Mitarbeiter in der ITK-Branche glauben nicht an die Werte ihrer Firma

Die ITK-Branche ist kein schöner Arbeitsplatz: Der Chef lobt kaum, die Kollegen helfen nicht, der Stress ist riesig. Kein Wunder, dass die Mitarbeiter mit den offiziellen Werten ihrer Firma kaum etwas anfangen können.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Der Trend kam wie so viele andere aus den USA: Die meisten Firmen haben heute nicht nur wirtschaftliche Ziele, sondern auch eine Firmenphilosophie und bestimmte Werte, nach denen ihr Handeln ausgerichtet ist. Damit der Mitarbeiter diese nicht vergisst, wird ihm zur Einstellung gern ein Mitarbeiterhandbuch überreicht. Hier kann er alles nachlesen. Muss er aber nicht: denn die Firmenphilosophie wird gerne und möglichst oft verkündet, eignet sie sich meist doch hervorragend zur Imagepflege.

Leider haben die propagierten Werte und Leitbilder in der Praxis aber wenig Bestand, wie eine aktuelle Umfrage von ServiceValue unter 2000 Mitarbeitern in 12 Wirtschaftszweigen zeigt. Demnach können sich jede dritte Führungskraft und fast jeder zweite Mitarbeiter mit den Wertvorstellungen ihres Arbeitgebers überhaupt nicht identifizieren. Die geringste Zustimmung findet sich in der Finanzwirtschaft, dicht gefolgt von der ITK-Branche und dem Mediensektor.

Interessant auch der enorme Unterschied, der sich hier zwischen Mitarbeitern und Führungskräften auftut: Bis zu 80 Prozent der Leitenden stimmen den jeweiligen Werten zu, bei den anderen Angestellten sind es dann weniger als 50 Prozent. Besonders groß ist diese Differenz im Einzelhandel. In der ITK-Branche liegt der Anteil der Mitarbeiter, die sich mit den Werten ihrer Arbeitgeber identifizieren bei 58,6 Prozent – auch nicht gerade berauschend.

Einen Grund für die schlechten Ergebnisse nennen die Befragten auch: So handle es sich bei den angeblichen Leitlinien oftmals nur um Lippenbekenntnisse des Top-Managements, die auch selten im Einklang mit den persönlichen Zielvorstellungen der Führungskräfte stünden.

Wie Sie mit Leitbildern die Identifikation der Mitarbeiter mit der Firma stärken

Werte und Leitbilder sind durchaus dafür geeignet, die Identifikation der Mitarbeiter mit der Firma zu stärken. Manch hoffnungsvolles Talent, dass sich seinen Arbeitgeber aussuchen kann, achtet dann auch nicht nur auf den Gehaltsscheck, sondern will wissen, wofür die Firma steht. Und wenn Sie die guten Leute halten wollen, dann sollten Ihre Leitsätze nicht nur das Mitarbeiterhandbuch und öffentliche Reden verschönern, sondern im Firmenalltag tatsächlich gelebt werden.

Doch die Wertvorstellungen des Unternehmens müssen nicht nur glaubwürdig von den Führungskräften vorgelebt werden. Sie sollten auch gemeinsam mit den Angestellten und Arbeitnehmern erstellt werden.

Das gemeinsam entwickelte Leitbild sollte den Mitarbeitern – und auch Externen – eine Antwort auf die Frage geben können, welche Ziele Ihre Firma verfolgt, mit welchen Werten man sich identifiziert, mit wem man zusammenarbeiten und was man erreichen möchte, und auch Regeln für den Umgang mit Kollegen und Kunden aufstellen.

Orientieren Sie sich bei der Erstellung dieses Leitbildes an der vorhandenen Unternehmenskultur. Es bringt Ihnen nichts, wenn Sie Dinge festschreiben, die dieser komplett entgegenstehen. Besser ist es, eine Bestandsaufnahme zu machen und die vorhandene Situation zu verbessern. Zwar raten viele Experten dazu, bei der Erstellung von Werten und Leitbildern auf eine Vision zu setzen, wie die Firma idealerweise aussehen sollte. Das kann hilfreich sein, um den Findungsprozess etwas anzukurbeln, aber die Firmenphilosophie sollte schon zu Ihrem Unternehmen passen und nicht klingen, als sei sie für eine andere Firma geschrieben worden. Wenn Sie alles umwerfen wollen, werden Sie sowieso auf halbem Wege scheitern. Und die Kunden, die sie schon länger kennen und wirklich wissen, wie die Firma "tickt“, werden Ihnen die neuen Ziele dann auch nicht abnehmen – und die Mitarbeiter übrigens auch nicht. Also bleiben Sie bitte realistisch. (Marzena Sicking) / (map)
(masi)