Wie leistungsfähig sind Tech Datas neue Manager?

Ein Drittel der deutschen Führungskräfte im mittleren und unteren Management sind frustriert oder desinteressiert, hat eine aktuelle Studie herausgefunden. Einerseits erschreckend und überraschend, andererseits auch nicht. Denn Manager sind auch nur Mitarbeiter.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Damian Sicking

Neuer Tech-Data.Manager Michael Döll

(Bild: Tech Data)

Lieber neuer Tech-Data-Manager Michael Döll,

in der vergangenen Woche drückte sich eine Meldung durch die DSL-Leitung auf meinen Bildschirm, die sofort meine volle Aufmerksamkeit hatte. Ja, auch die von Tech Data über Ihre Ernennung zum Director Operations und auch die andere Meldung von Tech Data über Tech Datas neue Deutschland- und Österreich-Chefin, Isabelle Roux-Buisson. Aber diese Meldungen meine ich nicht. Ich meine die Meldung mit der markanten Schlagzeile "Deutsche Manager zeigen hohe Leistungsbereitschaft". Sie fragen sich, was das Interessante an dieser Schlagzeile sein soll? Eben, genau das ist der Punkt.

An dieser Stelle sollten wir vielleicht ein paar Bemerkungen zur Schlagzeile an und für sich machen. Eine Schlagzeile, in der Fachsprache auch "Headline" genannt, soll die Aufmerksamkeit des flüchtigen Lesers einfangen und ihn zum Lesen des Artikels bewegen. Eine gute Schlagzeile hat immer ein Überraschungsmoment, etwas, mit dem der Leser nicht rechnet, was seinen Erfahrungen, vielleicht auch seinen Vorurteilen widerspricht. "Hund beißt Mann" ist bekanntlich eine schlechte Schlagzeile, "Mann beißt Hund" dagegen eine gute. Eine gute Schlagzeile steht in enger Verbindung zum sogenannten "Küchenruf". Damit ist Folgendes gemeint: Der Mann sitzt im Sessel und liest die Zeitung, seine Frau macht in der Küche den Abwasch. Plötzlich ruft der Mann seiner Frau in der Küche zu ("Küchenruf!"): "Du, wusstest du schon, dass in Hinterpfuiteifi ein Mann einen Mann gebissen hat?!" Typische Reaktion der Frau in der Küche ist dann etwa: "Nein, also wirklich, ist das denn zu glauben?!"

So, nach diesem kleinen Exkurs zum Wesen der Schlagzeile wieder zurück zu unserer Headline "Deutsche Manager zeigen hohe Leistungsbereitschaft". Merken Sie was? Glauben Sie, dass diese Schlagzeile einen Küchenruf auslöst? Ich wette, dass nicht. Und trotzdem war offensichtlich jemand der Auffassung, dass es sich hierbei um einen sehr überraschenden und also gar nicht selbstverständlichen Tatbestand handelt. Wir, die wir dachten, dass Manager quasi "von Amts wegen" eine hohe Leistungsbereitschaft zeigen würden, sonst wären sie doch gar nicht zum Manager befördert worden, sind jetzt in der Tat überrascht. Saßen wir etwa einem Vorurteil oder einem Irrtum auf? Sieht die Welt da draußen ganz anders aus? Und was heißt hier überhaupt LeistungsBEREITSCHAFT? Es ist ja schön, wenn die Manager bereit sind, Leistungen zu erbringen, aber wäre es nicht noch besser, nicht nur die Leistungsbereitschaft zu zeigen ("Hat sich bemüht, die Anforderungen zu erfüllen."), sondern wenn sie auch echt wirkliche Leistungen erbringen? Also Ergebnisse?

Aber gut, irgendwie hat die Schlagzeile bei mir ja dann doch funktioniert und ich habe den Text gelesen. Der war dann auch gar nicht mal so uninteressant. Denn dort erfahren wir, dass es in Sachen Leistungsbereitschaft der Manager bzw. Führungskräfte tatsächlich gar nicht so gut aussieht. Die internationale Unternehmensberatung Hay Group hat in einer Studie herausgefunden, dass ein Drittel des unteren und mittleren Managements in Deutschland "frustriert oder desinteressiert" ist. Ein Drittel! Mit anderen Worten: jeder Dritte! Wow! Hätten Sie das gedacht, lieber Herr Döll? Dass es so viele sind? Einer der wesentlichen Gründe für die Unzufriedenheit so vieler Mittelmanager übrigens: Der direkte Vorgesetzte, dessen Führungsqualitäten zu wünschen übrig lassen.

Bei genauerer Überlegung ist das Ergebnis der Hay-Studie nicht sooo überraschend. Denn zum einen sind auch Manager nur Menschen, ich meine Mitarbeiter, und wie es um die Motivation, das Engagement und die Zufriedenheit der Arbeitnehmer in Deutschland steht, das wissen wir ja aus verschiedenen Studien zur Genüge (Beispiel: Gallup): nicht gut. Zum anderen stehen die Mittelmanager natürlich aufgrund ihrer Sandwich-Position unter einer besonderen Belastung: Hohe Zielvorgaben und Druck von oben sowie starke Kümmer-Anforderungen von unten, also den eigenen Mitarbeitern. Das hat schon so manchen talentierten Manager ausbrennen lassen.

Lieber Herr Döll, ich kenne Sie zwar noch nicht persönlich (Sie sind neu in der IT-Branche), aber Ihr Foto lässt vermuten, dass Sie ein fröhlicher und dem Leben und seinen schönen Seiten zugewandter Mann mit einer positiven und optimistischen Grundhaltung sind. So jemanden kann natürlich jede Firma gebrauchen. Dass Sie – trotz Ihres Backgrounds in der Chemie-Branche – fachlich für die neuen Aufgaben qualifiziert sind, darf man getrost annehmen. Was mir sehr positiv aufgefallen ist, lieber Herr Döll, ist, dass Sie in Ihrem Statement zum neuen Job auf die Floskel von der "Herausforderung" verzichtet haben. Viele Manager sagen bei dieser Gelegenheit ja, dass sie sich auf die "neue Herausforderung freuen". Ich habe mich verschiedentlich schon zu diesem Unsinn geäußert, daher hier nur so viel: Manager, die ihren neuen Job als Herausforderung betrachten ("Vielleicht schaff ich´s, vielleicht auch nicht."), sind wohl doch eher Fehlbesetzungen.

Lieber Herr Döll, willkommen in der IT-Branche! Ich wünsche Ihnen, dass das Foto, welches in einem oder in zwei Jahren von Ihnen gemacht wird, noch denselben fröhlichen und sympathischen Menschen zeigt wie das aktuelle Bild von Ihnen.

Beste Grüße

Damian Sicking

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