Nicht jede Kritik ist Mobbing

Vor dem Landesgericht Düsseldorf musste sich eine frühere Stadtangestellte belehren lassen, dass nicht jede Kritik des Vorgesetzen eine Persönlichkeitsverletzung ist.

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Von
  • Marzena Sicking

893.000 Euro Schmerzensgeld verlangte die Diplom-Ökonomin vor Gericht. Sie sei seit 2008 Schikanen ausgesetzt gewesen, vor allem die Vorgesetzen hätten sie gemobbt. Den Höhepunkt des Mobbings habe ihre Kündigung wegen angeblichen Arbeitszeitbetrugs dargestellt.

Doch die Richter des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf sahen die Sache anders und wiesen die Klage ab. Nicht jede berechtigte oder auch überzogene Kritik durch den Arbeitgeber stelle eine Persönlichkeitsverletzung dar. Dies gelte insbesondere in Fällen wie diesem, wo die Klägerin selbst ebenfalls Kritik in heftiger Form an Kollegen und Vorgesetzen übte. Daher könnten diverse Verhaltensweisen der Vorgesetzen auch nur Reaktionen auf Provokationen des angeblichen Opfers gewesen sein. Auch im Arbeitsleben könne es durchaus zu länger anhaltenden Konfliktsituationen kommen. Doch das sei nicht zwingend ein Fall von Mobbing.

Mobbing liege vor, wenn der Mitarbeiter systematisch durch Kollegen oder Vorgesetzte angefeindet, schikaniert oder diskriminiert werde. Das Besondere bei Mobbing sei, dass nicht einzelne, sondern mehrere Vorfälle zu der Verletzung des Persönlichkeitsrechts oder der Gesundheit des Arbeitnehmers führen. Das dies passiert ist, muss der Arbeitnehmer beweisen. Diesen Beweis blieb die Klägerin allerdings schuldig.

Die Richter wollten dann auch in der Kündigung wegen angeblichen Arbeitszeitbetrugs kein Mosaiksteinchen eines Mobbingverhaltens erkennen. Anlass der Kündigung seien Differenzen zwischen den Arbeitszeitaufzeichnungen der Mitarbeiterin und den beobachteten Anwesenheitszeiten gewesen. Wie die Richter erklärten, sei es nachvollziehbar, dass der Arbeitgeber sie nach erfolgreicher Kündigungsschutzklage vorübergehend für einen Prüfauftrag an anderer Stelle einsetze. Auch sei es kein Mobbing, wenn der Arbeitgeber Schulungswünsche der Klägerin ablehne, die das vorhandene Fortbildungsbudget erheblich überschreiten. Gleiches gelte für die Verpflichtung, ein Abwesenheitsbuch zu führen: dazu wären alle Mitarbeiter verpflichtet worden und zwar nach Zustimmung des Personalrats.

Auch dürfen Vorgesetze angesichts einer verschärften Konfliktsituation ein Vier-Augen-Gespräch ablehnen und auf die Teilnahme einer dritten Personen bestehen. Insbesondere, da die Klägerin eine angebotene Mediation von dem Eingeständnis des angeblichen Mobbings durch die Vorgesetzten abhängig gemacht hatte. Ein Verhalten der Vorgesetzen, das als Mobbing zu werten wäre, wollte das Gericht deshalb nicht erkennen. Die Klage auf Schmerzensgeld wurde abgewiesen, eine Revision nicht zugelassen (Urteil vom 26.3.2013, Az.: 17 Sa 602/12). (gs)
(masi)