Wenn Pressemitteilungen gegen Wettbewerbsrecht verstoßen

Wenn zwei sich streiten, dann gibt das nicht nur Ärger vor Gericht, sondern manchmal auch böse Schlagzeilen. Allerdings können öffentliche Mitteilungen einen wettbewerbsrechtlichen Verstoß darstellen.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Die Veröffentlichung einer Pressemitteilung über ein laufendes gerichtliches Verfahren stellt im Regelfall zugleich eine geschäftliche Handlung und damit eine wettbewerbsrechtlich relevante Handlung dar. Sie ist schließlich nach dem Willen ihres Verfassers (zumindest auch) darauf gerichtet, den Absatz des eigenen Unternehmens zu fördern, und wenn dies nur dadurch geschieht, einen Konkurrenten und Mitbewerber gegenüber potentiellen Kunden, Lieferanten und Verbrauchern in ein schlechtes Licht zu rücken. Eine entsprechende Pressemitteilung kann deshalb auch mit den Mitteln des Wettbewerbsrechts angegriffen werden.

Sofern sie beispielsweise sachlich unzutreffende Darstellungen beinhaltet, den von dem fraglichen Verfahren betroffenen Gegner in unlauterer Weise herabsetzt, diesen seinerseits bei seiner wettbewerblichen Entfaltung auf dem Markt unlauter behindert oder bei den Verkehrskreisen sonstige Fehlvorstellungen hervorruft, kommt ein Unterlassungsanspruch in Betracht. Ein solches wettbewerbsrechtliches Vorgehen weist den Vorteil auf, dass die Verbreitung der fraglichen Pressemitteilung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes – und damit sehr zeitnah – unterbunden werden kann. Mit einem solchen Verbot kann die problematische Pressemitteilung zunächst als solche aus der Welt geschafft werden. Es erfolgt insofern zwar (zunächst) kein berichtigender Hinweis, wie er etwa mit einer Gegendarstellung oder einem Widerruf erreicht werden könnte, dafür wird die weitere/erneute Verbreitung der Pressemitteilung und damit zugleich die davon ausgehende stigmatisierende Wirkung umgehend gestoppt. Die Unrichtigkeit der Darstellung in der Pressemitteilung kann damit auch konkret belegt werden, wenn man beispielsweise von einem Kunden auf diese angesprochen wird.

Ein rechtlich erforderlicher – in der Praxis der Berichterstattung von Wettbewerbern über eine einstweilige Verfügung aber häufig (bewusst) unterschlagener – Zusatz besteht darin, dass das Verbot nur vorläufiger Natur ist. Eine einstweilige Verfügung basiert in aller Regel nur auf dem einseitigen Vorbringen des Angreifers. Sie kann vom Gegner angegriffen werden und unterliegt – auch im Eilverfahren – der Überprüfung durch die zweite Instanz. In einem etwaigen, sich anschließenden Klageverfahren ist eine weitere Überprüfung möglich – ggf. sogar über drei Instanzen.

Der Erlass einer einstweiligen Verfügung allein sagt daher nur bedingt etwas über die inhaltliche Richtigkeit dieser Entscheidung aus. Aus wettbewerbsrechtlichen Gründen ist es daher unerlässlich, diese Vorläufigkeit der erwirkten einstweiligen Verfügung in der Berichterstattung über diese (ausreichend deutlich) kenntlich zu machen (das Wort "einstweilige" allein genügt dafür nicht). Unterbleibt ein darauf bezogener Hinweis in einer Pressemitteilung – oder wird er beispielsweise so versteckt, dass die darauf basierenden Berichte ihn nicht übernehmen –, stellt schon allein dieser Umstand eine relevante Täuschung der Verkehrskreise und eine unlautere Behinderung des von der Pressemitteilung betroffenen Unternehmens dar. Ob die inhaltliche Berichterstattung selbst zutreffend ist, ist dabei nicht entscheidend.

Rechtsanwalt Nikolaus Konstantin Rehart ist zugleich Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz und Partner der Frankfurter Sozietät Danckelmann und Kerst. Er ist seit 1995 auf dem Gebiet des Gewerblichen Rechtsschutzes, insbesondere im Wettbewerbsrecht (u.a. Werberecht), ständig bundesweit tätig und vertritt die Unternehmensinteressen sowohl präventiv (z.B. durch Werbeberatung) als auch in der auf diesem Gebiet häufig vorkommenden gerichtlichen Auseinandersetzung.

Die Geltendmachung eines derartigen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruches hat eine sofortige Korrekturpflicht des Veranlassers der fraglichen Pressemitteilung zur Folge. Dies führt wiederum dazu, dass die Pressemitteilung aus Sicht der angesprochenen Leser "weniger wert" ist, weil jetzt ohne weiteres zu erkennen ist, dass das gerichtliche Verbot nur ein vorübergehendes ist und seine Beständigkeit keinesfalls gewährleistet ist. Hinzu kommt ein weiteres: Ein solchermaßen durchgesetzter Anspruch untersagt dem Veranlasser die künftige Wiederholung dieses Verstoßes.

Die Praxis zeigt, dass mit einem solchen Verbot belegte Wettbewerber künftig weitaus weniger Pressemitteilungen verbreiten, denn die Absicht, in einer solchen als der (vermeintlich) "dauerhafte Sieger" zu erscheinen, stellt nicht selten einen gewichtigen Beweggrund für die Verfassung einer solchen Pressemitteilung dar. Mit der Geltendmachung entsprechender Unterlassungsansprüche lässt sich mithin ggf. auch die Anzahl inhaltlich zutreffender Pressemitteilungen reduzieren. Eine negative Berichterstattung über das eigene Unternehmen wegen (vorläufig) ergangener Verbote kann auf diese Weise eingedämmt werden.

Hingenommen werden muss also weder eine sachlich unzutreffende Pressemitteilung, die eine nachteilige Berichterstattung über ein laufendes gerichtliches Verfahren zum Gegenstand hat, noch eine solche, die nicht klar erkennbar macht, dass eine erwirkte einstweilige Verfügung lediglich vorläufigen Charakter hat und vom Gegner angegriffen und rechtlich überprüft werden kann. Die Rechtsordnung sieht vielmehr effektive Verteidigungsmöglichkeiten vor, mit denen man sich schnell und wirksam gegen die Veröffentlichung unliebsamer Pressemitteilungen zur Wehr setzen kann. Diese Möglichkeiten sollten genutzt werden – nicht zuletzt deshalb, weil der psychologische Effekt, vom Angegriffenen zum Angreifer zu werden, auch im Hinblick auf etwaige Vergleichsgespräche zu einer gütlichen Beilegung der Auseinandersetzung eingesetzt werden kann und daher nicht zu unterschätzen ist. (Marzena Sicking) / (map)

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(masi)