare Regeln sehr wichtig. Bei seinen Kaufentscheidungen steht vor allem die Sicherheit im Mittelpunkt. Ein Käufer wird hier mit Bewährtem und nachvollziehbaren Referenzen punkten. Dieser Kunde braucht aber auch Zeit zum Prüfen und Entscheiden. Ein Sonderangebot, bei dem er sofort zuschlagen muss, wird ihn nicht wirklich begeistern.

Außerdem sind da noch die Kunden mit Wechselbedarf: Für sie rangieren alles Neue und schlicht auch die Abwechslung ganz weit oben. Sie sind auch nicht von sich aus oder gar aus Prinzip markentreu. Hier ist man mit möglichst neuen Produkten und Lösungen als einfühlsamer Verkäufer gut beraten. Zu grundsätzlichen, verpflichtenden Rahmenverträgen sollte man diesen Kundentyp ebenfalls nicht drängen – da steigt er oft schnell aus Verhandlungen aus.

Kann ich mir die nötige Menschenkenntnis in Seminaren aneignen?

Lorenz: Es hilft selbstverständlich sehr, die Verhaltensweisen der Gesprächspartner sowie auch die eigenen besser verstehen zu lernen. Mit einem ausgebildeten, trainierten Wissen um diese Zusammenhänge besitzen Sie mit sicher ein ganz hervorragendes, praxistaugliches Set an Werkzeugen, um Ihre Menschenkenntnis in die Tat umzusetzen und gewinnbringende Vorteile für Ihre Kommunikation. Im professionellen Bereich mit Kunden darf dies heutzutage sogar erwartet werden.

Doch alle Theorie ist grau: Ohne eine lebendige Praxis geht nichts. Wer als Verkäufer erfolgreich sein will, muss auch seinen praktischen Erfahrungsschatz und seine Perspektiven beständig erweitern. Persönlichkeit braucht Erfahrung und Lernen, und diese gewinnt man vor allem im Umgang mit anderen. (gs)
(masi)