Praktikum: Was Arbeitgeber beachten müssen

Ein Praktikum darf zur Sichtung von neuen Talenten genutzt werden. Als Pool für billige Arbeitskräfte ist das System hingegen nicht gedacht.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Sie werden voll eingesetzt und gar nicht oder nur mager bezahlt: Die "Generation Praktikum" hat kaum Aussichten auf einen echten Job. Den Eindruck könnte man jedenfalls gewinnen, wenn man sich diverse Berichte zu diesem Thema anschaut. Tatsächlich mag es solche Fälle vereinzelt geben, doch sicher nicht in den Bereichen, in denen die Nachwuchskräfte hart umkämpft sind.

Abgesehen davon, ist ein Praktikum auch aus Sicht des Gesetzgebers nicht dazu da, dem Unternehmer billige Arbeitskräfte zu verschaffen. Im Gegenteil: Wer voll arbeitet, darf auch entsprechenden Lohn dafür verlangen. So manches Arbeitsgericht hat sich in dieser Sache inzwischen voll auf die Seite der Praktikanten geschlagen und spricht ihnen im Falle einer Klage immer öfter den vollen Lohnausgleich zu (z.B. Bundesarbeitsgericht, Az. 6 AZR564/ 01).

Unternehmen, die Praktikumsplätze anbieten wollen, müssen also eine Gratwanderung hinlegen: der Praktikant sollte nicht einfach nur für niedrigste Tätigkeiten verheizt werden. Zugleich darf er aber auch nicht als vollwertiger Arbeitnehmer eingesetzt werden, denn dann kann er auch ein vollwertiges Gehalt verlangen. Worauf sollte man als Arbeitgeber also achten, um die Zufriedenheit auf beiden Seiten sicherzustellen und das Risiko einer dicken Nachzahlung zu minimieren?

1. Im Vordergrund des Praktikums muss die Ausbildung stehen

Ein Praktikum ist dazu da, dem Praktikanten ein paar praktische Erfahrungen und Kenntnisse zu vermitteln. Je breiter die Basis, desto besser. Also lassen Sie den Praktikanten ruhig mal den Kaffee kochen oder den Kopierer bedienen. Er sollte aber auch mal mit einem Kunden telefonieren, einen Brief verfassen, den Außendienstler begleiten oder in der Poststelle schuften. Das sind natürlich nur Beispiele. Sie müssen die Aufgaben auf Ihr Unternehmen abstimmen. Grundsätzlich haben Sie vor einem Arbeitsgericht aber kaum Probleme zu erwarten, wenn Sie den Praktikanten an verschiedenen Stellen einsetzen.

2. Die Relationen müssen stimmen

Natürlich können Sie einen Praktikanten nicht innerhalb von 2 Wochen durch 10 Abteilungen jagen. Dauert das Praktikum mehrere Monate sieht die Sache schon anders aus. Hier gucken Arbeitsrichter genau hin: musste das Praktikum wirklich ein halbes Jahr dauern, weil die Materie so komplex ist? Oder hat der Unternehmer sich nur eine billige Arbeitskraft geholt. Bei einem längeren Praktikum sollten die Aufgaben also möglichst vielfältig gewesen sein.

3. Ein Praktikant darf keine Verantwortung übernehmen

Natürlich können Sie einem Praktikanten kleine Aufgaben zuteilen, bei denen er auch mal eine Entscheidung selbstständig treffen kann. Aber bitte nur solche, bei denen ein Fehler auch keine größeren Folgen hätte, der junge Mensch sich also wirklich nur ausprobieren darf. Wird dem Praktikanten hingegen echte Verantwortung für Projekte übergeben, wird das Arbeitsgericht das sicher nicht mehr als Test und Ausbildung betrachten.

4. Ansprechpartner im Betrieb

Wer Praktikanten in sein Unternehmen holt, muss auch sicherstellen, dass diese einen Ansprechpartner für ihre Belange haben. Es sollte ein entsprechender Beauftragter benannt werden. Ob es sich um einen Betriebsrat, einen "normalen" Mitarbeiter oder den Chef persönlich handelt, können Sie selbst entscheiden.

5. Keine gleichwertige Arbeit

Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal zwischen einem festangestellten Arbeitnehmer und einem Praktikanten ist, dass beide keine gleichwertige Arbeit verrichten. Macht Ihr Praktikant nach 3 Monaten die gleiche Arbeit wie Ihr Service-Mitarbeiter müssen Sie entweder einen Riegel davor schieben oder die Vergütung des Praktikanten entsprechend anpassen. Besser ist es natürlich, erst gar keinen Verdacht auf Ausbeutung aufkommen zu lassen. Denn wenn das Gericht feststellt, dass der Praktikant eigentlich ein Arbeitnehmer war, dann müssen Sie nicht nur ein entsprechendes Gehalt, sondern auch alle Sozialabgaben nachzahlen. (Marzena Sicking) / (map)
(masi)