Was Arbeitnehmer wirklich wollen

Wirklich überraschend sind die Ergebnisse der aktuellen Umfragen unter Festangestellten nicht: Der Arbeitnehmer von heute will zwar mehr Lohn, aber keinesfalls mehr Arbeit. Interessanterweise sind es vor allem Fachkräfte, die mehr auf ihre Work-Life-Balance achten wollen.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Marzena Sicking

50 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland wünschen sich für 2011 vor allem eine Lohnerhöhung. Gleichzeitig hoffen 22 Prozent der Befragten auch auf weniger Stress bei der Arbeit, mehr Anerkennung durch den Chef und mehr Sicherheit in Bezug auf den Arbeitsplatz (jeweils 15 Prozent). Mehr Unterstützung bei der beruflichen Entwicklung in die Chance, mehr Verantwortung zu übernehmen, werden ebenfalls von den Arbeitnehmern gefordert. Wunschlos glücklich sind in ihrem Job nur sieben Prozent der Arbeitnehmer. Allerdings bedeutet das nicht, dass die Befragten ihren Arbeitgeber nicht zu schätzen wissen: Die Mehrheit hat zwar noch offene Wünsche, zugleich beurteilt sie den eigenen Arbeitgeber aber als "sehr gut" bzw. "hervorragend". Das sind die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage des "Great Place to Work Institut Deutschland" in Köln, das 1.000 Arbeitnehmer zu ihren Wünschen befragte.

Dass sich die Arbeitnehmer mehr Lohn wünschen, ist sicher keine Überraschung: wer hätte schon etwas dagegen, mehr Geld in der Tasche zu haben? Interessant ist allerdings, dass die Mehrheit der Arbeitnehmer ein Dasein als Workoholic keinesfalls als erstrebenswert empfindet. Mit Faulheit hat das aber nichts zu tun: Vielmehr setzt sich die Erkenntnis durch, dass nur gesunde und ausgeglichene Menschen auf Dauer leistungsfähig und letztlich auch gesund bleiben. Die Suche nach der richtigen Work-Life-Balance entspricht dem aktuellen Zeitgeist und rückt gerade bei gut ausgebildeten Kräften immer stärker in den Vordergrund.

Das bestätigt auch eine Umfrage des internationalen Unternehmens Universum unter 3.200 Ökonomen, Ingenieuren, IT-Spezialisten und Naturwissenschaftlern. Demnach sind es gerade die gut ausgebildeten Fachkräfte, die keinen Sinn mehr darin sehen, bis zum Burn-Out zu arbeiten. Wer die besten Mitarbeiter für sich gewinnen will, muss ihnen mehr bieten als einen dicken Gehaltsscheck. Flexible Arbeitszeiten und -modelle sind gefragt, die dem persönlichen Lebensrhythmus des Mitarbeiters entsprechen.

Allerdings ist der Wunsch nach einer gesunden Balance zwischen Job und Freizeit in der Praxis meist nicht so einfach durchzusetzen. Das scheitert schon daran, dass im Gegensatz zu früher die Grenze zwischen Beruf und Privatleben nicht mehr so klar gezogen wird. Das Diensthandy bleibt auch in der "Freizeit" an, Mails werden auch am Wochenende gecheckt, Die "Freunde" auf Facebook sind Arbeitskollegen und Kunden. Weil die klare Trennung fehlt, arbeiten die meisten Arbeitnehmer doch deutlich mehr, als sie eigentlich wollen. Eine der Folgen ist das “Leisure Sickness”-Phänomen, das seit einigen Jahren zunimmt: Immer mehr Menschen werden krank, wenn sie wirklich frei haben oder in Urlaub fahren. Forscher der niederländischen Universität Tilburg haben das Phänomen untersucht und festgestellt, dass die Krankheiten keinesfalls erst in der Ruhezeit ausbrechen. Die Arbeitnehmer haben die Symptome zuvor nur aus Pflichtbewusstsein oder Angst vor dem Arbeitgeber unterdrückt. (Marzena Sicking) / (map)
(masi)