Urteil: Stationärer und Online-Handel sind keine Wettbewerber

Ein klares Zeichen gegen den Abmahnmissbrauch, setzt ein aktuelles Urteil des OLG Celle. Darin haben die Richter ein automatisches Wettbewerbsverhältnis zwischen Online-Handel und Ladengeschäft verneint.

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Von
  • Marzena Sicking

Wenn der Händler einen Konkurrenten abmahnen will, der einen Wettbewerbsverstoß begangen hat, ist dies nur möglich, wenn die beiden Unternehmen tatsächlich in einem Wettbewerbsverhältnis stehen. Ob diese Voraussetzung, die im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) gefordert wird, auch erfüllt ist, entscheiden die Gerichte nach Einzelfallbetrachtung. Bei einem vor kurzem verhandelten Fall kamen sie zu dem – für manche Experten durchaus überraschenden – Ergebnis, dass stationärer Handel und Online-Handel nicht automatisch auch Konkurrenten sind, nur weil sie die gleiche Zielgruppe ansprechen (Urteil vom 08.03.2012, Az.: 13 U 174/11).

In dem Fall ging es um zwei Unternehmen, die jeweils im Goldankauf tätig sind. Einer der Händler wirbt für seinen Goldankauf im Internet, der andere betreibt ein stationäres Ladengeschäft. Der Online-Händler wollte den anderen Ladeninhaber verklagen, wurde vom 13. Zivilsenat des OLG Celle jedoch abgewiesen.

Die Richter entschieden, dass es dem Online-Händler an einer Klagebefugnis nach §§ 8 Abs. 3 Nr. 1, 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG fehlt, weil die erforderliche Stellung als Mitbewerber nicht gegeben sei. Diese würde voraussetzen, dass Produkte oder Dienstleistungen innerhalb derselben Zielgruppen abgesetzt werden und sich die Händler im räumlich, zeitlich und sachlich gleichen Raum betätigen. Nur dann könne das beanstandete Wettbewerbsverhalten den anderen Händler tatsächlich beeinträchtigen.

Der maßgeblich relevante räumliche Markt des stationären Händlers sei der Ort, in dem er sein Ladengeschäft betreibt, der Online-Shop sei nicht auf eine bestimmte Region beschränkt. Der Online-Konkurrent werbe im Internet zwar damit, dass er Gold auch auf dem Postweg ankauft und könne damit theoretisch auch in dem Ort, in dem sich das Ladengeschäft des anderen Händlers befindet, geschäftlich tätig sein. Allerdings habe der Online-Händler keine Beweise dafür vorlegen können, dass dies in der Praxis auch tatsächlich so sei. Wie der Senat erklärte, erscheine ihm diese Vorstellung im Übrigen "als lebensfremd". Das ist durchaus irritierend, denn das Online-Händler und stationärer Handel sehr wohl im Wettbewerb zueinander stehen, ist ein Problem, mit dem die Betroffenen täglich umgehen müssen.

Es sei nicht erkennbar, so die Richter weiter, dass potentielle Interessenten aus besagtem Ort oder der Umgebung überhaupt auf die Internetseite des Online-Händlers gelangen. Und dies erwies sich durchaus als eine realistische Einschätzung der Richter, denn tatsächlich wurde der Internetauftritt bei einer Google-Suche nach entsprechenden Anbietern in der Umgebung nicht auf den ersten drei Seiten gelistet. Und wie man ebenfalls aus der Praxis weiß, ist eine schlechte Listung in den Google-Ergebnissen auch schlecht für das Geschäft.

Auf jeden Fall macht es das Urteil des OLG Celle Abmahnern in Zukunft noch ein wenig schwerer: Es reicht eben nicht mehr aus, dass ein Online-Händler theoretisch auch Kunden in der Stadt haben kann, in dem der stationäre Wettbewerber tätig ist. Er muss nachweisen können, dass es diese auch in der Praxis gibt. (map)
(masi)