Wenn juristische Auseinandersetzungen als PR-Instrument genutzt werden

Wer eine einstweilige Verfügung bekommt, muss sich oftmals nicht nur mit den juristischen Folgen auseinandersetzen. Auch gilt es, einen öffentlichen Imageschaden zu vermeiden.

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Von
  • Marzena Sicking

Wer eine einstweilige Verfügung bekommt, muss sich oftmals nicht nur mit den juristischen Folgen auseinandersetzen. Auch gilt es, einen öffentlichen Imageschaden zu vermeiden. Rechtsanwalt Nikolaus Konstantin Rehart über die Möglichkeit des betroffenen Unternehmers, sich gegen die Nutzung der einstweiligen Verfügung als "PR-Instrument" zu wehren.

Oftmals bleibt es leider nicht bei den unmittelbaren Konsequenzen einer einstweiligen Verfügung. Das ist etwa dann der Fall, wenn der Angreifer eine Pressemitteilung über das gerichtliche Verbot verfasst und dieses damit der Öffentlichkeit zur Kenntnis bringt – mit einem entsprechend verstärkten Wirkungsgrad und erheblichem Schaden für den Ruf des betroffenen Unternehmens. Dies kann zuweilen eine noch einschneidendere Wirkung haben als das fragliche Verbot selbst. Schließlich will derjenige, der eine einstweilige Verfügung gegen einen Konkurrenten erwirkt hat und dies in die Presse trägt, seine eigene Position im Markt fördern und die des Gegners schwächen.

Rechtsanwalt Nikolaus Konstantin Rehart ist zugleich Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz und Partner der Frankfurter Sozietät Danckelmann und Kerst. Er ist seit 1995 auf dem Gebiet des Gewerblichen Rechtsschutzes, insbesondere im Wettbewerbsrecht (u.a. Werberecht), ständig bundesweit tätig und vertritt die Unternehmensinteressen sowohl präventiv (z.B. durch Werbeberatung) als auch in der auf diesem Gebiet häufig vorkommenden gerichtlichen Auseinandersetzung.

Eine ausgeprägte Neigung, den Umfang des gerichtlichen Verbots sorgfältig zu beschreiben, besteht daher oftmals nicht. Die Praxis zeigt, dass in solchen Pressemitteilungen vielmehr häufig "unterschlagen" wird, dass das in einem Eilverfahren verhängte Verbot nur einen vorläufigen Charakter hat, also über Rechtsbehelfe oder Rechtsmittel des Antragsgegners jederzeit wieder aufgehoben werden kann, so dass die Position, wie sie mit der Pressemitteilung für sich in Anspruch genommen wird, keinesfalls beständig sein muss. Ungenau – meistens zu Lasten des Gegners – wird oftmals auch der Umfang des Verbots beschrieben. Das verhängte Verbot einer einstweiligen Verfügung erscheint dadurch oft weitergehend, als es tatsächlich ist. Gerne wird in Pressemitteilungen auch der gesetzliche Höchstrahmen eines Ordnungsmittels – bis zu 250.000 Euro Ordnungsgeld oder Ordnungshaft – betont, was bei einem juristisch nicht geschulten Leser den Eindruck einer schwerwiegenden Verfehlung oder gar Bestrafung hervorruft.

Wer durch solche Pressemitteilungen betroffen ist, ist aber keineswegs schutzlos gestellt; er kann sich vielmehr dagegen wehren und hat in der Regel auch allen Anlass, dies zu tun: Dabei stehen ihm verschiedene Mittel zur Verfügung.

So kann er etwa, wenn in der Pressemitteilung falsche Tatsachen behauptet worden sind, die Veröffentlichung einer entsprechenden Gegendarstellung gerichtlich durchsetzen. Dies hat das Hanseatische Oberlandesgericht Bremen erst jüngst wieder entschieden und dabei ausgeführt, dass ein derartiger Anspruch beispielsweise auch gegenüber einer Rechtsanwaltskanzlei durchgesetzt werden kann, die auf ihrer Internetpräsenz inhaltlich unzutreffend über ein laufendes gerichtliches Verfahren berichtet (OLG Bremen, Urt. v. 14.01.2011, Az.: 2 U 115/10). Ein derartiges Vorgehen hat den Vorteil, dass die Richtigstellung des Betroffenen dort erscheint, wo zuvor auch die unzutreffende Behauptung erschienen ist. Dabei wird allerdings nicht notwendigerweise der "Veranlasser" der fraglichen Pressemitteilung selbst in Anspruch genommen, denn entsprechende Pressemitteilungen werden natürlich auch an dritter Stelle veröffentlicht.

Angestrebt werden kann auch ein Widerrufsanspruch. Dadurch kann man erreichen, dass der Verfasser der Pressemitteilung die tatsächlichen Umstände klarzustellen hat, mithin seinerseits einräumen muss, sachlich falsche Aussagen über Inhalt, Reichweite und Wirkung eines gerichtlichen Verbotes verbreitet zu haben. Faktisch nachteilig ist dabei allerdings, dass der Anspruch auf Veröffentlichung eines Widerrufs nicht im Wege einer einstweiligen Verfügung, sondern nur in einem Klageverfahren durchgesetzt werden kann. Aufgrund der mit einer Klage verbundenen längeren Verfahrensdauer kann ein solcher Anspruch regelmäßig nur mit erheblicher zeitlicher Verzögerung erreicht werden. Den Grund dafür bildet der Umstand, dass ein Widerruf in der Sache eine endgültige Regelung beinhaltet, was dem vorläufigen Charakter des einstweiligen Verfügungsverfahrens zuwider läuft. Eine Reaktion über einen Widerruf kommt damit in der Praxis häufig zu spät, um die von der Pressemitteilung ausgehenden negativen Wirkungen noch wirksam eindämmen zu können. Schließlich wird derjenige, der mit einem Widerrufsanspruch konfrontiert wird, in der Regel auch mit allen juristischen Mittel darum kämpfen, diesen gar nicht oder zumindest so spät wie möglich erfüllen zu müssen. Streit über mehrere Instanzen ist daher vorprogrammiert. Dieser Weg ist damit sehr dornig und scheidet in der Praxis als taugliches Mittel daher weitgehend aus. (Marzena Sicking) / (map)

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(masi)